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Soucy, Gaetan

Soucy, Gaetan

Titel: Soucy, Gaetan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trilogie der Vergebung 02 - Die Vergebung
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du bist, einfach irgendwo verschusselt. Das ist das ganze Geheimnis!«
    Der Offizier ging hinauf in sein Zimmer, um seine Wut und Frustration zu lindern.
    Der Reisende hatte seine Decken sorgfältig gefaltet, die Laken und das Kissen glattgezogen. Hurtubise entdeckte auf dem Sekretär den Bildband The Nazi Tyranny , der noch aufgeschlagen war. Bapaume musste ihn sich angesehen haben. Bilder der Todeslager. Der Offizier blätterte gedankenversunken einige Seiten durch. Holzstücke und Steine in Karren aufeinandergetürmt, ein konfuses Durcheinander aus Schlamm und Abfällen, in dem plötzlich, erschreckend, eine Form zu erkennen war, ein leerer und verzweifelter Blick, Zähne und Knochen, die daran erinnerten, dass all dies, dieser Staub und Dreck einstmals Frauen gewesen waren, und Kinder … Hurtubise ging zum Waschbecken, um sich das Gesicht mit Wasser zu besprenkeln. Die Maus lag tot unter dem Abfluss. Er las sie mit einer angeekelten Grimasse in seinem Taschentuch vom Boden auf. Er lief ziellos umher. Er legte sie schließlich in eine Papiertüte, die der Reisende hinterlassen hatte.
    Die Falle hingegen war nirgends zu finden. Er suchte auf allen Vieren unter Bett und Möbeln. Nicht, dass er der Sache besonders viel Bedeutung beimaß, doch widersprach sie aller Logik, und das bereitete ihm ein gewisses Unbehagen. Neben dem Bein des Sekretärs, eingeklemmt zwischen zwei Parkettleisten, steckte ein dreifach gefaltetes Papier.
    Er überflog den Brief, nicht indiskret, sondern nur um zu sehen, worum es ging. – Mein Liebster, mein geliebter Mann, mein großer unendlicher Fluss … – im Namen unseres Kindes … – und ich glaube, dass Du einen Weg eingeschlagen hast, der nur zu Deiner Zerstörung führen kann … – wenn Du wirklich darauf beharrst, Dich selbst, aus eigener Initiative in den Abgrund stürzen zu wollen … – Aber zurück auch an Deine Arbeit, Louis, an Dein Werk! … – Deine Frau vor Gott, Françoise …
    Hurtubise ließ das Papier in die Tasche gleiten. Bapaume hatte letzten Endes seine Adresse doch nicht hinterlassen. Wie würde er es anstellen, ihm diesen Brief zukommen zu lassen? Der liebe Mann musste ihm die größte Bedeutung beimessen, dass er ihn immerfort bei sich trug. Vielleicht handelte es sich um den allerletzten Brief seiner Frau … Dann sagte sich der Offizier, es würde genügen, ihn zur Basilika Notre-Dame zu schicken. »Zu Händen des Hilfsorganisten.«
    Durch die Dachluke sah er auf die Eisenbahnstrecke. Ihm kam der Gedanke, dass der Gegenstand, der Bapaume aus den Händen gefallen war, vielleicht noch immer dort lag … Der Oberleutnant stieg treppab, griff sich seinen Mantel.
    Er folgte den Bahngleisen. Er hatte keinerlei Mühe, den genauen Ort wiederzufinden. Er durchstreifte mit seinem Blick die Umgebung: niemand, die Landschaft reglos, so kalt, dass Eisennägel vor Kälte schrien. Er bemerkte zuerst zu seinen Füßen, als gelblichen Kiesel auf der Eisenbahnschwelle, einen Zahn. Hurtubise fiel in eine Starre. Die Wurzel war über einen halben Zoll lang. Wie kam dieser Zahn nur hierher? Dann, auf demschneebedeckten Schotter, eine kleine Glaspyramide, die er aufhob. Zusammengekauert untersuchte der Oberleutnant sie: Es war eine Art Prisma. Für Geometrie hatte er von Kindheit an eine Vorliebe gehabt, und er bewunderte die komplexe Struktur aus mehreren einander kreuzenden Flächen. Der Oberleutnant hob das Prisma gegen den Mond, ließ das Licht darin spielen. Eine weitere Verzauberung. Je nach Winkel, in dem man den Gegenstand hielt, schienen eingravierte Buchstaben auf. So das Wort wirklich , das Wort Katastrophe , das Wort nichts . Nach mehreren vergeblichen Versuchen gelang es ihm, den richtigen Brechungswinkel zu finden. Keine Katastrophe kann mich treffen , und dann, nach einem leichten Schwenken des Prismas: denn nichts ist wirklich . Es gelang ihm außerdem, ein Datum zu entziffern: Paris, 8. April 1926 . Und die Initialen: L. B. Hurtubise richtete sich wieder auf. Die Art von Einfällen, die man vielleicht mit zwanzig hat, dachte er, und die einem das Leben schon früh genug austreibt.
    Der Offizier versuchte, vor seinem inneren Auge die Szene zu rekonstruieren. Sein Blick wanderte die Fußspuren vom Bahnhof bis hierher ab, langsam, als folge er den Schritten eines Mannes. Er wiederholte noch einmal die Bewegungen des Reisenden, nahm das Prisma, hob es zum Mond usw., ließ es in den Schnee fallen … Und nunmehr war der Oberleutnant sich in nichts mehr sicher.

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