Sonntag bis Mittwoch
stimmte, lag darin vielleicht die Erklärung für ihre Zusammenarbeit mit Wilby. Der Whisky schmeckte plötzlich bitter.
»Na«, fragte Henry, »was geht dir jetzt durch deinen Dickschädel?«
»Ich werde Phoebe heute nachmittag kündigen.«
»Warum?«
»Weil ich mich nicht mehr auf sie verlassen kann, deshalb!«
»Warum nur, Adam? Weil sie dich anbetet?«
Anbetet, Blödsinn! Ich wollte sie loswerden, noch heute hinauswerfen, weil ihr jedes Mittel recht war! Mittel wozu? Um meine Widerstandskraft zu unterminieren. Wenn möglich meine Ehe zu zerstören! Warum sonst würde sie mit Wilby und Jenny gemeinsame Sache machen'? Nicht wegen eines Anteils an der Beute – nein, Phoebe hatte ihre persönlichen, erotischen Motive. Noch mehr Korruption. Noch mehr verborgene Charakterschwächen! Wilby hatte doch recht. Wenn man darauf achtete, begegnete man dergleichen überall.
Mein Essen wurde serviert. Ich reichte dem Kellner mein Glas und starrte auf das Rührei.
Mein Magen revoltierte.
»Iß«, ermahnte mich Henry, als könne er Gedanken lesen. »Besonders, wenn du nicht gefrühstückt hast.«
Wo blieb nur der Whisky?
»Hör zu, mein Freund, wenn du dir nicht etwas übleres als ein Magengeschwür holen willst, dann mußt du zumindest –«
»Reichen die Erziehungsversuche nicht allmählich? Was habe ich denn noch falsch gemacht?«
Henry stockte, den Löffel am Mund. Dann ließ er ihn sinken, und seine Lippen wurden schmal. »Adam, nur eine Frage.«
»Schieß los.«
»Das würde ich allerdings am liebsten!«
»Schieß los mit der Frage!«
»Warum packst du nicht deine Sachen, läßt alles stehen und liegen, fliegst nach London und überraschst Lydia?«
Lydia. Nicht an Lydia denken.
Was machten sie mit meinem Whisky? Ließen sie ihn ablagern?
»Die Bedienung hier wird immer schlechter.«
»Im Büro decke ich dich schon, Lee kennt sich mit deinen Fällen aus –«
»Nein!«
»Na, ich dachte auch an Lydia«, sagte Henry.
»Ja.« Ja, das tat er sicher. Er dachte doch immer an Lydia – wenn ich es mir recht überlegte. »Daran zweifle ich nicht.«
Er warf mir einen seltsamen, durchbohrenden Blick zu. Vorsichtig – und sehr wachsam. Dann widmete er sich seinem Teller.
Der Highball kam. Ich nahm einen tiefen Schluck, der in meinem leeren Magen, in meinem ausgehöhlten Inneren, brannte.
Sechzehn Minuten nach eins. Lungerten sie noch immer in der Wohnung herum? Hatten sie überhaupt vor, wegzugehen?
»Wahrscheinlich beißt du mir den Kopf ab«, nahm Henry das Gespräch wieder auf, während er sich den Mund abwischte. »Aber ich hätte noch einen Vorschlag. Laß dir einen Termin bei Arnold geben. Nur … um mal mit ihm zu sprechen.«
Wieder wurde mir die ganze Ironie bewußt: der Arzt, der Lydia entbunden hatte, der ihr von Anfang an zugeneigt war . Junger Mann, Ihre Frau ist wirklich ein prächtiger Mensch. Sie wird keine Kinder mehr bekommen können, aber auch damit wird sie fertigwerden. Soll ich es ihr sagen, oder wollen Sie es tun?
Wie lange war das her? Fast wie in einem früheren Leben. Nun, Liebling, wenn das so ist, dann kann man es nicht ändern. Wir haben ja unsere süße Tochter, nicht wahr? Ja, Lydia hatte sich auch damit abgefunden, besser noch als ich, denn ich hatte nie aufgehört, mir noch einen Sohn zu wünschen.
»rufe für dich an und treffe eine Verabredung?«
Die instinktive Erkenntnis und Hinnahme aller menschlichen Schwächen lag bereits in Arnold Wilders Gesicht. Die Idee war verführerisch: sich auszusprechen, sich alles von der Seele zu reden.
»Na, Adam? Es ist doch eine Tatsache, ob wir Männer es zugeben oder nicht, daß auch wir eines Tages vor einer Art von Wechseljahren stehen –«
Da mußte ich lachen. Ich hörte mein Gelächter: leise und kehlig, aber jeden Moment konnte es …
»Verdammt, ich finde daran gar nichts komisch. So ist es nun mal im Leben.«
Mein Lachen wurde lauter. Ich konnte mich nicht beherrschen.
Ich hörte Henrys Vorwurf: »Mein Gott, Adam, die Leute sehen schon her. Reiß dich zusammen!«
Aber es nützte nichts. Sogar sein Ärger war zum Lachen. Ich konnte mich nicht bremsen.
»Na gut«, knurrte Henry, »wir suchen Arnold sofort auf!«
Das brach den Bann. Mein Gelächter verebbte in keuchenden Seufzen, erstarb.
»Ich denke nicht daran, mit dir irgendwohin zu gehen«, fauchte ich ihn schließlich an.
Henry schaute sich mit einem gequälten Lächeln in der Runde um, bedeutete dem Kellner, daß er die Rechnung abzeichnen wolle, und
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