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Sorry

Titel: Sorry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoran Drvenkar
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die Brüder beinahe alles zerstört hätten, bist du dir treu geblieben, und jetzt ist es vorbei. Mehr kann man nicht verlangen.

TEIL VII

danach
    Er spricht von Liebe. Er spricht von der einzigen, wahren Liebe. Und er spricht von dem Leiden. Er sagt, was er auch sage, habe nichts mit seiner Vergangenheit zu tun. Er sagt, als Kind sei ihm die Liebe zum ersten Mal begegnet. Er sagt, ein Mann habe sich seiner angenommen und ihn gezüchtigt. Er sagt es mit einem Lächeln. Er hat vergessen, daß das Jetzt nichts mit der Vergangenheit zu tun hat.
    Der Bodensee ist wie ein Spiegel ohne Grund. Ich sitze mit dem Rücken an den Hinterreifen gelehnt und höre ihn reden. Ich hoffe, daß er einfach stirbt. Daß ihn der Hunger auszehrt. Aber er ist zäh. Er denkt nicht ans Sterben. Er hat Pläne für die Zukunft, wenn das hier alles vorbei ist.
    Er spricht von Schmerz und Nähe und von Hunger und Lust. Er sagt, wenn man das alles in seinem Leben nicht entdeckt hat, dann ist man nicht lebendig. Dabei wartet er darauf, daß ich reagiere. Ich bleibe sitzen und schweige. Ich möchte ihm am liebsten meine Hand in den Mund stec ken und tief in seine Kehle greifen, bis ich sein verdammtes Herz erreiche.
    Ich habe die Hütte nicht gefunden. Ein Campingplatz steht an der Stelle, an der wir vor über sechs Jahren in den Wald abgebogen sind. Ich habe nicht gehalten. Mir kamen die Tränen, so sehr hat es mich getroffen, daß von der Vergangenheit nichts übriggeblieben ist.
    Keine Hütte, keine Erinnerung, alles verblaßt.
    Er sagt, er sehe keinen Grund für Entschuldigungen. Er weiß nicht, wofür er sich entschuldigen soll. Alles basiert auf Instinkt. Das Böse ist der Schatten des Guten, aber keiner denkt daran, daß das Gute vielleicht der Schatten des Bösen sein könnte. Er hustet und will Wasser. Ein sanfter Nieselregen setzt ein, ich halte mein Gesicht nach oben und sehe eine Möwe. Sie landet auf einem derFelsen. Denkt sie? Was denkt sie? Ich wünschte, ich wäre die Möwe. Ich würde nichts denken. Ich wäre einfach nur froh, eine Möwe zu sein.

davor
DER MANN, DER NICHT DA WAR
    Der Raum um ihn herum schimmert weiß und schwarz, als wären sich die Schatten nicht einig, an welche Stelle sie gehörten. Erst nach Minuten läßt das Schimmern nach, die Geräusche dringen zu ihm durch, und er erkennt seine Umgebung.
    Wie dumm, wie dumm, wie - - -
    Er hat eine Vorahnung gehabt und sie ignoriert. Da war ein permanenter Druck auf seiner Brust, während er Fanni ausgrub und zum Ruderboot trug. Er hat es als Euphorie abgetan. Er dachte, er wäre ausgeruht genug. Ignoranz, es war die reinste Ignoranz gegenüber seinem Körper. Zum Glück kam der Blackout erst im Haus der Belzens, nachdem er die Polizei dabei beobachtet hatte, wie sie das leere Grab aushob. Als er Lars Meybach auf dem Villengrundstück stehen sah, wurde die Aufregung zuviel für ihn, und er hatte den zweiten Herzinfarkt innerhalb von vier Jahren. Nur daß dieses Mal sein Herz stehenblieb. Über zwei Minuten saß er leblos auf dem Sessel, die Augen weit geöffnet, der Mund ein atemloser Schlitz.
    Zwei Minuten und dreiundvierzig Sekunden.
     
    Er war mit einem Seufzer wieder in sein Leben zurückgekehrt. Die Farben, das Licht, die Luft, immer wieder die Luft. Er blieb eine ganze Stunde auf dem Sessel sitzen und sog gierig den Sauerstoff ein. Danach schleppte er sich mit viel Mühe zu seinem Wagen. Er wußte, er sollte seinen Arzt sofort anrufen und sich nicht von der Stelle rühren, aber es war sehr wichtig, daß er Abstand zwischen sich und das Haus der Belzens brachte.
    Sein Wagen stand zwei Straßen weit entfernt. Bei jedem Schritt hatte er das Gefühl, daß nichts mehr in seinem Inneren richtig funktionierte und eine einzige falsche Bewegung das Ende bedeuten könnte. Die Haut war dünn wie Klarsichtfolie, das rechteAugenlid zuckte unkontrolliert, und er mußte sich konzentrieren, damit seine Blase sich nicht von allein entleerte. Als er endlich im Wagen saß, rief er seinen Arzt vom Handy aus an und fiel dann in eine gnädige Ohnmacht.
     
    Jetzt liegt er in einem Krankenbett und drückt sich die Hände auf die Brust, als könnten sie alles zusammenhalten. Sein Arzt steht am Fuß ende und fragt, wie es ihm gehe. Er sagt auch:
    – Wir machen ein paar Tests und behalten Sie unter Beobachtung. Wir wissen nicht, wie lange Sie ohne Sauerstoff gewesen sind, deshalb wollen wir kein Risiko eingehen. Geben Sie sich ein, zwei Tage Ruhe, dann können wir mehr sagen.
     
    Aus den

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