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Sophies Kurs

Titel: Sophies Kurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
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Brunnen führen, Ihr mit ruhmreichen Narben geschmückter Veteran!«
    »Unsinn, Keegheeta, ich kann das Bett nicht mehr verlassen.«
    Der Hohepriester wagt einen letzten Vorstoß. »Dann gebt Befehl, Sire, daß Eure Krieger sie vernichten und ihre Schiffe beschlagnahmen. Unsere Piloten sind die besten in der ganzen Galaxis.«
    »Mögen sie lange und weit reisen, Keegheeta«, wies ihn der Kaiser aller Marsianer zurecht, »aber Hand in Hand mit unseren irdischen Brüdern. Und jetzt wollen wir ruhen. Ich denke, der Steward wird die Kohle für dich schon bereithalten. Ich schätze deinen Rat wie eine Flasche köstlichen Bordeaux. Möge dir bei deiner Abreise die Sonne scheinen.«
    Der Hohepriester rafft seinen Rock und verbeugt sich tief. »Ihr Unbeugsamster aller Monarchen!«
    »Eine Nervensäge, der Mann«, wird der Kaiser sagen, sobald der Priester gegangen ist. Es war wieder einmal der übliche Streit. Beide Männer verabscheuen die blassen Eindringlinge. Aber sie zahlen reichen Tribut und halten das geflügelte Volk nieder. Was zählt da schon, daß sie aus einsamen Dörfern Frauen stehlen? Die Menschen sind den Leuten willkommen, denn sie sind nur einfache Bauern, häßliche Kreaturen in schmutzigen, zerrissenen Kleidern. In diesen Tagen denkt der Kaiser manchmal, daß er alle seine Untertanen nicht mag. Diese ständig kreischenden und jammernden Stimmen, diese gierigen Hände. Er bedauert keineswegs, sie bald verlassen zu müssen. Seine Frauen lächeln, streichen ihm über die Stirn – und richten seine Kissen zum tausendsten Mal.
    Der Hohepriester Keegheeta steigt die Privattreppe vom kaiserlichen Gemach hinunter.
kiiri
flattern vom Dach auf und kreisen krächzend über seinem Kopf, aber er nimmt keine Notiz von ihnen. Er ist unzufrieden mit sich, denn wieder einmal hat er in Gegenwart des Kaisers die Geduld verloren. Er sammelt seine Sklaven um sich, die ihn und die Traufe voller Kohlen, für die er gekommen ist, durch die Straßen tragen, die nun von Eidechsen und Eseln bevölkert werden. Die kleinen weißen Schlangen fliehen vor ihren eiligen Füßen. Die Uferstraße wird von Müßiggängern blockiert, die an der Brüstung lehnen und dem Schwimmbagger zusehen. Der Priester verabscheut dieses Boot. Man sagt, es arbeitet zehnmal so schnell wie ein ganzer Trupp Sklaven. Mit Sicherheit verursacht es zwanzigmal mehr Lärm und Nervenstress. Der Priester befiehlt, die Vorhänge seiner Sänfte herabzulassen.
    Später am Abend kommt Ariak, der Sohn des Kaisers, um seinen Vater zu besuchen. Auch er ist sehr in Gedanken. Er denkt daran, seinen Namen in Henri Ariak zu ändern, will dies seinem Vater aber erst so spät wie möglich mitteilen. Seine Majestät war schon verärgert genug, als er Ariak den modischen ›Zylinderhut‹ tragen sah, und diese neuerliche Ankündigung wird ihn sicher sehr zornig machen. Ariak beschließt wieder einmal, wie schon so oft, ihm noch nichts zu sagen. Statt dessen spricht er von den letzten Meteoreinschlägen weitab am Rand des nördlichen Eises. Die französischen Bergleute reiben sich die Hände und bezeichnen sie als ›Geschenke des Himmels‹. Er erwähnt auch, daß er am Morgen Bruder Lambert in der Nähe der Ställe gesehen hat. Ariak ist beeindruckt von dem Bruder, der so viel Wert auf das Leben der Sklaven legt und sich um die Kranken, Frauen und Kinder kümmert. Er erlaubt seinen Dienern, dem überraschten Terraner alte Kleider und die Reste von Speisen zu geben, nur um zu sehen, wozu dieser sie verwendet.
    »Ich dachte, er sei gekommen, um mich zu sprechen«, röchelt der Kaiser. »Oder war das nur ein Traum? Es war doch jemand hier.« Der Tag erscheint ihm endlos, als ob der Strom der Zeit wie der Kanal versandet sei.
    »Ich würde gern noch einmal die Brücke bei T'reegnava sehen. Laß uns diesen Sommer eine Rundfahrt durch die Königreiche machen, Ariak.« Der Kaiser denkt dabei an die Kurorte am Großen Kanal, an die roten und goldenen Täler, an die Ebenen, durch die das Wasser klar und kalt von Horizont zu Horizont plätschert, Hunderte und Aberhunderte von Meilen weit.
    Sein Sohn starrt ihn an und hält seine Ohren steif aufgerichtet. Dann neigt er den Kopf und sagt: »Eine ausgezeichnete Idee, Ihr Unbeugsamster aller Aufseher.«
    Auf der Spitze des Schwarzen Brunnens kriechen die
kiiri
übereinander. Innerlich bereiten sie sich schon auf die Zeremonie vor. Das Kreischen und Jammern hat begonnen.
     

KAPITEL X
...in dem ich meine
Kleidung wechsle
    In der großen

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