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SOS Kinderseele: Was die emotionale und soziale Entwicklung unserer Kinder gefährdet - - und was wir dagegen tun können (German Edition)

SOS Kinderseele: Was die emotionale und soziale Entwicklung unserer Kinder gefährdet - - und was wir dagegen tun können (German Edition)

Titel: SOS Kinderseele: Was die emotionale und soziale Entwicklung unserer Kinder gefährdet - - und was wir dagegen tun können (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Winterhoff
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Erlebnissen wie diesem, das er mir in einer langen Mail beschrieb:
    »Die Grundschullehrerin, die das Projekt und die Musikpädagogen vormittags betreut, wies mich darauf hin, dass einer meiner Schüler später noch einmal vorbeikommen wollte, um meine Kontaktdaten zu erfragen, da seine Eltern mich kontaktieren wollten. Ergebnis war eine eMail, in der zu lesen war, dass man besagten Schüler aus dem Instrumental-Unterricht nehmen wolle, dass das Kind die Unterrichtsatmosphäre als bedrückend und beängstigend empfinde und man mit dem Lernergebnis nicht zufrieden sei. Zudem solle ich ihren Sohn nicht weiter auf dieses Thema ansprechen und es dabei belassen. Ich hingegen hatte einen ganz anderen Eindruck von dem Jungen. Er verhielt sich keineswegs verängstigt, sondern eher extrovertiert. Gruppen-Clown wäre vielleicht etwas übertrieben, aber er war zumindest dessen Lehrling. Die Lernerfolge waren, nebenbei erwähnt, völlig in Ordnung und innerhalb des angedachten Ergebnis-Spektrums. Diese eMail und einige kurze Gespräche mit der Klassenlehrerin waren der einzige Austausch, der zu diesem Vorfall stattgefunden hat, was mir für eine Weile ein Gefühl von Ratlosigkeit und einer gewissen Ohnmacht eingebracht hat.«
    Die Vermutung, dass es sich um einen Einzelfall handeln könnte, macht der Pädagoge gleich zunichte:
    »Ich habe in diesem Jahr und in diesem Bereich mehr Konfliktpotenzial erlebt als in den ganzen sechs Jahren meiner noch jungen pädagogischen Laufbahn. Und dabei war nicht unbedingt der Konflikt mit den Kindern das, was Nerven raubte, sondern eher der Austausch mit den Eltern, wenn die ›Lernerfolge‹ ausblieben. Die Betonung liegt auf ›Lernerfolge‹, da allein schon dadurch Diskussionen entstanden, dass heutzutage jede Mutter und jeder Vater offensichtlich genau Bescheid weiß, wie moderne Musikerziehung auszusehen hat und was ihr Kind am Ende des Jahres können muss. Zudem schwang in allen Auseinandersetzungen aufgrund meines Alters immer ein leichter Vorwurf von pädagogischer Inkompetenz mit, da ich ja mit 25 Jahren natürlich noch nicht wissen könne, wie man ein Kind erzieht. Wobei dies, also die allgemeine Erziehung der Kinder, eigentlich ja noch nicht mal meine Aufgabe ist!«
    Solche Beispiele gibt es viele, so gut wie jeder Lehrer kann aus den letzten Jahren vermehrt über Konfrontationen mit Eltern berichten, die bar jeder Vernunft und jeden Maßes sind. Es ist, als ob Lehrer automatisch ein Schild auf der Stirn hätten, auf dem groß und deutlich »Prügelknabe« steht, und als ob eine Wertschätzung des Pädagogen durch die Eltern überhaupt nicht mehr gefragt sei. Salonfähig ist deftige Lehrerschelte längst, spätestens jedoch, seit der ehemalige Bundeskanzler Schröder noch in seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident Lehrer als »faule Säcke« bezeichnete.
    War es also bis vor etwa zwanzig Jahren in der Regel eher der strenge oder manchmal vielleicht auch etwas sonderliche Pauker, der höchstens im Fokus von Schülerstreichen stand, so hat Lehrerkritik heute einen ganz anderen Anstrich. Sie geht von Eltern aus, die jegliche Distanz gegenüber einem anderen erwachsenen Menschen und jeglichen Respekt vor der Persönlichkeit und der fachlichen Kompetenz des Lehrers vermissen lassen.
    Gleichzeitig mit der Distanz und dem Respekt ist auch die normale menschliche Wertschätzung verloren gegangen. Erklären lässt sich diese seltsame Veränderung nur mit der Beziehungsstörung der Symbiose. Wir haben es in der Symbiose mit Eltern zu tun, die buchstäblich für ihr Kind in die Schule gehen und sich daher jedes Mal persönlich angegriffen fühlen, wenn ein Lehrer Kritik übt. Die Rechtschreibschwäche des Sohnes, die Schwierigkeiten in Mathe, mit denen die Tochter zu kämpfen hat und die der Lehrer anmahnt, mutieren so zur Rechtschreibschwäche und zum Matheproblem der Eltern. Der Lehrer scheint der erste Verantwortliche für diese Funktionsstörung zu sein, da er schließlich in der Schule mit dem »Körperteil«, sprich: mit dem Kind, zu tun hat.
    Im zitierten Beispiel des Musikpädagogen spielen die imaginierten und offensichtlich nicht erfüllten Lernerwartungen der Mutter eine Rolle, dazu kommt die unreflektierte Übernahme der Behauptungen ihres Sohnes. Auch diese überprüft die Mutter nicht im sachlichen Gespräch mit dem Lehrer, sondern übernimmt sie einfach, so wie man auch plötzliche Schmerzen in einem Körperteil nicht hinterfragen würde, sondern zum Arzt geht, um

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