Sorry
sie, und Wolf kann heraushören, daß sie nicht zum ersten Mal mit einem Gast diskutiert.
– Wie alt sehe ich aus? fragt Kris. Sehe ich aus, als wäre ich sechs?
– Es tut mir leid, wiederholt die Frau, ich kann Sie nicht reinlassen, wenn Sie den Sombrero nicht tragen.
Kris zeigt auf Wolf.
– Sehen Sie meinen Bruder?
Die Frau nickt.
– Sehen Sie, wie bescheuert er mit dem Ding aussieht? Nennen Sie mir einen Grund, warum ich bescheuert aussehen will?
– Weil Sie sonst nicht reinkommen, antwortet die Frau leise und läßt den Satz wie eine Frage klingen.
Wolf lacht los. Kris sieht ihn überrascht an.
– Wieso lachst du?
– Es ist Sombreronacht, sagt Wolf und tippt sich gegen den Sombrero, als würde er einem General salutieren.
– Vergiß es, sagt Kris und will das Restaurant wieder verlassen, Wolf hält ihn zurück.
– Schau mal, sagt er, Tamara ist schon da.
Kris stellt sich auf die Zehenspitzen, jetzt kann er sie auch sehen.
– Geben Sie uns eine Minute, sagt Wolf zu der Frau und zieht Kris zur Seite. Komm schon, tu’s für Tamara. Für sie ist der Abend wichtig. Tu’s für sie und Frauke.
– Was hat Frauke damit zu tun?
– Wir feiern sie heute.
– Frauke ist tot.
– Mensch, Kris, ich weiß, daß Frauke tot ist, trotzdem können wir sie doch feiern. Ich würde dich auch feiern, wenn du tot wärst.
Kris verzieht den Mund.
– Ich hasse mexikanisches Essen.
– Ich weiß.
– Wieso kann sie sich nicht einen Italiener aussuchen oder einen Inder. Wir haben mehr als vierhundert indische Restaurants in Berlin, und sie muß zum Mexikaner?
– Unsere Teigtaschen sind großartig, meldet die Frau sich zu Wort und streckt Kris den Sombrero entgegen. Bitte, nehmen Sie ihn, und ich verspreche auch, Sie müssen nachher nicht bei der Karaoke mitmachen.
Vor Tamara steht ein Cocktail, das Glas ist randvoll mit Eissplittern, und dazwischen glänzen Limettenscheiben. In der Mitte des Tisches steht ein zweiter Cocktail. Auf Tamaras Kopf befindet sich ein roter Papiersom brero. Es ist offensichtlich, daß Tamara sich unwohl fühlt. Als sie Kris und Wolf auf sich zukommen sieht, springt sie vom Tisch auf.
– Weißt du, wie bescheuert wir drei aussehen? sagt Kris zur Begrüßung.
– Ich weiß, antwortet Tamara und zeigt auf die Speisekarte. Wersoll denn auch darauf kommen, daß Metaxa ein mexikanisches Restaurant ist? Kann mir das einer von euch erklären? Metaxa ist doch ein griechischer Weinbrand und kein Kaff in Mexiko.
– Vielleicht war der Laden hier früher ein Grieche, sagt Kris, und der neue Besitzer hatte keine Lust, die Leuchtreklame zu ändern.
– Ja, vielleicht, stimmt Tamara ihm zu. Aber ich wollte zum Griechen und nicht zum Mexikaner.
– Ist der für mich?
Wolf zeigt auf den Cocktail in der Tischmitte.
– Finger weg, der gehört Frauke.
Kris und Wolf sehen sie an.
– Ich weiß, was Frauke trinken würde. Wir sind hier, um sie zu feiern. Also feiern wir sie richtig.
– Kein Problem, sagt Wolf und setzt sich. Kris zögert noch, bevor auch er Platz nimmt. Sein Sombrero ist gelb, der von Wolf blau.
– Wieso kommt ihr so spät? fragt Tamara. Es ist halb sieben, wir waren um sechs verabredet.
Die Brüder haben auf der Fahrt lange diskutiert, was sie Tamara erzählen sollen. Am Ende haben sie beschlossen, nichts zu sagen.
– Uns ist etwas dazwischengekommen, sagt Wolf und schaut schnell in die Karte.
– Tolle Entschuldigung, sagt Tamara.
Kris zeigt auf Wolf.
– Er ist schuld, mich mußt du nicht so ansehen.
Eine Kellnerin bleibt an ihrem Tisch stehen. Sie geben ihre Bestellung auf. Als die Kellnerin wieder gegangen ist, stellt Kris fest, daß sie keinen Sombrero getragen hat.
– Und? sagt Tamara.
Kris nimmt seinen Sombrero ab und zerknüllt ihn. Er läßt ihn auf den Boden fallen, beugt sich vor und macht dasselbe mit den Sombreros seiner Freunde.
– He, ich wollte meinen behalten, beschwert sich Wolf.
– Du kannst dir am Eingang einen zweiten holen, sagt Kris. Ich kann euch jedenfalls nicht ernst nehmen, wenn ihr diese Dinger tragt.
Während sie auf das Essen warten, sprechen sie über Frauke. Und da sehen und hören wir jetzt weg. Denn das ist privat. Wir warten nur noch darauf, daß Wolf sein Glas hebt und sie alle drei auf Frauke anstoßen. Und wir warten auch, bis das Essen kommt und für Frauke eine Portion Enchilada in die Tischmitte gestellt wird. Es ist ein guter Abschied. Mehr müssen wir nicht erfahren.
Drei Stunden später sitzen sie
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