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Sophies Kurs

Titel: Sophies Kurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
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sich Ihr Mitleid«, fuhr ich ihn an. »Sie waren es doch, der Hercule getötet, mich von Bruder Jude weggeschleppt und mich dazu gebracht hat, all meine Freunde zu betrügen. Bringen Sie mich nach Io, damit wir die Sache endlich beenden, und verschwinden Sie dann aus meinem Leben.«
    Jetzt schaute er wirklich unglücklich drein. »Ich hätte Ihnen so vieles zu bieten.«
    »Ich will aber nichts von Ihnen!« schrie ich.
    »Nicht mal eine schöne Tasse Tee?«
    Liebe Leser, ich konnte nicht anders – ich mußte lachen. Ich lachte nur ganz kurz und verbissen, aber dann lachte auch er und steckte mich mit seinem Lachen an. Er wollte mich wieder umarmen, und ich ließ es geschehen. Ich glaube, es gefiel mir sogar. Da lagen wir uns in den Armen, lachten herzhaft und hüpften schwerfällig durch die Kabine.
    Irgendwie hatte ich das Gefühl, wir hätten einen großen Sieg errungen, obwohl ein klügerer Kopf wohl darauf hingewiesen hätte, daß die
Giaconda
immer noch gestrandet war, der Flux anderswo schäumte, und wir bisher eigentlich nichts erreicht hatten.
    Wieder einmal folgte ich Bruno zur Kombüse. Ich wollte in seiner Nähe sein, denn ich hatte bemerkt, wie schmerzlich es für ihn gewesen war, mir die Wahrheit zu sagen. Ich wollte ihn nicht in seinen eigenen Schuldgefühlen schmoren lassen. In dieser Stunde hatte ich die verrückte Vorstellung, daß ich ihn aus seiner verzwickten Lage retten könnte. Ich fühlte mich innerlich stark genug. Trotzdem konnte ich es nicht lassen, ihm weiter weh zu tun – und tat es jedesmal, sobald ich den Mund öffnete.
    »Wie hätten Sie mich getötet?« fragte ich ihn.
    »Auf dem Mars?« Seine Stimme flatterte wie ein Segel, das sich unter einer frischen Brise bläht. »Er ist der Planet des Todes.« Seine Stimme wurde wieder fester. Er befand sich jetzt auf vertrautem Boden. »Da gibt es Hunderte von Möglichkeiten. Ich hätte Ihnen das Genick brechen oder Sie den
kiiri
überlassen können. Vielleicht hätte ich Sie auch zu einer abgelegenen Schlucht geführt und Sie hineingestoßen, oder Sie gefesselt in den Kanal geworfen. Verzeihen Sie!« entschuldigte er sich für seine Taktlosigkeit, doch ich war nicht beleidigt.
    »Warum haben Sie nicht einfach an diesem ersten Nachmittag Gift in meinen Wein gegeben?«
    »Ich habe daran gedacht. Aber dann wurde ich neugierig auf Sie.«
    Ich fuhr mit dem Zeigefinger die Maserung des Tisches entlang. »Und jetzt dürfen Sie mir meinen Tee machen«, meinte ich flach.
    »Ja, ist das nicht wunderbar?«
    Wieder lachten wir. Es war lustig! Sehr, sehr lustig. Es war die lustigste Sache, die je passierte.
    Sie werden sicher fragen, ob nicht ein Teil von mir befürchtete, daß er immer noch schauspielerte, daß er immer noch log. Hatte er nicht damit geprahlt, wie gut er Illusionen wecken und das sein konnte, was immer ich in ihm sehen wollte? Was, wenn er das alles nur zugab, weil es für mich ohnehin schon zu spät war?
    Und ich würde Ihnen antworten: Ja, ja und dreimal ja.
    Und doch lag ich jetzt schon wieder in seinen Armen – was mich in dem Glauben bestärkte, daß er tatsächlich gelernt hatte, die Wahrheit zu sagen.
    All diese Neuigkeiten waren atemberaubend. »Ach, Bruno, was geschieht hier eigentlich? Ich glaube, ich bin wohl verrückt geworden.«
    »Sie sind nicht verrückt, Miss Sophie Farthing. –Miss Sophie Farthing«, sagte er leise, »Ich liebe Sie. Ich habe Sie von dem Moment an geliebt, als ich Sie mit Ihrer dummen Reithenne schimpfen sah. Ich habe Sie dort weggebracht, weil ich Sie liebte. Ich betrog meinen Patron und meinen Orden und veränderte sogar mein Äußeres, um Ihnen mein richtiges Gesicht zu zeigen. Jetzt hat sich alles geändert. Ehe ich Ihnen begegnete, wußte ich nicht, was Liebe war. Ich wußte nicht, was das Leben war. Sophie Farthing – ich habe mein Herz an Sie verloren!«
    Ich wünschte, er würde mit seinen Geständnissen aufhören und endlich den Tee machen. Ich sah ihn durchdringend an. Ich kam mir hundert Jahre alt und sehr weise vor, obwohl ich nicht den blassesten Schimmer hatte, was ich dort tat. »Und ich soll Ihnen vermutlich nun mein Herz geben. Ist es so? Ach, Bruno ...«, rief ich verzweifelt.
    »Sagen Sie nichts. Geben Sie mir nur einen Kuß.« Ich sagte nichts, gab ihm auch nichts, sondern gestattete ihm nur, mich auf die Lippen zu küssen. Ich war die Schlafende Prinzessin. Weder zitterte ich, noch fiel ich in Ohnmacht, es war ein Kuß so leicht wie ein Schmetterling, kaum ein Hauch und schon

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