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Sonnenwanderer

Titel: Sonnenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
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Gestalt und Größe aus allen Bezirken, allen eingetopften Städtchen von Plenty. Oib die Altairerin - die erste Brautjungfer von Mavis - nahm die jüngeren Brautjungfern huckepack, immer zwei auf einmal, und lief mit ihnen treppauf und treppab. Der Mann im Pelzmantel war Dagobert Moon und der Mann im langen hellbraunen Regenmantel sein ständiger Begleiter Gottfried Bills. Niemand war glücklicher als Mister Moon, das langweilige Interregnum von Capella auf dem Rücken zu haben. Er hatte alle bekannten pornografischen Druckerzeugnisse an Bord gehortet und organisierte den Vertrieb in einer Höhle oberhalb der Wohlstandsstraße. Der blasse, nachdenkliche Mister Bills hatte ein paar Magazine mitgebracht, er trug sie in Plastikhüllen unter dem Regenmantel; sie konnten in einer jungen Ehe durchaus hilfreich sein.

    Auch die Frauen aus Little Foxbourne, für gewöhnlich nicht anzutreffen in solchen Räumlichkeiten, waren hier und gaben unter ihren neuen Hüten Kommentare ab. »Wo hat sie dieses Kleid her?«, fragte Frau Overhead.
    »Holgersons Souterrain«, sagte Frau Goodself wie jemand, der sich auskennt.
    Natalie Shoe hielt ihren linken Ellbogen in der rechten Hand. »Das ganze Schiff ist ein Souterrain, wenn du mich fragst«, wandte sie sich an ihren bedrückt wirkenden Gatten.
    Unter dem Trivia-Fenster strömte ein endloses Weizenfeld vorbei, als würde man aus einem Pestizide versprühenden Helikopter blicken, der seine Spirale durch eine orbitale Getreidefarm zog. Mittlerweile greinte der Irrwisch den Hochzeitsmarsch so laut wie eine Riesenmücke. Oib trompetete, und der Göttergatte schlappte mit seinen Handschuhen nach dem Störenfried, doch der wich mühelos aus und furzte ihm ins Gesicht. Mavis krümmte sich vor Lachen und hatte Glück, dass keine Naht platzte. Sven bekam von allen Seiten einen Drink spendiert und ließ keinen aus.
    Rory stand hinter der Bar wie der Burgvogt hinter den Zinnen. »Es wird in Tränen enden«, prophezeite er. »Dieser Zirkus, das ganze Palaver.«
    Käpt’n Jute gab ihm einen Klaps auf die Schulter. »Sorg einfach dafür, dass der Laden brummt, Rory.« Der mürrische Wirt zeigte keine Reaktion. Er aß die nächste Hand voll Käse- und Zwiebelchips.
    Tabea Jute hatte noch nie ein Paar getraut, obwohl sie sicherlich dazu befugt war. Sie hatte vorher eine Prise Crystal geschnupft, damit sie auch ja ihre Freude an dem Procedere hatte. Sie trug ihren schwarzen Mantel offen, darunter eine Nadelstreifenhose und eine schwarz-goldene Weste mit nichts darunter. Und tief
auf dem buschigen Kopf eine Schirmmütze mit Goldtresse. Sie lehnte an der Bar und hörte jedem zu, der es schaffte, sich an Kenny vorbei zu ihr durchzuquetschen. Ein Arm lag um Sarah Zodiaks Schulter, die andere Hand hielt das obligatorische Bier. Sarah sagte nicht viel. Sie faltete aus Cocktailservietten winzige Vögel und andere Origamitiere und schenkte sie den Kindern. Gelegentlich warf sie einen flüchtigen Blick auf Mister Bills, diesen hochschultrigen und gedankenverlorenen Mann zwischen den Hochzeitsgästen und Zuschauern. Vielleicht erinnerte er sie an jemanden.
     
    Zoe Primrose hielt über ihr Headset Kontakt zur Brücke. Gleichzeitig hielt sie das Publikum im Auge, schätzte sein Temperament ab, so wie man die Geschwindigkeit eines Flusses abschätzt, bevor man hineinspringt. »Meinst du nicht, es wär an der Zeit, Käpt’n?«, sagte sie schließlich.
    Käpt’n Jute musste die Hand ans Ohr nehmen, um sie bei dem Lärm zu verstehen. Jemand ließ auf einem Keyboard Kirchenglocken läuten, und Fetzen eines zotigen Lieds kamen auf.
    »Mach einfach«, sagte Sarah, »bevor sie alle zu betrunken sind.« Sie selbst futterte jede Menge Pekannüsse, trank aber nichts; seit sie hier waren, spielte sie mit ein und demselben schwarzen Johannisbeersaft. Ihr Vorrat an Servietten war aufgebraucht, und die Kinder wurden zänkisch. Morgan, das Töchterchen von Herrn und Frau Shoe, hatte am Sherry probiert; sie glühte und torkelte im Kreis herum.
    Käpt’n Jute beobachtete die beiden Hauptpersonen. Mavis redete laut, hielt eine neue Zigarette so an die Lippen, dass der Irrwisch sie anzünden konnte. Die Menge trennte sie von Sven. Der stand da, Kragen hoch, Hände in den Taschen, und unterhielt ein Grüppchen kichernder Brautjungfern.

    Tabea ließ Sarah Zodiak los und gab Zoe zu verstehen, Svens Aufmerksamkeit auf sie zu lenken, obwohl er nur ein paar Meter entfernt war. »Hierher«, sagte sie, als er sich nach ihr umdrehte.

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