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Soul Kitchen

Soul Kitchen

Titel: Soul Kitchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmin Ramadan
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geschrieben hat.«
    »Warum?«
    »Vergiss nicht meine Worte, dann wirst du verstehen, Zinos.«
    »Man darf sich nur in Frauen verlieben, die einem mal einen Brief geschrieben haben?«
    »So ist es, Junge!«
    »Nein, Tante, so war das früher.«
    »Glaubst du mir nicht?!«
    »Doch, Tante.
    »Also, was willst du hier auf der Insel? Du kannst bei mir wohnen, ich will kein Geld von dir. Aber ein Mensch muss arbeiten, du kannst nicht ein Leben lang um die Inseln rudern, so wie die komischen Leute mit den großen Rucksäcken.«
    »Warum nicht?
    »Wenn man das Leben nicht ernst nimmt, hat man auch keine Freuden.«
    »Aber ich nehm alles zu ernst, Tante.«
    »Du kannst bei mir bleiben, solange du willst – wenn du dir eine Arbeit suchst.«
    »Aber hier gibt’s nicht viel zum arbeiten. Alles, was man hier machen kann, übernehmen die Leute von hier, und zwar so lange, bis sie tot sind.«
    Tante Eleni lächelte.
    »Willst du mich loswerden, Tante?«
    »Wie kann so ein Gedanke in deinem Kopf herumspuken, an diesem Abend in dieser schönen Luft?«
    Angelos schenkte Ouzo nach und setzte sich zu ihnen an den Tisch.
    »Angelos, brauchst du eine Aushilfe?«, fragte Zinos.
    »Dann würde ich hier nicht sitzen«, sagte Angelos und gab Zinos eine Zigarette, bevor er sich selbst eine ansteckte.
    Als Zinos betrunken im Bett lag, war er sicher, einen Sonnenstich zu haben. Tante Eleni hatte recht. Was sollte bloß aus ihm werden?
    Am nächsten Tag war Vassiliki nicht am Hafen. Zinos ging rüber ins Kafenion und erkundigte sich bei Hermes nach ihr.
    »Ach, die!«, winkte er ab.
    »Was ist denn mit ihr?«
    »Sie ist keine gute Tochter der Insel!«
    Hermes griff nach seinem großen Schlüsselbund und ließ ihn durch die Finger gleiten wie einen Rosenkranz.
    »Was hat sie denn angestellt?«
    »Alles. Nur nicht geheiratet.«
    »Ich mag selbstständige Frauen!«
    » Frauen ...«, Hermes schnaufte verächtlich.
    Wissend lehnte er sich nach vorne über den Tisch zu Zinos, schob die Schale Pistazien hin und her und flüsterte:
    »Ihr Vater ist vor ein paar Jahren gestorben, frag nicht, wie. Es ging ihm nicht gut, das muss reichen. Er ist monatelang nicht ins Kafenion gekommen, dann war er tot. Aber er war nicht krank, und er hatte keinen Unfall. Also, frag mich nicht.«
    »Hat er sich ...«
    »Pscht!«
    Hermes legte den Zeigefinger auf den Mund.
    »Ich sage dir: Er ist in den Eukalyptuswald gegangen und nicht wiedergekommen!«
    »Vielleicht hat ihn eine Wespe gestochen, und er hatte einen allergischen Schock.«
    »Das kannst du denken.«
    »Und was wurde mit seiner Familie?«
    »Ihre Mutter geht Kirschen pflücken, die Brüder haben geheiratet, auf dem Festland. Sie schicken Geld. Vassiliki lebt überall und nirgends. Alle paar Wochen besucht sie ihre Mutter. Und macht ihre Geschäfte an unserem Strand. Wir sehen das nicht gern.«
    Hermes legte den Schlüsselbund auf den Tisch, zündete sich eine Filterlose an, zog kräftig daran und sagte:
    »Sie macht Sachen!«
    Das Telefon klingelte.
    »Es ist für dich!«, sagte Hermes, drückte seine halb gerauchte Zigarette aus und zündete sich die nächste an.
    »Woher weißt du, dass es für mich ist?«
    »Niemand ruft mich um die Zeit an. Außer es ist jemand gestorben, und es ist niemand gestorben, denn sonst wüsste ich es, bevor das Telefon klingelt.«
    Zinos ging nach hinten, die Treppe hoch, Hermes’ Frau hielt ihm schon den Hörer entgegen.
    »Zinos! Olli hier! Ich hab deine Bude vermietet! Und jetzt pass auf– an ein Model, ein riesiges blondes Model aus Südafrika. Und sie ist nett!«
    »Nett?«
    »Ja, nett. Und so schön, da brauchst du dir um die Miete keine Sorgen machen.«
    »Wie lange will sie bleiben?«
    »So lange, wie in Hamburg was läuft! Und sie hat bald ein Vorsprechen in den Staaten. Wenn’s klappt, sattelt sie die Pferde. Eigentlich wäre Charlize nämlich lieber Schauspielerin.
    »Grüß sie von mir. Und schick mir nur einen Teil des Geldes, den Rest überweist du auf mein Konto, alles klar?«
    »Mach ich, Alter!«
    Später ruderte Zinos wieder zur Bucht. Der Whiskey war fort, und die Schildkröte traf er auch nicht an. Er schwamm jetzt jeden Tag weit raus und legte sich auf den Rücken; das Meer war ruhig.
    Bei Sevastiana tauschte er eine alte Sonnenbrille gegen eine noch ältere Taucherbrille. Nach etwa einer Minute lief sie mit Wasser voll. Er drückte die Brille mit beiden Händen aufs Gesicht und strampelte in die Tiefe. Doch Zinos fürchtete sich vor der Dunkelheit und

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