Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sonnenwanderer

Titel: Sonnenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
Vom Netzwerk:
dass er nach Heiliger Cola verlangte.
     
    Und so verlief sich das Publikum, wandte sich anderen Zerstreuungen zu, ging zu Bett oder kombinierte beides. Die Philosophen traten den geordneten Rückzug an, Poet und Doktor stützten den besinnungslosen Richter. Rory hielt ihnen grimmig die Tür auf und hatte sie kaum verabschiedet, als sie ihren Mageninhalt in die Straße dekantierten. Der Letzte Poet wollte ihn küssen und hätte sich beinahe einen Tritt in den Hintern eingehandelt. Jedes Mal musste Rory die drei vor die Tür setzen, und jedes Mal wollten sie wieder ins Lokal.
    Der korpulente Wirt stand mit verschränkten Armen da und betrachtete die lukrative Verwüstung seines Wirkungsbereichs. Er sah Käpt’n Jute und Sven zusammenhocken, ihr Gesicht nahe dem seinen. Er sah ihre magere Freundin vorbeistreichen. »Was für ein Frohsinn«, sagte sie. Rory blickte sie unsicher an, die bleiche Stirn, die kühlen Augen. Sie sprach leise mit der persönlichen Assistentin von Käpt’n Jute; wenn ihn nicht alles täuschte, bat sie Zoe, den Wagen zu rufen.

    Tabea Jute hatte das gigantische Sternenschiff vergessen, die heroische Reise nach Proxima, die Politik, das Friedenstiften. Im Geiste weilte sie in der Vergangenheit und bugsierte einen überalterten Frachter von Dock zu Dock. »Ich wette, du könntest’nem Mädchen das Triebwerk tunen«, sagte sie zu dem muskulösen Mechaniker.
    Sven saß da, zurückgelehnt, Daumen in den Gürtelschlaufen, die Hände unterfingen wie zwei Klammern die Nutzlast im Schritt. »Ich habe mein Werkzeug immer zur Hand«, säuselte er. Sven hatte wohl auch etwas vergessen.
    Die restlichen Gäste jauchzten und jubelten, als Käpt’n Jute dem Bräutigam die Hand auf die Brust legte, sich vorlehnte und ihn auf den Mund küsste.
    »Ach du lieber Himmel«, sagte Rory.
    Tabeas Hände waren auf Berg-und-Tal-Fahrt. Sie hatte ihr Knie auf seinem Sitz, zwischen seinen Beinen. Sie legte sich in den Kuss hinein, als gelte es, einen Titel zu verteidigen.
    Svens Braut lachte hysterisch. Sie stand da, vorgebeugt, Knie zusammen und Füße so weit auseinander, wie das Zuckerstangenkleid es erlaubte. Sie hatte die Rechte steif über den Schoß gespreizt, während sie mit der Linken durch die Luft drosch und lachte und lachte, schrill und hilflos. Jemand gab ihr den Rest des Champagners, legte ihr den Arm um die Schultern und brachte sie behutsam fort. Der Irrwisch tanzte wie ein winziger, hässlicher Heliumballon hinterher.
    Käpt’n Jute hob das Gesicht aus der Schnäbelei mit Sven und entdeckte Sarah, die wie ein Portier an der Tür stand. »Brauchst du was?«, rief sie. »Nein? Dann sehen wir uns später. Ah!« Sie stieß einen spitzen Schrei aus, als Sven ihr die Hand unter die Weste stieß und unverhohlen und frech zupackte. Daraufhin begannen die beiden zu raufen. Schließlich wankten sie eng
umschlungen und von heiteren Mitstreitern gefolgt aus der Tür und zum wartenden Wagen hinaus.
    Sarah stellte ihre Fingerspitzen an die Lippen. Sie überlegte, ob sie wieder willkürliche Kombinationen aus Moguls Wortschatz zaubern sollte, jetzt, wo sie ihn über das sinnlich Wahrnehmbare hinaus zum vielleicht Vorhersehbaren verknüpft hatte.
    Die geistesabwesende Akrobatin verschwand so plötzlich wie immer. Niemand hatte sie gehen sehen.
     
    Der Tag blieb spannend. Vor Tabeas Apartment warteten Leute, Menschen und Menschinnen, ein paar mit Kindern. Sie trugen saubere pastellfarbene Freizeitanzüge, Sicherheitshelme sowie Ellbogen- und Knieschützer. Ein gutes Dutzend. Sie blockierten das Tor.
    Kenny tigerte hinüber, um die Situation zu klären. »Was sind das für Hirnis?«, sagte Sven und langte nach dem Türöffner.
    »Du wartest im Wagen«, sagte Käpt’n Jute und schlug ihm auf den Oberschenkel.
    Sie setzte die Schirmmütze auf, stieg aus und trat vor die Gruppe. »Ja?«.
    Sie waren verärgert, aufgebracht. »Ich weiß nicht, ob Sie das interessiert, Käpt’n«, sagte ein schwerer, weißhaariger Mann mit energischem Sarkasmus, »aber sie töten jetzt Kinder, unten in der Chaos-Kaverne.«
    Es ging um ein Kriegsspiel, bei dem mit richtigen Waffen gekämpft wurde. »Es soll uns egal sein, wenn sie sich gegenseitig töten«, sagte eine Frau. »Aber der Junge meiner Schwester ist tot.«
    Der Mann stand da mit geballten Fäusten, ein Bild selbstgerechter Hilflosigkeit. Plötzlich sah er wie ein Flusspferd aus. Sie sahen alle wie Flusspferde aus. Für Tabea begann alles zu flackern.
    »Wenn ihr nicht wollt,

Weitere Kostenlose Bücher