Sorry
hält die Tür für dich auf, du gehst an ihm vorbei, die Tür schließt sich mit einem schnalzenden Laut hinter dir, und der Schlag trifft deinen Nacken und wirft dich nach vorn. Du versuchst, Halt an der Wand zu finden, Fichtner tritt dir die Beine weg und packt dich an den Haaren.
– Du kleiner Wichser! zischt er dir ins Ohr und will dein Gesicht gegen den Parkettboden schlagen. Es gelingt dir, einen Arm vor dein Gesicht zu halten, nur deine Nasenspitze ratscht über das Holz.
– Was glaubst du, was du hier tust? Wir haben dich wie ein Familienmitglied behandelt. Wir haben dich aufgenommen und dir gezeigt, was du wert bist, und du kleine miese verfickte Ratte fängst an, uns zu jagen?
Fichtner will dein Gesicht auf dem Boden zerquetschen, dein Arm findet keinen Halt, du drehst den Kopf im letzten Moment, dein Ohr klatscht auf das Holz. Einmal, zweimal. Er drückt dir sein Knie ins Kreuz. Du kommst unter ihm nicht weg, verdammt, beweg dich.
Fichtner atmet in deinen Nacken.
– Wir waren besser zu dir als deine verschissenen Eltern, und das ist dein Dank? Gib mir eine Antwort, du armseliger Wichser. Was hast du Fanni angetan?
Du hörst ihn über dir schluchzen. Wie konntest du nur so dumm sein? Alles war nur eine Farce – die Reue, die Schuldgefühle, die Tränen. Jetzt leidet er, jetzt trauert er. Wie konntest du nur darauf hereinfallen? Was für ein Waschlappen bist du nur? All diese Jahre, und du hast nichts dazugelernt!
Dein Fuß findet die Wand. Die Wut weckt dich, der Haß gibt dir Kraft. Du stößt dich ab, und Fichtner verliert das Gleichgewicht. Er fällt über dich, landet auf deinem Rücken, und seine Finger lösen sich aus deinen Haaren. Er will auf die Beine kommen. DeinHinterkopf schnellt zurück und trifft seine Nase. Es gibt ein krachendes Geräusch. Das Gewicht verschwindet von deinem Rükken. Fichtner rollt durch den Flur und bleibt liegen. Er hat eine Hand im Gesicht, die andere abwehrend erhoben, als könnte er dich aufhalten.
Du kommst auf die Beine, du fühlst dich plötzlich ganz leicht und bleibst vor Fichtner stehen. Er greift nach dir, du brichst ihm den emporgestreckten Arm mit einem einzigen Ruck. Bevor er schreien kann, rammst du ihm deine Faust aufs Nasenbein. Nur noch ein Röcheln ist von ihm zu hören, sein Mund ist voller Blut, er hat keine Kraft mehr, liegt auf dem Rücken und zittert, der gesunde Arm wischt haltlos über den Boden. Du packst ihn am Jakkenkragen und zerrst ihn hinter dir her in das Zimmer.
Danach die Ruhe, danach die Stille.
Du sitzt Fichtner gegenüber auf dem Boden und schaust zu ihm hoch. Sein Blick ist auf die Wand über dir gerichtet, er atmet nicht mehr. Eine angenehme Zufriedenheit erfüllt dich. Du hast deinen Tribut gezahlt und nimmst das Handy aus deiner Jackentasche, um die Nummer der Agentur zu wählen.
– Hallo?
– Ich bin’s, Meybach. Ich hoffe, ich störe nicht.
Schweigen, dann kommt Kris Marrers Stimme. Leise, bedrohlich.
– Sie ist tot, weißt du das?
Für einen Moment hast du keine Ahnung, von wem er redet. Natürlich ist sie tot , willst du erwidern, dann wird dir klar, daß er nicht von Fanni spricht.
– Es macht zwar keinen Spaß, den Dreck für dich wegzumachen, spricht Kris Marrer weiter, aber damit konnte ich bisher leben. Womit ich nicht mehr leben kann, ist Fraukes Tod.
– Es war ein Unfall.
– Und das heißt?
Du sagst ihm, was passiert ist. Du sagst ihm, daß du die Feuerwehr gerufen hast. Und du gibst zu, daß es dir leid tut. Vielleicht hättest du dich nie mit ihr verabreden sollen. Aber es ging nicht anders.
Du verstummst, es fühlt sich an, als hättest du zuviel gesagt. Wieso erklärst du dich eigentlich? Vor wenigen Minuten ist diese meditative Ruhe über dich gekommen, heißt das jetzt etwa, daß du gesprächig wirst?
Kris Marrer schweigt. Du hast Wut und Unglauben erwartet. Irgendwas an ihm ist anders. Du meinst, seine Gedanken spüren zu können. Es sind keine guten Gedanken. Und es ist der falsche Moment, und du bist die falsche Person, mit der er sich über seine Freundin unterhalten sollte.
Du hattest einen Grund anzurufen. Bring es hinter dich.
Du läßt Kris Marrer wissen, daß das hier dein letzter Auftrag ist und du dieselbe Prozedur erwartest. Du entschuldigst dich, daß es am Tag der Beerdigung geschehen müsse, aber es ginge nicht anders. Du sagst es zweimal. Es geht nicht anders. Kris Marrer fragt dich, ob dein Humor immer so pervers sei. Er fragt dich auch, wieso er dir glauben
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