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Sonnenwanderer

Titel: Sonnenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
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Schnauze.
    Sie gab einen kleinen Laut von sich, um seine Aufmerksamkeit zu erregen.
    »Das ist dein Arbeitgeber«, murmelte er in ihrer beider Sprache.
    »Er sorgt für mich«, sagte sie. Sie vermied es immer, Kyfyd gegenüber Grant Nichtsweiter zu erwähnen. Warum, wusste sie nicht. Ihr Herz raste.
    Kyfyd sagte nichts. Er war im Dienst.
    Jogo war plötzlich sehr traurig.
    Eben hatte Grant Nichtsweiter der Menschin erklärt, er mache sich nichts aus Partys. Er sei ein Einzelgänger.

    »Abgesehen von Jogo«, sagte Käpt’n Jute.
    »Richtig«, räumte er ein. »Ihr Glas ist leer.« Er schnippte nach einem vorbeikommenden Kellner und bat ihn nachzuschenken.
    Tabea setzte ihre Maske ab und nippte, dann warf sie einen Blick auf Jogo, auf Kyfyd, ging an beiden vorbei und reichte ihr Glas der Altairerin mit dem goldenen Rüsselschmuck. Die Frau griff mit beiden Pfoten zu. »Wein«, sagte Tabea voller Ekel und wehrte mit beiden Händen ab.
    »Wasser?«, schlug Grant Nichtsweiter vor.
    Käpt’n Jute lächelte geheimnisvoll und setzte die Maske wieder auf.
    »Was darf es sein?«, fragte er.
    »Was haben Sie im Angebot?«, fragte sie zurück.
    Grant Nichtsweiter legte einen Finger ans Kinn. »In der Tat, ich hätte da etwas für Sie.«
    Er knöpfte sein Jackett auf und langte hinein.
    Otis und Legg hatten bereits ihre Waffen gezogen und zielten auf ihn. Ein aufgeregtes Flattern und Gackern ringsherum, als man die Situation erkannte und zurückwich. Grant Nichtsweiter lächelte die Leibwächter beschwichtigend an, legte den Kopf schräg und zog langsam ein Päckchen aus der Innentasche. Etwas Flaches, das in farbenfrohes Papier geschlagen und mit einem glänzenden Band verschnürt war.
    »Um Sie an einen anderen Maskenball zu erinnern«, sagte er.
     
    Fans hatten ihr immer schon Geschenke gemacht, obwohl es eine Weile her war, dass es jemand so stilvoll getan hatte. Er war auch nicht unattraktiv, ein bisschen kühl vielleicht. Eigentlich gehörte er zu denen, die alles erst durchspielten, ehe sie es taten, am liebsten vor dem Spiegel. Tabea riss das Papier auf.
    Es war ein Buch, ein altes mit steifen Deckeln und ohne Titelbild.
Sie ließ die Seiten am Daumen vorbeirauschen: vergilbt, Maschinensatz, Großdruck. Sie schlug es vorne auf. PETER PAN, sagte der Titel.
    Sie erinnerte sich an den Namen. Peter Pan. Paps hatte ihnen die Geschichte von Peter Pan erzählt, ihr und Angie, als sie noch klein gewesen waren. Peter Pan war ein merkwürdiger, streitsüchtiger Junge, der fliegen konnte und auf einer magischen Insel mit Piraten und Nixen lebte.
    Sie schlug die Seite um. Da war ein Bild von ihm, Peter Pan, oben zwischen den Dächern einer alten Stadt zusammen mit vielen anderen fliegenden Kindern. Tabea erinnerte sich an den Saturn-Konvoi, an das Sprungfest, den Maskenball auf der Oktoberkrähe , zu dem sie als …
    »Peter Pan«, sagte sie. »Das gibt es nicht. Nein! Das war vor undenklichen Zeiten.«
    Auf diesem Ball hatte Balthasar Zwetsche sie zum ersten Mal gesehen. Sie war Peter Pan gewesen. Und als Peter Pan hatte er sie später wiedererkannt, als sie ihn aus dem Wrack seines Schiffes gezogen hatte. »Peter…«, hatte er geröchelt, als sie das blutige Visier geöffnet hatte. Und als er wieder auf den Beinen gewesen war, hatte er ihr zum Dank eine ramponierte alte Kobold namens Alice Liddell geschenkt. Ihr erstes eigenes Schiff. Futsch mit Haut und Haaren. Alles perdu.
    Sie hatte sich immer gefragt, ob der alte Zwetsche das Geheimnis des kleinen Frachters gekannt hatte. Er war längst tot, der lüsterne alte Tyrann, und hatte all seine Geheimnisse mit ins Grab genommen. Doch als sie den Mann mit der roten Krawatte ansah, der ihr das Buch geschenkt hatte, meinte sie Balthasar Zwetsche zu sehen, gestützt auf seinen Stock, das rote Gesicht aus dem Hals eines geschmacklosen Hawaiihemds lauernd. In seinem Blick lag diesmal Schlimmeres als senile Wollust. Er
besah sie mit Verachtung. »Was ist aus dem Geschenk geworden, das ich dir gemacht habe?«
    »Dodger wird sie finden.«
    Tabea merkte plötzlich, dass sie laut zu Balthasar Zwetsche gesprochen hatte. Hier gab es aber nur Kenny und Jogo und Grant Nichtsweiter. Die drei sahen sie an. Sie sah auf das Buch. Ein winziges, aber doch alarmierendes Angstgefühl überkam sie. Woher wusste dieser Mann namens Nichtsweiter von dem Maskenball auf der Oktoberkrähe ?
    »Waren Sie auch da?«, fragte sie.
    »Vielleicht«, sagte er.
    Der Mann war ein Hochstapler. Noch einer, der sie

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