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Sonst kommt dich der Jäger holen

Sonst kommt dich der Jäger holen

Titel: Sonst kommt dich der Jäger holen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
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weiß, dann befähigt einen das, die Gefährlichkeit von Situationen einzuschätzen, was wiederum das eigene Vorgehen, sprich, die Wahl der Mittel, beeinflusst. Ich weiß, dass ihr von der Schutzpolizei oft mit gefährlichen Hunden zu tun habt. Ich, äh, ich war auch mal bei euch.«
    Der Kollege zischte etwas, das wie »Klugscheißer« klang, doch er steckte die Waffe zurück in das Holster.
    Flipper hob witternd die Schnauze, rannte weiter, noch einen kleinen Treppenabsatz nach unten.
    »Ruf einen Hundeführer«, sagte der uniformierte Beamte, der den Treppenabsatz sicherte, »der soll den Köter einfangen.«
    Johannes, der seinen Posten verbotenerweise verlassen hatte, um Flipper zu folgen, ging zurück. Die Situation musste eingefroren bleiben. So hieß das. Keiner durfte etwas verändern. Nach dreißig Minuten hatten sie nun die meisten Identitäten oder Scheinidentitäten festgestellt.
    »Die Hundeführer sind im Wirtschaftsgebäude drüben, da kommt gleich einer, die oben haben ihn bereits angefordert«, gab ein Kollege Auskunft, und da tauchte auch schon einer mit Fangstange auf. Der Hundeführer beobachtete, wie Flipper unterhalb der Treppe mit beiden Pfoten an einem Schrank kratzte, jaulte. Er ließ davon ab, suchte Augenkontakt mit dem Hundeführer, kratzte weiter, suchte noch einmal Augenkontakt, setzte sich. Der Hundeführer ließ die Fangstange sinken. »Verstanden, Kamerad.« Die Schlinge, die sich um Flippers Hals hätte ziehen sollen, wippte in der Luft.
    Es dauerte eine Weile, bis der Einsatzleiter des BKA Zeit für den Hundeführer hatte und er ihm melden konnte: »Ich hab da was.«
    »Ja?«
    »Der Hund, der hier rumläuft, benimmt sich merkwürdig, er …«
    »Ja, ja«, der Einsatzleiter wedelte ungeduldig durch die Luft. »Bringen Sie ihn raus.«
    Der Hundeführer ließ sich nicht abwimmeln. »Er zeigt an, dass da was ist. Im Keller hinter einem Schrank. Das sollten wir uns mal ansehen.«
    Jetzt wurde der Einsatzleiter hellhörig. »Im Keller?« Er strich sich über seinen gepflegten Vollbart. »Dann schauen wir doch mal!«
    Der Hundeführer ging voraus, der Einsatzleiter und drei Beamte folgten ihm. Auch sie hatten wohl schlechte Erfahrungen mit Hunden gemacht, denn sie hielten sich fern von Flipper. Der Einsatzleiter beorderte fünf Männer des SEK in den Raum, sie nahmen Aufstellung vor dem Schrank, die Waffen im Anschlag. Einer schielte nervös zu Flipper.
    »Der ist okay«, beruhigte der Hundeführer ihn, stellte sich neben Flipper. Vorsichtig öffneten zwei SEK ler den Schrank, tasteten, bekamen Unterstützung von einem dritten Kollegen, und dann glitt die Wand beiseite.
    Mit einem jaulenden Satz, fast einem Aufschrei, sprang Flipper los. Der nervöse SEK ler riss die Waffe hoch, senkte sie wieder, stürmte mit seinen Kollegen nach vorn. Es dauerte eine Weile, bis sie den Mann entdeckten.
    An den Gesichtern der Polizisten ließ sich ablesen, dass sie etwas anderes erwartet hatten. Eher eine Leiche, einen MG schwingenden Russen, Winnetou oder Brad Pitt, aber dass ihnen, mit einem schiefen Grinsen, der Hauptkommissar aus Fürstenfeldbruck entgegenkam. Nein. Damit hatte niemand gerechnet. Felix hielt sich an Flipper fest.
    »Was tun Sie hier?«, fragte der Einsatzleiter, schüttelte den knallroten Kopf. »Nein, das will ich gar nicht wissen. Sie fahren jetzt sofort zu Ihrer Dienststelle und können dort schon mal anfangen, Ihre Stellungnahme zu schreiben. Sind Sie sich darüber im Klaren, dass Sie unsere Operation riskiert haben, bei der es nicht nur um die Ergreifung eines Mörders geht, sondern auch um Strukturermittlungen im Bereich der organisierten Kriminalität, dass Sie einen Rieseneinsatz und einhundertzwanzig Kollegen mit Ihrem Alleingang in Gefahr gebracht haben? Das wird ein Nachspiel geben.«
    Mit Flipper an seiner Seite verließ Felix den Raum. Es wurde still, sehr still, als er an seinen Kollegen vorüberschritt. Viele kannten ihn, und diejenigen, die ihn nicht kannten, würden ihn ab sofort kennen. Für immer. Schau mal, das ist doch der …
    Der sich zum zweiten Mal lächerlich gemacht hatte.
    Der Vollversager.
    Erst verfolgt er die falsche Verdächtige und schrottet zwei Autos, dann lässt er sich von Russen einsperren.
    Der ist fertig.
    Aus.
    Disziplinarverfahren.
    Melanie hatte gewonnen. Er würde seinen Beruf aufgeben. Vielleicht Fischer werden wie sein Opa.
    Sie ließen ihn wortlos passieren, und als er vor der Villa stand, ertönte ein Schrei, und der schwarze Hund raste

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