Soul Kitchen
Verlobte.«
Vassiliki lachte. Sie redeten noch lange, als die Boote schon im Hafen lagen, und verabredeten sich für später bei ihrer Mutter.
Tante Eleni stand vor dem Haus in der Gasse, sie aß Grieskuchen und schaute grimmig.
»Was machst du, Zinos?«
»Leben.«
»Leben? Das macht man nicht. Leben ist das, was sowieso passiert. Dummer Junge! Was hast du die ganze Nacht mit diesem Mädchen zu tun gehabt?«
»Woher weißt du das?«
»Das spielt keine Rolle. Was soll das, du suchst dir keine Arbeit, aber lässt dir wieder das Herz brechen!«
»Sie bricht mir nicht das Herz, wir sind verlobt!«
Tante Eleni schüttelte den Kopf und machte eine Geste, dass Zinos sofort ins Haus kommen sollte.
»Zinos, du kennst dieses Mädchen nicht.«
»Früher hat man sich hier verlobt, ohne sich vorher gesehen zu haben!«
»Ich nicht, ich liebte Dimosthenis, weil ich ihn kannte.«
»Wie lange?«
»Das geht dich nichts an! Hat Vassiliki dir einen Brief geschrieben?«
»Nein!«
»Dann bitte sie darum. Bitte sie darum, ihre Gefühle aufzuschreiben! Mit Unterschrift!«
»Tante, ich bin kein Baby!«
»Was ist mit Arbeit, wann suchst du dir Arbeit?«
»Vassiliki kennt Leute auf Kreta. Da ist eine Disco, sie brauchen immer Leute, selbst in der Nachsaison. Sie kennt den Barchef. Bald fährt sie rüber und organisiert alles, und ich fahre noch mal nach Hamburg, um ein paar Sachen zu regeln und Illias zu treffen.«
»Du bist doch verrückt – Dionysos ist in deinem Kopf! Aber gut, wenn du nicht bei mir wohnst, kannst du machen, was du willst. Kreta! Das ist doch kein Leben – unter Touristen!«
Bei Vassilikis Mutter wurde Zinos freundlicher begrüßt.
»Warum hast du deine Tante nicht mitgebracht? Ich habe so viel Rindfleisch. Und ich habe ihre kandierten Kirschen im Haus.«
»Ihr war nicht wohl heute – zu viel Sonne!«
»Aber sie geht doch nie an den Strand?«
»Ja, deswegen! Bumm, es hat sie umgehauen.«
Sie aßen Sofrito, mit so viel Knoblauch, wie es Zinos’ Mutter nie gemacht hätte. Ein Foto von Vassilikis Vater hing in einem Goldrahmen neben ein paar Heiligen.
In dieser Nacht ging Zinos nach Hause, er wollte Tante Eleni nicht noch mehr verärgern. Die nächsten Tage verbrachte er mit Vassiliki in der Bucht.
An Zinos’ Geburtstag Ende August ging Vassiliki sogar mit ihm in die Taverne. Ein paar Tage später nahm sie die Fähre nach Kreta. Sie würde dort ein Apartment mieten und Arbeit für beide besorgen. Sie verabredeten, sich in spätestes einem Monat wieder auf der Insel zu treffen.
Auf M. war es auch Ende September noch heiß. Zinos hatte sein Boot gestrichen und stand nun verschwitzt vor Tante Elenis Haus. Sie schien auf ihn zu warten, stand dort mit ernster Miene und verschränkten Armen.
»Was ist los?«, fragte er.
»Komm rein. Ich habe dir ein Omelette mit Garnelen gemacht!«, sagte sie streng.
»Seit wann gibt’s denn so was?«
»Etwas Neues auszuprobieren ist eine gute Medizin gegen die Wut!«
»Bist du wütend auf mich?«
»Iss erst mal.«
Zinos schlang das Omelette in sich hinein. Als er den letzten Bissen auf der Gabel hatte, nahm sie sofort den Teller weg und legte einen Briefumschlag vor ihn auf den Tisch.
»Der Brief einer Frau«, sagte Tante Eleni sehr ernst.
Zinos grinste.
»Von dir an mich?
Tante Eleni sah ihn finster an und schüttelte den Kopf.
Obwohl der Brieffest verschlossen war, schien Tante Eleni zu wissen, was darin stand. Zinos drehte den Brief um: VASSILIKI stand auf der anderen Seite, keine Adresse. Der Poststempel war von Kreta.
»Ich mache einen Spaziergang«, sagte Tante Eleni. Als die Tür zuschlug, öffnete Zinos den Umschlag. Er ließ den Brief noch eine Weile liegen. Es war nur eine Seite, und auf der stand nicht besonders viel.
Lieber Zinos,
du wirst mich vielleicht nicht verstehen, denn ich versteh mich selbst nicht. Aber hier auf Kreta habe ich gefunden, wonach ich suchte, ohne zu wissen, dass ich es suchte. Das klingt verrückt, und das ist es auch. Das Leben ist verrückt!!! Vassiliki ist verrückt!!!
Die Disco gehört jetzt Alexandrios. Ich kenne ihn von früher. Er ist aus Athen und hat ein paar Mal auf M. Urlaub gemacht, Ich kann hier Musik auflegen und bin ich selbst wie noch nie!!! Ich werde dich nie vergessen und die Zeit in der Bucht. Aber ich liebe jetzt Alexandrios. Such mich nicht. Vergiss mich.
Mach’s gut,
Vassiliki
P.S.: Grüß Katerina von mir.
Zinos ging in das Zimmer ohne Fenster, um zu heulen. Am nächsten Tag saß er den
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