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Sonntag bis Mittwoch

Sonntag bis Mittwoch

Titel: Sonntag bis Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Hayes
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hinter mir, wie sich die Menge murmelnd zerstreut und der andere Beamte auf Wilby einredet. »Schon gut, Junge, die Vorstellung ist für heute zu Ende. Scher dich heim.«
    »Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen … noch ist Zeit, bereit, wenn die Worte stimmen … hell –«
    »Scher dich fort, hab' ich gesagt!«
    Angesichts der Drohung in seinem Ton erkläre ich seinem Kollegen, der immer noch an mir vorbeisieht: »Er tut niemandem weh. Er tut nichts Ungesetzliches. Der Junge ist anscheinend geistesgestört. Was er braucht, ist –«
    Nun fixiert der Beamte mich – zynisch, mißtrauisch. »Ach wirklich? Was wissen Sie denn von dem Kerl?«
    Während sich der Polizist hinter mir erkundigt: »Wie heißt du denn, Junge?«
    »Ich weiß nichts, außer dem, was ich sehe und höre.« Ein Drängen in meiner Stimme. »Es ist doch offensichtlich, daß er krank ist, und es ist Ihre Pflicht –«
    »Erklären Sie mir nicht, was meine Pflicht ist. Überall, wo ich hinkomme, kriege ich zu hören, was meine Pflicht ist, wo sie jetzt diesen Überprüfungsausschuß eingerichtet haben.« Unter gerunzelter Stirn funkeln mich seine Augen an. »Kennen Sie etwa diesen Kerl?«
    »Nein.«
    Hinter mir: »Nur den Namen, Junge. Du weißt doch, wie du heißt, oder?«
    Und Wilbys Stimme, unbeeindruckt: »Ich bin die Auferstehung und die Finsternis. Ich habe gesprochen, gebrochen, genug.«
    Gekicher, offenes Gelächter.
    Der Beamte vor mir schüttelt den Kopf und fragt: »Haben Sie den Verrückten schon mal gesehen, Mister?«
    Tonlos. »Nein.« Hoffnungslos. »Ich kenne ihn nicht, aber was hat das damit zu tun?«
    »Sind Sie nicht vielleicht der Vater, oder so was?«
    »Nein.«
    Er schiebt sich an mir vorbei. »Warum mischen Sie sich dann ein, wenn es Sie nichts angeht?«
    »Er braucht einen Arzt, nicht ein Gefängnis!« Doch diese verzweifelte und sinnlose Bitte wird überhört und ignoriert.
    Ich drehe mich um und beobachte, wie sich die beiden Polizisten flüsternd und achselzuckend beraten, während Wilby mit erhobenem Kopf sanftmütig fragt: »Seid Ihr gekommen, mich zu fangen wie einen Dieb … Häscher … bringt mich von Gethsemane nach Golgatha?«
    Ein Mann ruft: »Golgatha in New Jersey, das kenn' ich gut!« Die junge Frau, eingehängt neben ihm, kichert und sagt dann: »Scht, hör zu!« Wilby nimmt nichts davon wahr. »Schädelstätte –«
    Der breitschultrige Polizist wischt sich über die Stirn. »Schon gut, schon gut, Junge, wir nehmen dich mit nach Golgatha!« Es klingt verbittert, unverhältnismäßig feindselig. Er packt Wilby ohne jede Behutsamkeit am Arm, dem rechten, und führt ihn, der stolz aber geduldig folgt, durch die schweigenden Neugierigen zum Wagen.
    Wilby wehrt sich nicht. Mit dem gleichen nachdenklichen und entrückt heiteren Ausdruck auf dem Gesicht und einer grotesken Würde läßt er sich auf den Rücksitz verfrachten, den Polizisten neben sich. Ich starre ihn durch das Seitenfenster an, während sich der Fahrer ans Steuer setzt und den Motor anläßt. Wilby blickt unverwandt geradeaus – auf welche Vision, oder Verheißung, oder finstere Macht? Die Sirene heult einmal auf.
    Da dachte Petrus an die Worte Jesu, da er zu ihm sagte: Ehe der Hahn krähen wird, wirst du mich dreimal verleugnen.
    Als der Wagen anrollt, wendet Wilby den Kopf. Unsere Blicke treffen sich. Sieht er mich überhaupt? In seinen Augen ist kein Zeichen des Erkennens zu spüren. Nur … Losgelöstheit. Und tiefer, erstaunlicher Friede. Manche tragen die Hölle in sich. Tag und Nacht. Andere allerdings … glücklichere … fanden eine Art Frieden … leuchtende Gesichter … als hätten sie das Nirwana erreicht … Erlösung.
    Ich wende mich ab und gehe zu meinem Haus zurück. Doch ich kann nicht weinen, Wilby. Du tust mir leid. Das ist die Wahrheit. Aber ich kann nicht weinen. Es war dein Wille, nicht meiner, von Anfang an. Und auf irgendeine schreckliche und geheimnisvolle Weise, die ich nicht zu ergründen vermag, ist auch dieses Ende dein Wille. Ich spüre kein Bedauern, Wilby, keine Reue, kein Schuldgefühl. Was sich heute nacht vollzog – ob Selbstmord oder Wahnsinn oder brutale Vernichtung anderer –, lag die ganze Zeit in dir. War deine Wahl. Ich weiß, ich habe es ausgenützt. Und würde es unter den gleichen Bedingungen wieder tun. Nach dieser Schreckensherrschaft kann ich nur Mitleid und Trauer empfinden. Nicht für meine Taten, sondern dafür, daß es so kommen mußte.
    An Geoffrey, der mich grußlos

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