Sorry
keine Ausnahme sein, obwohl Butch verwirrt war. Sundance hatte es nicht nur versäumt, ihm die Papiere zu bringen, er hatte sich auch nicht auf die wiederholten Anrufe zurückgemeldet. Butch machte sich Sorgen. Auch auf der Arbeit wußte niemand, wo er sich aufhielt.
Um zehn nach acht verließ Butch sein Büro und nahm den Fahrstuhl in die Tiefgarage. Er parkte aus und wollte eben rausfahren, als seine Beifahrertür aufgerissen wurde und Sundance einstieg. Butch bremste. Sundance sagte, er solle weiterfahren, also nahm Butch den Fuß von der Bremse und fuhr weiter. An der ersten Ampel sah er Sundance an. Sein Freund war durchgefroren, es war einregnerischer Tag gewesen, das Haar klebte an seinem Kopf wie ein Helm, Speichel war in seinen Mundwinkeln zu weißen Krümeln getrocknet. Butch nahm einen bittersauren Geruch wahr.
– Was ist dir denn - - -
Weiter kam er nicht, denn Sundance packte ihn am Hinterkopf, seine Finger verkrallten sich in seinen Haaren.
– He, mach mal langsam, was ist - - -
– Halt den Mund, sagte Sundance. Halt einfach den Mund, hast du verstanden?
Erst als Butch nickte, ließ Sundance ihn wieder los. Während der restlichen Fahrt wurde nicht mehr gesprochen. Sundance trommelte mit den Füßen auf den Boden, er starrte auf die Straße und wirkte wie überladen. Als Butch einen Parkplatz am Amtsgericht gefunden hatte, dachte er sekundenlang darüber nach, ob er nicht einfach davonrennen sollte. Aber wer rennt schon vor seinem besten Freund davon?
– Wir gehen zu mir, sagte Sundance.
Sie betraten das Mietshaus, gingen die Treppe hoch und betraten Sundance’ Wohnung. In der Küche mußte Butch sich auf einen Stuhl setzen.
– Kann ich jetzt wieder was sagen? fragte er.
– Du kannst.
– Was soll die ganze Scheiße?
Sundance griff unter den Tisch und holte eine Plastiktüte hervor.
– Mach sie auf, sagte er.
Butch sah in die Plastiktüte und schloß die Augen.
Die Nacht wurde lang. Die DVDs lagen die ganze Zeit über wie eine Opfergabe zwischen ihnen auf dem Tisch, während Butch von seiner Sucht erzählte. Er wiederholte sich. Er nannte es immer wieder seine Sucht, und Sundance wurde jedesmal übel, wenn er ihn diese Worte sagen hörte. Als wäre es eine Krankheit, als könnte jeder sich anstecken und sie bekommen. Butch beteuerte, daß er nicht davon wegkam, er hätte alles probiert, aber da war der Hunger.
– Ich bin hungrig danach. Ohne ist mein Leben leer, ohne funktioniere ich nicht richtig.
– Aber es sind Kinder, sagte Sundance.
– Ich weiß doch, daß es Kinder sind, aber ich - - -
– Es sind Kinder! schrie Sundance ihn plötzlich an. Kapierst du das nicht?
Butch begann zu heulen, es war erbärmlich, es war das Traurigste, was Sundance je erlebt hatte. Und er konnte nichts tun. Er konnte rumschreien, er konnte auf den Tisch schlagen, es brachte nichts.
Butch legte ein Versprechen nach dem anderen ab. Er würde sich ändern. Er würde jetzt klarsehen. Er gab zu, daß es ihm schon immer angst gemacht hätte, aber er kam nicht davon weg. Er war nun mal süchtig und hungrig und - - -
Sundance wollte wissen, woher er die Filme hatte.
– Ich bin zufällig darüber gestolpert. Im Internet. Du findest so was überall, wenn du richtig schaust.
– Seit wann?
– Ein, zwei Jahre.
– Seit wann? hakte Sundance nach.
– Drei Jahre, ich schwöre, erst drei Jahre. Vielleicht vier. Ich weiß es nicht mehr genau.
– Du weißt es nicht mehr genau? Wie kannst du mich nur anlügen? Und was soll dieses zufällig darüber gestolpert ? Du findest Kinderpornographie, wenn du richtig suchst, du stolperst nicht mal eben zufällig darüber! Ich will wissen, woher du diesen Dreck hast. Ich will die Adressen. Ich will die exakten Adressen!
Butch senkte den Kopf, er war beschämt, und Sundance hielt diesen Anblick nicht mehr aus. Er wischte die DVDs auf den Boden. Er war kurz davor, den Tisch umzuwerfen, aber was immer er auch tat, die Bilder waren in sein Gedächtnis eingepflanzt und wollten nicht weichen.
Er hatte in zwei der DVDs reingeschaut, insgesamt waren es vierunddreißig gewesen. Kurzfilme. Kinder, die Sex mit Kindern haben. Erwachsene, die Sex mit Kindern haben. Erwachsene, die Sex haben, und Kinder sehen zu und müssen dann mitmachen. Sundance wußte nicht, wohin mit sich. Er wußte, was zu tun war, und er wußte, daß er es nicht tun konnte. Und natürlich stellte Butch genau die Frage.
– Du zeigst mich doch nicht an, oder?
– Wie kannst du mich das nur
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