Sonntags bei Tiffany
ohne aufzublicken.
»Und sind wir überrascht, dass du immer noch allein bist?«, fragte Patty, die wohlgeformte, sehr niedliche Bedienung mit langem, blondem Haar, nach der Michael schon lange verrückt war.
Owen, der sich alles andere als vor den Kopf gestoÃen fühlte, lachte. »Was gibtâs denn Gutes heute, Kleine? AufÃer dir?«
Patty hob eine Augenbraue und zog ihren Block heraus.
»Wie kommst du darauf, dass er allein ist?«, fragte Michael.
»Nimm die Eier Benedikt«, empfahl sie Owen. »Und den echt holländischen Zwieback.« Zu Michael gewandt, sagte sie: »Er hat diesen Blick.«
»Welchen Blick?«, wollte Michael wissen. Das war die Art von Gespräch, die er liebte, da er dabei an die Infos aus dem tiefsten Innern der Menschheit gelangte.
»Diesen âºIch bin alleinâ¹-Blick«, antwortete sie, schob sich den Stift hinter ihr perfekt geformtes Ohr und blickte Owen von oben bis unten an, als würde er es nicht merken. »Irgendwie hungrig.«
Owen warf ihr sein Killergrinsen zu. »Hungrig nach dir.«
Patty verdrehte die Augen. Nachdem sie die Bestellung aufgenommen hatte, nickte sie und huschte blond und anmutig davon, verfolgt von Owens Blick.
»Patty ist sehr süÃ. Alleinerziehende Mama mit einer vierjährigen Tochter«, erklärte Michael, als sie gegangen war.
Owen lächelte. »Nur ein Kind? Ich habe immer nach
einer alleinerziehenden Mama mit mindestens drei oder vier Kindern gesucht.« Er zwinkerte Michael zu. »Das war ein Witz, Alter. Spiel nicht den Richter, Michael. Ich mag Patty. Sie könnte sogar die Richtige für mich sein.«
Plötzlich tat es Michael leid, dass er Owen samt dessen Grinsen und zwinkernden Augen ins Olympia mitgenommen hatte.
»Tu ihr ja nicht weh«, sagte Michael, was nur unmerklich an einer Drohung vorbeiging.
»Und du spiel nicht den Richter, Mikey«, erwiderte Owen.
ZW EIUNDZWANZIG
I ch blickte mich im Badezimmerspiegel an und kam mir wie ein Soldat vor, der in den Krieg zog. Ich spürte den Druck, doch diesmal übte ich ihn selbst auf mich aus. Mir blieben weniger als fünfundvierzig Minuten, um eine komplette Elle -Ãberarbeitung an mir vorzunehmen, und ich brauchte alles â Make-up, Frisur, Kleider, Accessoires. Wenn es eine Pille gegeben hätte, mit der man sieben Kilo in fünfundvierzig Minuten abnehmen und fünf Jahre jünger aussehen könnte, hätte ich zwei davon genommen.
Ich wollte mich mit Hugh im The Metropolitan Museum treffen, und ich musste absolut genial aussehen, was in meinem Fall gleichbedeutend war mit »vorzeigbar«. Es gab eine Cocktailparty und einen Empfang für eine Jacqueline Kennedy Fashion Retrospective. Ich würde an Hughs Arm hängen, was hieÃ, man würde mich mit Argusaugen beobachten, und von einigen Seiten würde mir Eifersucht entgegenschlagen.
Gut, zuerst die Stimmung: Ich legte Once Again von John Legend in den CD-Spieler und drückte die Abspieltaste. Wenn mich das nicht inspirierte, wäre ich am Arsch. Ah ja, viel besser.
Zweitens, dem Feind ins Gesicht blicken. In meinem Bad befand sich ein Schrank, der nur ungeöffnetes Make-up
enthielt â Fläschchen und Tuben, Lotionen und Flüssigkeiten, die Vivienne mir regelmäÃig gab. Nach dreiÃigirgendwas Jahren hoffte sie immer noch, ich würde mich vom hässlichen Entlein in einen zauberhaften Schwan verwandeln. Nichts zu machen, Viv. Weder heute noch sonst irgendwann.
Drittens, greife zu den Waffen. Ich holte tief Luft und öffnete eine Packung Clinique Dramatically Different Moisturizing Lotion. Ich verteilte sie, wie angewiesen, im Uhrzeigersinn auf meiner Haut. Bis jetzt sah ich noch keinen dramatischen Unterschied. Aber ich gab nicht auf. Als Nächstes probierte ich eine »fast unsichtbare« Grundierung, die mir eine perfekte porzellanglatte Haut versprach. Hm. Nachdem die Sommersprossen überdeckt waren, sah meine Haut, äh, sagen wir zwanzig Prozent besser aus. Das war nicht unbedingt toll, aber eine Verbesserung. Zumindest für meine Seele.
SchlieÃlich tat ich mein Bestes mit Wimperntusche, Lidstrich und Lippenstift von Bobbi Brown. War Bobbi Brown ein Mann oder eine Frau? Keine Ahnung.
Zum Glück und wunderbarerweise war meine Haarfarbe ganz gut, eine Art temperamentvolles Blond, und dank dem unaufhörlichen Drängen meiner Mutter konnte ich sicher sein, dass wenigstens meine
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