Sophies Kurs
Planet der Träume und seine fremdartige Luft voll von Dingen, die arme, unwissende Sünder verwirren konnten. Er hört sich den Bericht der Schwester an und lauscht auch mit halbem Ohr der zitternden Novizin, denn das ist sein Pflicht. Doch was sie ihm erzählt, ergibt keinen Sinn. Soweit sie das beurteilen kann, hat sie wirklich die Hl. Juliade gesehen. Die Frage ist, ob die HI. Juliade selbst etwas von der Begegnung weiß. Das ist schon eine schwierige Frage, zu schwierig für einen bescheidenen Bruder im Herrn. Bruder Lambert kann nur mit der Novizin beten, ihr ihre Buße auferlegen und sich dann mit Mutter Lachrymata und den Schwestern einen Imbiß gönnen. Sie freuen sich über die Trauben, die er vom Markt mitgebracht hat.
Von S. Sébastien reitet der Bruder auf einem Weg nach Coin Brut, um sich von den Schürfern in den Silberminen ihre abscheulichen Sünden über Unzucht mit den einheimischen Prostituierten beichten zu lassen und ihre falschen Ansichten über die Hölle zu korrigieren.
Viele Arbeiter in den Minen sind Peruvianer. Sie haben ihren ureigenen Aberglauben, was die Vermischung mit den Einheimischen betrifft. Sie haben dem Teufel in der Mine einen Altar aufgestellt, um ihn zu besänftigen. Sie nennen ihn ›Onkel‹ aus Furcht, seinen richtigen Namen auszusprechen. »Wenn Gott oben im Himmel ist«, erklären sie, »muß der ›Onkel‹ tief unter der Oberfläche im Boden sein.«
Müde erinnert Bruder Lambert sie an das Edikt des Heiligen Vaters. Sie nicken, bekreuzigen sich und bedanken sich bei ihm. Aber das ändert nichts. Für sie ist die Hölle eindeutig hier auf diesem kalten, fremden Planeten beheimatet, wo sie sich im Dunkeln neben Engeln mit abgeschnittenen Flügeln abplagen müssen. Unter dem Südpol, so glauben die Schürfer, sind die Seelen der Verdammten siebenhundert Yards tief in Kavernen aus schwarzem Eis gefangen. Bei ihrem Glauben schwören sie, sie hätten sie gehört, jammernd und wimmernd und gotteslästerliche Flüche flüsternd – tief im Boden.
In der Zwischenzeit ist drunten im Palast der Kaiser aller Marsianer mit eigenen theologischen Problemen beschäftigt. Er hat endlich den Hohepriester vorgelassen und trinkt Wasser mit ihm.
»Ihr Gott ist nicht wie unserer, Keegheeta. Er ist weit weg, irgendwo oben im Himmel, wo ihre Schiffe herkommen.«
Der Hohepriester verbeugt sich steif unter seiner hohen Kopfbedeckung, in seinem voluminösen Rock. Er findet das kaiserliche Schlafzimmer zu heiß, die Luft abgestanden und stickig. »Die Kaiserliche Weisheit reicht weit über die Sterne hinaus«, murmelt er. Der Priester ist nicht glücklich über die seltsamen, von den Fremden in Umlauf gebrachten Gerüchte, an denen der Kaiser Gefallen findet. Der Herrscher glaubt zum Beispiel, daß es immer noch wie zu Zeiten seines Ururururgroßvaters riesige Krokodile gibt. Immer noch dieselben Krokodile natürlich. Der Kaiser glaubt, sie leben über ihre Sterblichkeit hinaus fort, existieren auch nach dem Tod weiter. Er glaubt, er wird die Riesenkrokodile – und natürlich auch seinen Ururururgroßvater – sehr bald sehen. Der Hohepriester Keegheeta seinerseits denkt, daß sein Souverän schon unheimlich viele Jahre lebt – so viele, daß seine Haut verwelkt und sein Verstand mit Dunkelheit durchsetzt ist.
Die Lippen des Kaisers bewegen sich wieder – mit Erfolg. »Der Kardinal war schon wieder mit seinen Meßdienern hier«, erinnert er sich. »Er sprach davon, mir die Absolution zu erteilen.«
Der Hohepriester streckt vor Unmut seine Krallen heraus, während die Frauen kichern und mit duftgetränkten Taschentüchern über die kaiserliche Stirn wischen. »Was ist ein ›Sakrament‹, Keegheeta, weißt du das?«
Der Hohepriester reicht einem Sklaven seinen Becher und legt die Hand auf seine Brust. »Sire«, grollt er, »wollt Ihr meinen Rat hören?«
»Du bist schon immer der vernünftigste meiner Diener gewesen, Keegheeta«, krächzt der Kaiser.
»Und Ihr seid der Empfänglichste aller Herrscher«, sagt der Priester. »Ich bitte Euch eindringlich: Laßt Euch nicht von ihnen überreden. Dieses Sakrament besteht nur aus einem ekelhaften Krumen Brot, den sie essen, und einer Mundvoll Wein.«
Der Kaiser streicht seinem Becherpagen über das Haar. »Immerhin ist es Wein, Keegheeta«, meint er langsam. Wein war ein höchst willkommener Teil des terranischen Tributs, neben der Kohle natürlich.
Aber der Hohepriester sagt nein, auch der Wein sei verdorben durch eine sogenannte
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