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Sonst kommt dich der Jäger holen

Sonst kommt dich der Jäger holen

Titel: Sonst kommt dich der Jäger holen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
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Strippenzieher. Ihre Leute haben ihn zu früh laufen lassen.«
    »Jewgeni Sorokin?«, fragte der mit dem Vollbart.
    Der dicke Mann blickte verächtlich nach rechts in den Wald.
    Ein Grinsen verwandelte den Vollbart in einen Breitbart. »Wir kennen uns nicht, Herr …«, sagte er höflich. »Aber vielleicht sind Sie ja ein Bekannter von Herrn Morosow, den wir vorhin in dieser feinen Gesellschaft angetroffen haben?«
    Alle grinsten nun. Ich hatte keine Ahnung, was hier gespielt wurde, Russenroulette? Jedenfalls hatten die Gendarmen die Räuber besiegt.
    »Tixel«, sagte der Vollbart.
    Felix schaute ihn an.
    »Gute Arbeit. Aber das Diszi, das kriegen Sie trotzdem.«
    »Ich weiß«, sagte Felix ruhig.
    »Man muss natürlich berücksichtigen, dass Sie, wenn man ehrlich ist, unseren Einsatz gerettet haben.«
    »Ich weiß«, wiederholte Felix.
    »Aber sagen Sie mir, Hauptkommissar Tixel, warum haben Sie sich derart unprofessionell verhalten?«
    Felix’ Blick glitt zu mir und zu Flipper.
    »Ich musste da rein«, sagte er. »Ich musste annehmen, meine Freundin würde in dem Haus festgehalten.«
    Der Vollbart schüttelte den Kopf. »Ein Alleingang – Tixel!«
    Innendrin wurde ich ganz flüssig. Meine Freundin.
    »Wir sehen uns auf Ihrer Dienststelle«, sagte der Vollbart und wandte sich ab.
    »Kommst du gleich mit, Felix?«, fragte einer der Männer ihn.
    Er schaute mich an. Und zwinkerte mir zu. Dann ging er. Ich blickte ihm nach, bis er verschwunden war.
    Flipper beobachtete mich. Ich fühlte mich ein klein wenig ertappt und kniete mich vor ihn.
    »Das hast du prima gemacht! Und ich verzichte auf ein Disziplinarverfahren, weil du einfach mit fremden Männern mitgegangen bist, die gar keine fremden Männer sind.« Ich schwieg. Und dann sagte ich das große Wort. »Felix ist unser Freund.«
    Flipper wedelte.
    »Und jetzt löffeln wir den Napf aus.«
    Flipper sprang auf die Pfoten.
    »Für unseren Freund Felix.«

87
    Es gab vier Klingelschilder an dem Haus in Hochstadt, wo Franz Brandl das seltsame Ding abgegeben hatte. Es überraschte mich nicht, dass sich ein Benjamin Ludewig darunter befand. Auf mein Klingeln öffnete niemand. Vor dem Grundstück parkte ein Renault Espace und ein mit Sommersprossen übersäter silberfarbener Golf; neben dem Hauseingang unter einem Vordach ein Kinderwagen. Eine Stille wie am Sonntagvormittag lag über dem Dorf, wie es üblich ist in den Orten, wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen. In der Ferne tuckerte ein Traktor. Mit einem Blick kontrollierte ich die Fenster in Sichtweite, Dörfer haben Augen, dann lief ich links um das Haus. Flipper klebte förmlich an mir, womöglich hatte er durch den Chefinnenverlust einen Schock erlitten, darum würde ich mich später kümmern. Wenn der Napf leer war. Dann könnten wir alle noch mal von vorne anfangen. Auch Felix und ich. Das sollte er wissen. Bevor er wieder was missverstand. Ich begann hier kein neues Spiel, ich beendete das alte. Und das tippte ich ihm in der Deckung eines mannshohen Holzstapels und drückte – bevor ich es mir hin und her anders überlegte – auf Senden. Fangen wir noch mal von vorne an? F & F
    Benny wohnte im Erdgeschoss, denn der längliche Gegenstand, den Franz Brandl in das Haus getragen hatte und bei dem es sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um keine Oboe handelte, lehnte neben der Wohnzimmertür, gegenüber des Fensters, durch das ich spähte. Keine Vorhänge, wozu auch, er konnte die Jalousien herunterlassen, und seine Aussicht war durch eine dichte Thujahecke begrenzt. Es sah unordentlich aus in dem Wohnschlafzimmer, das Bett nicht gemacht, Geschirr von mehreren Mahlzeiten auf dem Tisch, Schuhe und Kleidungsstücke am Boden verstreut. Ein Schatten im Flur verriet mir, dass Benny zu Hause war.
    Ich vollendete meinen Kreis um das Anwesen und klingelte an seinem Namensschild. Als hätte ich damit mein Handy betätigt, meldete es eine neue Nachricht. Wo vorne? Am Hochsitz, am See, im Auto? F.
    Überall , simste ich keck zurück und schaltete das Handy ab.
    Benny öffnete die Tür nicht. Aber vielleicht das Fenster? Ich befahl Flipper, an der Ecke vor dem Fenster Platz zu nehmen, und klopfte an Bennys Scheibe. Als er mich erkannte, riss er die Augen auf.
    Ich winkte. Freundlich, so als wären wir verabredet, als stünde der Kuchen schon im Herd und die Kaffeemaschine gurgelte.
    »Hallo, Benny!« Er sah nicht gut aus. Verquollen. Vielleicht verkatert. Oder auf dem Weg dazu.
    Seine Überraschung

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