Sonntags bei Tiffany
die Park Avenue, wo die Vorortzüge aus dem Tunnel kommen und die bunte Park Avenue von Harlem in die schicke Park Avenue von Upper Eastside
übergeht. Ich ging weiter. Ich fühlte mich pudelwohl, da ich den Abend im Metropolitan Museum ziemlich gut verdaut hatte.
Als ich die nächste StraÃe überquerte und das Haus in Sicht kam, in dem ich wohnte, drückte irgendein Wichser wegen mir auf die Hupe.
Ich drehte mich um und sah, dass dieser widerliche Wichser Hugh war.
Er saà mit verschämtem und um Verzeihung bittendem Blick in einem leuchtend blauen Mercedes Kabrio. Sein Engelsgesicht verscheuchte alle vernünftigen Gedanken.
O je, wie sich unser Gehirn doch von unseren Augen täuschen lässt.
NEUNUNDZWANZIG
H übscher als der dunkelblaue, in der Sonne funkelnde Sportwagen war nur der Mann am Steuer, und er wusste das. Hugh, auf der Nase eine italienische Sonnenbrille, trug eine leichte braune, kuschelig wirkende Lederjacke. Und um wie ein »normaler« Kerl auszusehen, hatte er sich eine Kappe der New York Giants aufgesetzt, deren Schild an den Seiten gebogen war. Einfach so.
»Komm, wir machen eine Spritztour, meine Schöne.« In humorvollem Ton gesagt, den er sich, wie ich wusste, von Mr. Big aus Sex In The City abgeguckt hatte.
Hugh und der Wagen gaben ein hübsches Paar ab, doch ich dachte, ich käme ohne sie ganz gut zurecht. SchlieÃlich waren mir beide egal. Ehrlich. Hm, also fast. Ach, Mist, vielleicht doch nicht so ganz.
»Ich bin mit meiner Mutter in einer Stunde zum Mittagessen verabredet«, wimmelte ich ihn kühl ab. »Sie ist in letzter Zeit nicht ganz auf der Höhe.« Die Worte strömten ohne meinen Willen aus mir heraus, aber sie hörten sich toll an.
»Ich bringe dich in einer Stunde wieder her. Du weiÃt, ich würde es nicht wagen, Vivienne vor den Kopf zu sto Ãen.«
»Hugh, nach gestern Abend ⦠ich kann nicht â¦Â«
»Komm schon. Steig ein. Ich will mit dir reden, Jane. Ich bin extra von Village hier raufgefahren.«
»Ich weià wirklich nicht, worüber wir reden müssen, Hugh«, erwiderte ich mit sanfter Stimme.
»Ich bin ein veränderter Mann.« Hugh verströmte tiefe Ehrlichkeit. »Und ich kann dir auch sagen, warum. Gib mir die Gelegenheit dazu.«
Ich seufzte und machte volle dreiÃig Sekunden lang ein widerwilliges Gesicht, bevor ich einstieg. Hugh drückte fröhlich aufs Gaspedal und fuhr die Park Avenue entlang.
Plötzlich bog er nach links ab, kurz darauf fuhren wir über den Franklin D. Roosevelt Drive, auf dem wir ziemlich gut vorwärtskamen â aber mit welchem Ziel?
»Ich muss dir sagen, was ich dir offenbar schon so oft gesagt habe, Jane.«
Wenn er »Gib mir die Rolle« sagen würde, nahm ich mir vor, ihm einen Kugelschreiber ins Ohr zu stechen.
»Ich muss dir sagen, dass es mir leidtut.« Damit verblüffte er mich. »Ich wusste nicht, was Felicia und Ronnie im Schilde geführt haben, das schwöre ich bei Gott. Dann sind meine Zunge und mein Temperament mit mir durchgegangen.«
Mein Hirn sagte mir, dass das nicht stimmte, auch wenn mein Herz wahrnahm, wie unglaublich ehrlich er klang. Langsam begann mein Widerstand zu bröckeln, was mir aber überhaupt nicht gefiel. Ich versuchte, stark zu bleiben. Ich schwieg, konzentrierte mich nur auf den Horizont. Wir fuhren über die Brooklyn-Brücke. Wohin? Und warum? Auf der anderen Seite der Brücke hielt Hugh an
einer Stelle mit einem atemberaubenden Postkartenblick auf Manhattan. Ehrlich, die Stadt sah aus, als wäre sie in Silber gegossen. Ich war noch nie mit Hugh hier gewesen, und plötzlich fragte ich mich: Wer, wenn nicht ich?
»Ich bin davon ausgegangen, dass wir uns wegen der Rolle im Film einig sind, Janey«, fuhr er fort. »Ich kann mir mich in der Rolle sehr gut vorstellen. Ich habe sie am Broadway gespielt. Sie ist ein Teil von mir. Ich bin davon ausgegangen, dass du mich auch für den Film für die perfekte Besetzung hältst.« Er warf mir ein umwerfendes Lächeln zu, gleichzeitig zerknirscht und groÃspurig.
Gut, was er sagte, ergab fast einen Sinn. »Du hast nicht zugehört, Hugh.« Wie üblich.
Er legte seinen Arm über meine Rückenlehne und streichelte meinen Nacken.
»WeiÃt du, Jane, ich dachte auch, dass dieses Projekt, dieser kleine Film, uns zu dem Team machen könnte, das wir, wie ich glaube, sein
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