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SOS Kinderseele: Was die emotionale und soziale Entwicklung unserer Kinder gefährdet - - und was wir dagegen tun können (German Edition)

SOS Kinderseele: Was die emotionale und soziale Entwicklung unserer Kinder gefährdet - - und was wir dagegen tun können (German Edition)

Titel: SOS Kinderseele: Was die emotionale und soziale Entwicklung unserer Kinder gefährdet - - und was wir dagegen tun können (German Edition)
Autoren: Michael Winterhoff
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sondern handelt. Eigentlich ist das ideal, manche Firma würde sich leitende Angestellte dieses Formats wünschen.
    Allein: Handeln an sich heißt noch nicht, dass tatsächlich Verbesserungen geschaffen werden. Denn hier ist das nicht der Fall. Die Kindergartenleitung stößt aus falsch verstandener Kinderfreundlichkeit ein bewährtes Konzept um. Interessant wäre, von den für die Veränderungen Verantwortlichen zu erfahren, welche Fehlentwicklungen in ihrem Kindergarten denn eigentlich dazu geführt haben, dass so dringend grundlegende Änderungen her mussten. Es ist stark zu vermuten, dass sie diese Frage kaum befriedigend beantworten können. Denn eine Antwort, die dringenden Handlungsbedarf tatsächlich nahelegt, würde ja auch ein schlechtes Licht auf die Arbeit der Erzieherinnen und Erzieher in der Vergangenheit werfen. Das wiederum kann im Grunde nicht stimmen, denn die Mutter erklärte ja mir gegenüber, dass sie mit dem Konzept des Kindergartens bisher sehr zufrieden gewesen sei.
    Um einen noch konkreteren Eindruck zu bekommen, wie sehr sich die Arbeit in Kindergärten verändert hat, möchte ich an dieser Stelle eines der vielen Gespräche, die ich für dieses Buch mit Erzieherinnen und Erziehern sowie Lehrerinnen und Lehrern verschiedener Schulen geführt habe, in Interviewform wiedergeben. Es handelt sich bei meiner Gesprächspartnerin um die Leiterin eines Kindergartens in Norddeutschland. Sie geht mit viel Engagement und Herzblut ihrem Beruf nach, hat aber das Gefühl, dass der Weg, den sie mit Kolleginnen und Kindern gehen möchte, mehr und mehr zur Sackgasse wird.
    In Ihrem Kindergarten ist, wie in jeder anderen Einrichtung auch, immer viel Trubel. Hatten Sie heute schon ein Erlebnis, an das Sie sich besonders erinnern?
    Nun ja, heute gab es mal wieder ein Erlebnis mit einem Mädchen, das uns, seit es in der Einrichtung ist, immer mal wieder durch seine »Spezialität« erstaunt.
    Was ist diese »Spezialität«?
    Es kotzt auf Knopfdruck.
    Bitte?!
    Entschuldigen Sie die derbe Ausdrucksweise, aber ich bin immer noch ziemlich fertig von meinem Arbeitstag, da mag ich manchmal einfach kein Blatt mehr vor den Mund nehmen. Aber es ist tatsächlich wahr: Dieses Kind, ein vierjähriges Mädchen aus gutem Hause, schafft es, sich absichtlich zu übergeben, wenn ihm etwas nicht passt oder es nicht sofort bekommt, was es will.
    Nur im Kindergarten oder auch daheim?
    Wie ich aus Gesprächen mit den Eltern weiß, passiert das auch daheim. Die Sofas und der Boden in diversen Zimmern haben bereits gelitten, und hier in der Einrichtung macht sie es direkt vor die Füße der Erzieherinnen. Als es das erste Mal passierte, konnte ich nicht glauben, was ich sehe, wir haben die Eltern mit dem Kind zum Arzt geschickt, weil wir natürlich von einem Magen-Darm-Infekt ausgegangen sind, auch wenn es vorher keinerlei Krankheitsanzeichen gab. Aber es war kein Infekt. Das Kind schafft es tatsächlich, das auf Knopfdruck zu machen.
    Wie reagieren die Eltern?
    Obwohl das Spielchen daheim auch passiert, war es zunächst so, dass die Kleine den Eltern erzählt hat, sie habe im Kindergarten Probleme mit den Erzieherinnen, wir würden sie ungerecht behandeln, und sie habe sich deshalb übergeben müssen. Daraufhin hatte ich ein sehr unangenehmes Gespräch mit den Eltern, die vollkommen uneinsichtig waren und dem Kindergarten die Schuld am Verhalten ihrer Tochter gaben. Erst als dieses Verhalten sich häufte, auch im Elternhaus, waren die Eltern bereit, sich überhaupt beraten zu lassen. Mittlerweile ist es etwas besser geworden, ich merke aber vor allem dem Vater an, dass es ihm sehr schwerfällt, sich überhaupt in irgendeiner Weise vom Kind abzugrenzen. Da ist sie nach wie vor die Prinzessin, die bestimmt, wo es langgeht.
    Das ist hoffentlich nur ein Ausnahmefall?
    In dieser Form schon, von der generellen Tendenz her sicher nicht. Ich arbeite seit mittlerweile etwa fünfzehn Jahren als Erzieherin und merke ganz deutlich, wie sich die Verhältnisse verschoben haben. Hatten wir zu meiner Anfangszeit im ganzen Kindergarten vielleicht ein oder zwei Kinder mit derartigen Auffälligkeiten, so sind es heute sicherlich mindestens vier pro Gruppe, Tendenz steigend.
    Wie sieht das Konzept in Ihrem Kindergarten aus?
    Wir versuchen, so klassisch wie möglich zu arbeiten. Stammgruppen und Erzieherinnen, die die Arbeit mit den Kindern von sich aus strukturieren und leiten. Ich habe in der Vergangenheit sehr schlechte Erfahrungen mit offenen
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