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Sonnenwanderer

Titel: Sonnenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
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rülpste, derweil sein ungewaschener Freund mit dem ausgestreckten Zeigefinger hinter Ratten herballerte.
    »Die Geheimnisvolle«, sagte Dog Schwartz grimmig. »Der würd ich eine verpassen.« Er schlug sich die geballte Faust in die Hand.
    Sie kamen an ein gut zehn Meter hohes Tor mit Rundbogen. Die riesigen, verfallenen Torflügel standen offen. Dahinter lag eine weitläufige Kaverne mit lauter verwaisten Gebäuden. Der Boden war dick mit Moos gepolstert. Dog führte sie auf einem kaum begangenen Pfad zu einer Tür, an der etliche Anschläge mit Vorsichtsmaßregeln und Vorschriften hingen, in denen immer wieder das Wort »Gesundheit« vorkam. Die Anschläge waren feucht und zeigten schwarze Schimmelflecken. Durch die Zähne pfeifend, tippte Dog auf einem Ziffernfeld neben der Tür eine Zahl ein. Im übernächsten Augenblick glitt die Tür beiseite.
    Drinnen herrschte strahlende Helligkeit. Alles war weiß und schlüsselblumengelb und roch nach Desinfektionsmittel.

    Leglois sah sich verdattert um. Aus einer Tür trat eine Schwester, eine Menschin, in weißer Uniform. Sie schien nicht besonders erfreut über den Besuch, obwohl Dog ihr im Vorbeigehen flüchtig zuwinkte.
    Leglois zupfte Dog am Ärmel. »Hat hier nicht dieser Sänger gelegen? Marco Soundso.«
    Vorneweg trudelte Gunky Monkey fröhlich singend durch den schlauchförmigen Flur und riss eine Tür nach der anderen auf.
     
    In Suite No. 1 saß eine alte Frau mit dem Gesicht eines Adlers aufrecht in einem Bett aus lauter pinkfarbenen Rüschen. Sie trug schwere Verbände um den Rumpf. »Frau Consuela Oriflamme«, sagte Dog Schwartz. »Niglon, Consuela; Consuela, Niglon.« Dog schüttelte mitfühlend den Kopf und unterstrich sein Mitgefühl noch mit kleinen Sauggeräuschen zwischen Zungenspitze und Gaumen. »Die Krankenhausrechnungen summieren sich allmählich, hab ich recht, Connie?«
    Sie starrte sie eindringlich an. Man hatte ihr beide Arme amputiert. »Frankie«, sagte sie.
    »O mein Gott«, murmelte Niglon Leglois.
    Gunky Monkey kicherte, ging weiter und platzte in Suite No. 2 hinein.
     
    In Suite No. 2 waren alle Kanten und vorstehenden Ecken gerundet. Der Raum war khakifarben gestrichen. Vor der Wand drüben rekelte sich ein, zwei Meter über dem Boden eine unglaublich fettleibige Frau im eigens auf sie zugeschnittenen Kraftfeld. Sie nagte energisch an einem ziemlich großen Stück Fleisch.
    Sie stierte ihren Besuch unsicher an. Wie eine Einjährige, kurz bevor sie in Tränen ausbricht.

    Gunky Monkey gackerte ermutigend. »Mm, so lecker, Glorilein, ja? Was meinst du, Dog«, sagte er und winkte mit dem Kinn über die Schulter, »ob das einer von ihren Armen ist?« Die Idee war lächerlich, denn das, was Gloria vertilgte, sah nicht im Entferntesten wie Menschenfleisch aus, eher wie Dinosaurierleber.
    Dog legte eine riesige Hand auf Leglois’ Schulter, als fürchte er, ihr furchtsamer Komplize könne jeden Moment Reißaus nehmen. »Gloria gehört zu den Pepsiphrax-Opfern. Schon mal von Pepsiphrax gehört, Leggi? Nein, natürlich nicht. Hat niemand. Weil, als man Gloria und Leute wie Gloria sah, nahm McIntyre Igelfisch es vom Markt und ließ es aus allen amtlichen Registern streichen sowie alle analogen und digitalen Aufzeichnungen unwiderruflich vernichten. Das hier war ein ziemlich gutes Plätzchen für Gloria und ihresgleichen. Hier waren sie gut aufgehoben, und niemand regte sich mehr auf.« Dann lauter, wie ein Bauer, der eine Sau begrüßt: »Hab ich nicht recht, Glorilein, was meinst du?«
    Gloria legte das Fleisch in ihren großen Schoß und betatschte die Innenseite des Kraftfeldes. Ihre Hände hinterließen mitten in der Luft Flecken von Blut oder Grillsoße. Sie kicherte und bekam allerliebste Grübchen.
     
    In Suite No. 3, wo Monsieur Gules die Lichtjahre verschlief, war Schwester Rix die Unruhe im Flur nicht entgangen. Sie ahnte, wer da kam. Er war praktisch der einzige Besucher zurzeit. Sie stand auf, als sich die Tür öffnete. Richtig. Es war der Mann, der Dog hieß. Bunt wie immer. Die Hose erinnerte eindeutig an ein Paar Vorhangschals. Vor sich hatte er den anderen Mann, den kleinen, der nach Öl, Gummi und Rost gestunken hatte. Ihre Hygienekreise kreischten schon allein bei seinem Anblick. Der
Heuchler lächelte und verbeugte sich. Und zusammen zerrten sie noch einen dritten Mann über die Türschwelle; und der sah aus wie jemand, der soeben einen Schock erlitten hatte.
    »Leggi, das ist Monsieur Gules, Leroi Gules«, sagte Dog und

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