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Sophies Kurs

Titel: Sophies Kurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
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Kaiser vom Mars von einem wichtigen Boten mit langen, knochigen Fingern – und erwacht. Ein Eishauch liegt auf seiner alten Stirn. Er ruft seinen Steward – mit Stimulantien und wohlriechenden Salben – und seine Frauen an sein Bett.
    Das Signal wird gegeben, daß die Augen seiner Kaiserlichen Majestät sich geöffnet haben, um das Licht eines weiteren Tages zu schauen. Im nächsten Moment ertönt das Trauerhorn von Dach des Palastes, und draußen auf dem Großen Kanal beginnt der Bagger sein schreckliches Rattern und Saugen. Der Steward verbeugt sich tief: »Eure Orientalische Hoheit, draußen im Pavillon wartet der Hohepriester Keegheeta auf Euch.«
    Der Kaiser grunzt und schließt die Lider. Er wird ihn warten lassen und derweil eine willkommenere Gesellschaft genießen. Die Frauen steigen in das Bett des Kaisers. Eine von ihnen sagt, sie habe zuvor auch Bruder Lamberts Esel gesehen, den der Mönch im Kaktusgarten angebunden hatte. Der Kaiser lächelt, daß seine Schläfen schwellen. Es belustigt ihn, die Männer zusammen im Pavillon warten zu lassen. Die Vorstellung, wie höflich die beiden zueinander sein werden, bringt ihn zum Lächeln. Als die Frauen den Kaiser schmunzeln sehen, lächeln auch sie.
    In Wirklichkeit hält sich der Bruder nicht im Gäste-Pavillon, sondern in den Ställen auf, wo er das neugeborene Baby eines Vogel-Knechtes tauft, eines seiner Konvertiten. Er segnet das lederartige braune Bündel, froh, wieder eine kleine Seele für die universelle Gemeinde gewonnen zu haben. Die Mutter nimmt die Kommunion, wobei sie wegen des ungewohnten Weingeschmacks wimmert und mit den Lippen schmatzt.
    Nachdem er die Zeremonie beendet hat, verabschiedet der Bruder sich und reitet zum Hafenmarkt, wo die Süßigkeitenverkäufer ihn mit den hiesigen weißen Schlangen in Versuchung führen, die sie noch lebend und sich windend aus Eimern ziehen und in zischendem Öl braten. Bruder Lambert geht an ihnen vorbei, passiert auch die Sklavenställe, wo die Ophiq, das Regenbogen-Volk, sich grün vor Furcht in ihren Käfigen zuammendrängen. Wie hell dieses Grün in diesem staubigen Orangelicht leuchtet!
    Bruder Lambert segnet auch sie – im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Dann holt er eine Sendung Medikamente und die Post für die Mission der Wehklagenden Schwestern in S. Sébastian hoch oben in der Wüste ab.
    Bruder Lambert hat Neuigkeiten aus S. Sébastien erhalten. Dort, auf dem Boden eines trockenen Brunnens, ist die Hl. Juliade einer sündigen Novizin erschienen. Mutter Lachrymata schickte dem Bruder sofort einen Boten, einen Eingeborenenjungen, mit der Bitte, zu ihr zu kommen und ihr mit seinem Rat zur Seite zu stehen. Das ist jetzt schon einige Wochen her. In dieser kalten und staubigen Jahreszeit ist die Wüste nicht gerade ein einladender Ort. Daher betrachtete Bruder Lambert die Bitte der Mutter Oberin als nicht besonders dringlich. Aber er betete für sie und die arme verwirrte Novizin, auf daß das helle Licht der Wahrheit sie erleuchtete und ihr den Weg wies.
    Es ist nicht so, daß der heilige Mann die Erscheinung des jungen Mädchens anzweifelt. Erscheinungen gibt es viele in der Wüste, große und kleine – und inzwischen so viele, daß Kardinal D'Aubray schon niemanden mehr entsendet, um Berichten über wundersame Besucher, Stigmatisierungen, Erscheinungen der Heiligen Jungfrau und Ähnlichem nachzugehen. Bruder Lambert weiß, daß der Kardinal solch leichtfertige Einbildungen samt und sonders zum Teufel wünscht, aber ihm sind durch Rom die Hände gebunden. Verwirrt durch frühe Berichte, die Städte in den Bergen seien von Engeln bevölkert, hat der Heilige Vater den ganzen Planeten gesegnet.
    Mächtig und voller Wunder sind die Taten des Herrn, die Welten, die er mit Seiner Hand erschaffen hat. Bruder Lambert hat schon die K'mecki getroffen und mit ihnen gesprochen – einen Stamm, der seinen halluzinierenden Kartographen von Wasserloch zu Wasserloch durch die Wüste folgt. Und hatte er selbst nicht auch schon einmal für einen Augenblick etwas gesehen, als er damals sein Muli mit dem Stock die Hänge des Mont Royal hinauftrieb? Eine riesenhafte braune Gestalt, die aus dem Tal vor ihm heraufstieg, einen gigantischen Mann mit menschlicher Körperform? Doch noch während der Bruder erschrocken aufstöhnte und an den Zügeln zerrte, war die Erscheinung verschwunden.
    Sicher, sicher, denkt Bruder Lambert, als er durch die Pforte von S. Sébastien reitet, der Mars ist ein

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