Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sophies Kurs

Titel: Sophies Kurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
Vom Netzwerk:
kommandieren und uns beim nächsten Ausbruch des Flux alle in den Untergang reißen! In diesem Moment wünschte ich, es würde tatsächlich geschehen, und er müsse, ehe er starb, einsehen, daß es seine Schuld war, und daß ich recht behalten hatte. Leute umzubringen – das war das einzige, zu dem er taugte.
    »Dann wünsche ich Ihnen viel Glück, Sir«, sagte ich laut und drehte mich auf dem Absatz um.
    Aus irgendeinem Grund traf ihn das tief. »Sie dürfen mir kein Glück wünschen«, meinte er und schürzte die Lippen. »Wünschen Sie mir niemals Glück!« Er schien tatsächlich zu glauben, daß es Unglück brachte, jemandem Glück zu wünschen.
    Ich ging in meine Kabine und wartete auf den Untergang des Schiffes. Ich hoffte, er würde nicht allzu lange auf sich warten lassen. Ich wollte sofort tot sein –fertig mit alldem hier. Doch Bruno konnte mich nicht in Ruhe lassen. Zwei Minuten später stand er in der Tür. »Sophie, wenn Sie wüßten, in welcher Gefahr wir schweben, würden Sie uns nicht die ganze Zeit Ärger machen.«
    »Ich?« Ich riß den Mund auf. »Ich mache
Ärger?«
»Sie bringen mich ganz durcheinander.«
    Ich wandte mich von ihm ab und zog eine Schulter hoch, als sei seine Stimme ein kalter Luftzug, der mir ins Ohr blies.
    »Ich bin stolz auf Sie und wütend – beides zugleich!« »An Ihrer Verwirrung tragen Sie selbst Schuld«, erklärte ich verbittert.
    Er sah mich prüfend an. »Sie sind auch wütend«, stellte er in einem Ton fest, als koste ihn diese Bemerkung große Überwindung.
    »Das ist richtig, Sir« erwiderte ich sarkastisch. »Sie haben recht.« Am liebsten hätte ich ihm zu seiner Erkenntnis applaudiert. »Erklären Sie mir doch etwas, Sir, aus Ihrem reichen Erfahrungsschatz: Sind alle Männer Esel und Schweine, oder nur die, denen ich begegnet bin? Und sind sie Esel, weil sie Schweine sind, oder sind sie zuerst Schweine und dann als Konsequenz daraus Esel? Sagen Sie mir das doch bitte, Sir. Ich wüßte es so gern!«
    Schweine haben schöne Augen, wissen Sie! Riesenhennen auch.
    Brunos Augen sind schön, und es tat mir weh, den Schmerz in ihnen zu sehen. Aber es war seine eigene Schuld, darüber gab es keinerlei Diskussionen. Ich hätte in diesem Moment sofort die Kabine verlassen, wenn er nicht die Tür blockiert hätte. So zog ich mich in ihren entferntesten Winkel zurück.
    »Wenn Sie so wild entschlossen sind, uns alle umzubringen, wieso belästigen Sie mich dann noch?«
    »Ich bin entschlossen, dafür zu sorgen, daß Ihnen nichts zustößt, Sophie. Nichts auf allen Welten könnte mich davon abbringen«, antwortete er mit leicht bebender Stimme. »Ich werde es aber auch nicht zulassen, daß Sie sich selbst töten. Oder jemanden sonst – nur aufgrund Ihrer Tollkühnheit. Ich bin erfreut und stolz, daß Sie einen solchen Wagemut besitzen. Ich bewundere Sie sogar deswegen.«
    Ich wollte ihm nicht zuhören. Doch dann fuhr er fort: »Ich möchte Sie nur beschützen und Sie zu Ihren Leuten bringen.«
    »Zu meinen Leuten?« Ich trat auf ihn zu. »Wen gibt es denn da noch? Wer ist übriggeblieben?«
    Er fuhr sich über die Stirn. »Ich weiß, Sie vermissen Ihren Vater. Auch ich war beim Begräbnis meines Vaters noch ein junger Mann ...«
    »Er war nicht mein Vater. Wer war mein Vater, Signor Bruno, Sohn von Bruno?«
    Er rieb sich mit den Handflächen die Wangen. »Ich habe Ihnen alles gesagt«, murmelte er.
    »Humbug!« rief ich wie Miss Halshaw. »Sie haben mir nichts verraten.« Und fuhr fort. »Dann war es also Ihr Vater, Sir?«
    Mein Entführer wirkte nun völlig verwirrt – müde, unglücklich und verwirrt. »Mein Vater?«
    »Der meine Mama umbrachte?«
    »Schon möglich.«
    Anscheinend hatte er geglaubt, ich sei anderer Meinung, und war nun froh, daß ich es nicht war – sogar noch, während er sich schon entschuldigte. »Und daher ist es meine Lebensaufgabe, Sie zu beschützen und in Sicherheit zu bringen.«
    Ich hob einen Stiefel auf und versuchte, ihn nach ihm zu werfen.
    Träge glitt er mir aus der Hand und trieb behäbig durch die Luft, während ich rückwärts schwebte. Ich packte das Seil beim Schott und hielt mich mit beiden Händen daran fest, um mich selbst daran zu hindern, Bruno bei den Ohren zu packen und zu schütteln, was alles nur noch schlimmer gemacht hätte.
    »Wie könnte ich Ihnen vertrauen?« rief ich. Meine Stimme klang wie das Wimmern eines kleinen Kindes. Mein Zorn verrauchte plötzlich und verwandelte sich in Kummer. »Sie haben doch auch kein

Weitere Kostenlose Bücher