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Sonntags bei Tiffany

Sonntags bei Tiffany

Titel: Sonntags bei Tiffany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patterson James
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as Gin Tonic war kalt und erfrischend. Tanqueray mit Zitrone. Genau richtig. Gab es einen besseren Ort als das Bemelman’s, um nachzudenken und sich auf widerliche Weise in Selbstmitleid zu ergehen?
    Ich war eine zweiunddreißigjährige Frau, bei der gleichzeitig alles und nichts klappte. Ich hatte eine tolle, theoretisch faszinierende Arbeit, die mich und meine Zeit allerdings völlig in Anspruch nahm, ohne mich persönlich zu befriedigen.
    Ich hatte eine wohlhabende, erfolgreiche Mutter, die mich wie ein idiotisches Kind behandelte, es aber Liebe nannte. Schlimmer war, ich liebte sie trotzdem über alles.
    Ich hatte einen Freund … ja, das wusste ich sicher. Ich hatte einen Freund. Vergangenheitsform.
    Meine Gedanken überschlugen sich, rasten alle gleichzeitig in die gleiche falsche Richtung.
    Vielleicht waren meine Ziele zu langfristig. Vielleicht sollte ich eine Möglichkeit finden, um glücklich zu sein, nicht ein Leben lang, aber für eine oder zwei Stunden. Vielleicht gab es jemanden, der mit mir herumsitzen und japanisches Essen bestellen wollte und der es nicht hasste, zum vierten oder fünften Mal eine DVD mit den Filmen
E-Mail für Dich oder The Shawshank Redemption anzusehen.
    Plötzlich spürte ich, wie mir jemand auf die Schulter klopfte. Ich zuckte zusammen und hätte beinahe aufgeschrien. In meiner sanften, weltfraulichen Art.
    Ich drehte mich um, und zwei Männer grinsten mich irgendwie schwachsinnig an. Ihre grellen, karierten Sportjacketts wirkten nicht nur im Carlyle Hotel fehl am Platz. Auf diese Art von Zuwendung konnte ich im Moment gerne verzichten.
    Â»N’Abend, Ma’am«, sagte Nummer eins. »Mein Freund und ich haben überlegt, ob Sie etwas Gesellschaft bräuchten.«
    Â»Nein, danke«, lehnte ich entschieden ab. »Ich entspanne mich nur nach einem langen Tag. Danke.«
    Â»Sie scheinen allein zu sein«, merkte Nummer zwei an. »Und irgendwie deprimiert. Kommt uns jedenfalls so vor.«
    Â»Es geht mir wirklich gut. Mehr als gut. Danke der Nachfrage.« Ich täuschte für sie sogar ein Lächeln vor. »Tja, ich bin der reinste Sonnenschein.«
    Â»Die Dame hätte gerne noch was zu trinken«, sagte einer der beiden zu dem Barkeeper.
    Ich blickte den Barkeeper an und schüttelte den Kopf. »Ich möchte wirklich nichts mehr trinken. Und ich möchte auch nicht mit diesen Kerlen reden.«
    Der Barkeeper beugte sich vor. »Vielleicht möchten sich die Herren wieder ans andere Ende der Bar setzen.«
    Schulterzuckend entfernten sie sich. »In dieser Bar gibt’s aber hochnäsige Nutten«, sagte einer.

    Der Barkeeper und ich blickten uns schockiert an, brachen aber in Lachen aus. Entweder lachen oder heulen. In meinem rosafarbenen Designerkleid, den Fünfhundert-Dollar-Schuhen, dem sorgfältig aufgetragenen Make-up und dem schicken Haarschnitt sah ich wie ein Callgirl aus? Wie viel verdienten denn Callgirls heutzutage? Ich drehte mich auf dem Barhocker zum Spiegel. Ich sah vor allem eine Ansammlung von Menschen, aber auch die bunten Zeichnungen über der Bar.
    Schwach lächelnd blickte ich mein Spiegelbild an – die verschmierten Augen, die gerötete Nase. Gott, als Nutte sähe ich ziemlich jämmerlich aus.
    Plötzlich fiel mir etwas anderes auf. Ich kniff die Augen zusammen, mein Herz machte einen Satz. Es war völlig und total unmöglich. Kurz hatte ich einen Mann erblickt, der die Bar verließ. Er schien mich anzublicken.
    Natürlich lag ich völlig falsch – aber ich hätte schwören können, Michael gesehen zu haben.
    Kaum hatte ich ihn entdeckt, war er schon durch die Tür verschwunden.
    Das war jetzt echt der Wahnsinn.
    Ich nahm einen Schluck von meinem Gin Tonic. Meine Hände zitterten, als ich das Glas wieder abstellte. Dieser Mann – es war lächerlich. Mein Unterbewusstsein hatte sich vom Schattenspiel täuschen lassen und ein Bild von dem Menschen erzeugt, den ich am meisten vermisste und unbedingt hätte wiedersehen wollen.
    Gut, jetzt musste ich mir ernsthaft Sorgen um mich machen. Würde ich durchdrehen? Ich begann, Phantome zu sehen. Wie unglücklich musste ein Mensch sein, damit
das eigene Unterbewusstsein ihm in seinem Leben herumpfuschte? Wie schlimm war ich dran, dass ich glaubte, Michael gesehen zu haben?
    Michael, der eine Imagination war.
    Michael, den es nicht gab.
    Hatte ich mir Michael so sehr

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