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Soul Kitchen

Soul Kitchen

Titel: Soul Kitchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmin Ramadan
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er nun jeden Tag dran vorbei, wenn er von seinem Date mit der Lederjacke kam. Er blickte dabei nicht auf, er wollte nur, dass man ihn sah. Wenn Udo wollte, konnte er ja rauskommen und nach ihm rufen.
    Olli war nach Berlin gezogen. Nebenan wohnte nun ein Gitarrist. Stairway to heaven und Wish you where here brachten Zinos ständig zum Heulen.
    Er ernährte sich von Tiefkühlpizza, Mais aus der Dose, Marshmallows, Nudeln mit Ketchup und Fischstäbchen. Die Lederjacke hatte er sich schon länger nicht mehr angesehen. Auf seinem Konto waren noch etwa zwanzig Mark; bald war Weihnachten.
    Er sah sich König der Löwen an. Es war eiskalt draußen, Montagnachmittag. Er saß allein in der ersten Reihe, der Kinderlärm hinter ihm verstummte. Nachdem der Film zu Ende war, blieb er als einziger sitzen, bis es hell wurde, und starrte auf den Vorhang. Der kleine Löwe war nun der König, und alles war gut.
    Zinos schlenderte durch die Gänge des Kinos. Er fand eine halb volle Tüte Popkorn auf dem Boden. Gierig begann er zu essen, dann schleuderte er die Tüte in einen Mülleimer und verließ das Kino.
    Zinos klingelte bei der Villa von Kathinkas Eltern, Jadwiga öffnete und berichtete, dass zwischen Illias und Kathinka Schluss und Kathinka mit ihren Eltern auf den Kanaren sei. Die Disco, deren Clubkarte noch immer in seinem Portemonnaie steckte, hatte plötzlich dichtgemacht. Zinos las in der Zeitung, dass Prostituierte und Dealer dort Geschäfte machten und auf den Toiletten minderjährige Mädchen beim Koksen erwischt wurden.
    Zwei Tage vor Weihnachten ging Zinos nach der Schicht am Glühweinstand, wo er aushilfsweise arbeitete, ins Schanzenviertel, in eine Bar namens Le Fonque. Diese Bar hatte Illias mal erwähnt.
    Zinos setzte sich in der engen, rot beleuchteten Bar an den Tresen. Er trank ein Glas Rotwein, das nach dem ganzen Glühwein ziemlich lasch wirkte. Das hübsche Mädchen hinterm Tresen gab ihm ein paar kurze White Russian aus – wegen Weihnachten. Bootsie Collins sang I’d rather be with you. Zinos torkelte nach nebenan in die Flora, wo eine Dubparty stieg, die das ganze Schulterblatt vibrieren ließ. Die Bässe dröhnten wirklich so laut, dass die Wände wackelten. Es war voll, und plötzlich, als Zinos schon eine Ewigkeit tanzte, stürmte ein Mädchen aus der Menge der Tanzenden auf ihn zu. Sie war stark geschminkt, die Wimperntusche verwischt.
    »Willst du kiffen?!«
    Erst jetzt erkannte er Kathinka. Sie trug eine blaue Perücke.
    »Hallo, Kathinka, ich dachte, du bist auf den Kanaren.«
    »Ich bin heute zurückgekommen, ich hasse Dinge wie gutes Wetter oder meine Eltern an Weihnachten!«
    »Weißt du, wo mein Bruder ist?«
    »Zum Glück nicht! Kommst du mit raus?«
    Sie rauchten auf der Treppe einen Joint; es schneite. Kathinka trug ein kurzes weißes Wollkleid, eine Bomberjacke, eine Netzstrumpfhose, dazu Doc Martens. Sie hatte ein Piercing in der Nase, das nicht zu ihr passte. Sie strahlte ihn an. Zinos dachte an Vassiliki, Kathinka küsste ihn. Eine Weile machte er nichts, außer die Lippen ein bisschen zu öffnen. Plötzlich war es in Ordnung, dass bald Weihnachten war, dass es so kalt war, dass man seine Finger kaum noch spürte.
    Er schloss die Augen, zog Kathinka an sich und küsste sie auch. Der Wein, die Kurzen im Le Fonque, ein paar Bier in der Flora, die Züge vom Joint und Zungenküsse mit der Ex seines Bruders. Alles drehte sich, er glaubte, kotzen zu müssen, öffnete die Augen, der Schwindel verging.
    »Kathinka, hören wir auf, das geht nicht, du warst mit Illias zusammen. Ich fühl mich beschissen deswegen. Ich kann solche Dinger nicht machen.«
    »Weißt du, was der für krumme Dinger macht?«
    »Nicht so genau, aber das spielt auch keine Rolle, ich mach nichts mit der Ex meines Bruders.«
    Kathinka sagte eine Weile nichts und dann etwas zu laut:
    »Er plante irgendein ganz großes Ding und meinte, er will finanziell für immer unabhängig sein. Außerdem hat er gespielt – gewettet und so. Ich war ihm egal, der ist nur in seine Geschäfte verknallt.«
    »Hat er dich betrogen?«
    »Und wie! Und dann war er weg, hat Jadwiga gesagt, sie soll es mir stecken. Also, du kannst mich ruhig küssen.«
    Affektiert hielt sie ihm einen Kussmund entgegen und plinkerte mit den Augen.
    »Lass das. Er ist mein Bruder. Und außerdem will ich niemanden küssen, ich bin nicht hinweg über ein anderes Mädchen.«
    »Ist mir egal, wenn du an sie denkst und mich küsst.« Sie kramte einen dunklen Konturenstift

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