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Sonst kommt dich der Jäger holen

Sonst kommt dich der Jäger holen

Titel: Sonst kommt dich der Jäger holen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
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Bauch, die, von Hunden aufgescheucht, eine Frühgeburt erlitten haben und dabei elendig verblutet sind.«
    Betroffen schaute ich zu Boden.
    »Ich muss weiter«, verabschiedete sich Sepp Friesenegger, winkte mir zu und rannte los, mit einer Armhaltung, die auf Dauer zu Schulterbeschwerden führen musste.

4
    Der Schreck fuhr mir in die Glieder, als Flipper plötzlich verschwunden war. Sepp Frieseneggers Worte im Ohr, pfiff ich meinen schrillsten Flipperpfiff. Viel zu weit weg antwortete er mir. Ich versuchte das Bellen zu orten. Es klang nicht so, wie Flipper normalerweise bellte. Es klang nach Alarmstufe rot, und genauso fühlte ich mich. Ich stolperte durch den Wald, hörte mein Atmen und das Rascheln des Laubs, das meine Füße aufwirbelten. Warum, verdammt noch mal, kam Flipper nicht? War das der Vorführeffekt nach dem Gespräch mit dem Jogger – von wegen mein Hund folgt … Da entdeckte ich ihn. Zum Glück hing kein Gedärm aus seinem Maul. Aufgeregt hechelnd, doch in vorbildlicher Haltung, ein Sieger auf dem Podest, saß er neben einem Laubhaufen und wendete den Kopf in meine Richtung. Kommst du auch mal endlich, las ich in seinem Blick. Ich schnappte nach Luft, und wollte ihn gerade an unser Verhältnis erinnern, in dem immerhin ich den Dosenöffner befehligte, da sah ich es. Und bekam keine Luft mehr. Gar keine.
    »Flipper!«, japste ich. »Was ist das?«
    Er schaute weg. Peinlich berührt, wie mir vorkam. Ich war die Chefin. Ich sollte wissen, was das war. Das wusste doch jeder. Das war eine Maschinenpistole, genannt Skorpion. Sehr beliebt bei Personenschützern, da man sie problemlos verdeckt tragen kann und sie in der Regel mit einem zusätzlichen Schalldämpfer geliefert wird. Eine robuste und auch bei extremen klimatischen Bedingungen zuverlässige Waffe, die in gewissen Kreisen als Statussymbol gilt. Ein Must-have sozusagen.
    »Also ich weiß natürlich nicht hundert Pro, ob es eine echte Waffe ist«, keuchte ich mithilfe meines Handys in Felix’ Ohr, »oder nur eine Attrappe, aber ich habe sie mal vorsichtig hochgehoben … Nein, nicht mit meinen Händen, ich hab meinen Jackenärmel benutzt … Wie? Verwischt? Ich bin doch nicht blöd! Ich glaube, sie ist recht schwer, zu schwer für ein Kinderspielzeug, allerdings habe ich bislang weder eine scharfe Waffe noch eine Spielzeugwaffe in der Hand gehabt, höchstens irgendwann mal beim Oktoberfest, woran ich mich aber kaum erinnere, insofern …«
    »Franza!«, rief Felix jetzt schon zum dritten Mal in Folge. »Beantworte gefälligst meine Frage.«
    »Welche?«, tat ich harmlos.
    »Was treibst du da, wo du bist? Sag mir, dass du woanders bist. Sag mir, dass du am Arsch der Welt bist, aber nicht in Andechs und um Andechs herum.«
    »Was hast du gegen Andechs? Bist du evangelisch?«
    Schweigen.
    »Ich bin spazieren gegangen.«
    »Wieso dort?«
    »Wieso nicht?«
    Sogar durchs Telefon konnte ich die blauen Blitze spüren, die seine Augen verschossen.
    »Du brauchst mich nicht so anschreien«, schrie ich. »Ich habe überhaupt nichts gemacht. Und ich habe das Ding auch nicht gefunden. Flipper war es.«
    »Ja, natürlich. Bei dir sind immer die anderen schuld.«
    »Bitte, dann leg ich jetzt auf und lass das Ding hier im Wald. Ist mir doch egal. Ich kann ja wieder ein bisschen Erde und Laub darüberschieben – mit den Schuhen, damit ich keine Fingerabdrücke hinterlasse, und damit alles so aussieht wie zuvor, soll ich das? Wäre das in deinem Sinne, Herr Kriminalhauptkommissar?«
    »Franza, es reicht jetzt! Die Waffe lag also nicht frei, Flipper hat sie ausgegraben?«, bemühte Felix sich, sachlich zu klingen.
    »Ja. Und wenn du mir die Schuld daran gibst, dann bist du derjenige, der keine Verantwortung übernimmt, weil du nämlich dahintersteckst. Du hast das Ganze eingefädelt.« Überrascht stellte ich fest, wie treffsicher mein schlechtes Gewissen meine Fantasie beflügelte.
    Sein »Aha« klang so kalt, dass der See zu Füßen des Klosters gewissermaßen gefror. Das tat mir weh. Ich wollte ihn nicht gegen mich aufbringen. Und ich war eine Niete im Schlittschuhlaufen. Ja, es war eine blöde Idee, an einem seiner Tatorte Gassi zu gehen. Nein, das würde ich mir niemals, niemals, niemals anmerken lassen. Ich wählte den Angriff zu meiner Verteidigung.
    »Als ich mit dem Leberstich im Krankenhaus lag, hast du Flipper nicht ins Tierheim gebracht, sondern zu deinem Hundeführerkollegen und seinem Sprengstoffsuchhund. Du hast mir selbst gesagt, dass Elmar Flipper

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