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Soul Kitchen

Soul Kitchen

Titel: Soul Kitchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmin Ramadan
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andere Sorgen, als in solchen Läden abzuhängen, ich brauch ’nen Job, ’n Ziel. Ich muss irgendwas machen.«
    »Mach Geschäfte mit mir, ich hab da was laufen mit Wetten und so ...
    »Vergiss es, ich will einen Job, Ordnung, ich hab keinen Bock auf dein Leben.«
    »Was hast du gegen mich? Ich hab immer auf dich aufgepasst! Ich brech jeden ab, der dir im Weg steht!«
    Er machte eine Faust, hielt sie Zinos vors Gesicht und fuhr fort:
    »Wenn man sein Leben nicht in der Hand hat, kann man auch andere nicht in der Hand haben – weder als Guter noch als Böser! Pass meinetwegen selber auf dich auf, mach ma, bin gespannt wie ein Flitzebogen!«
    »Illias, ich wollte dich nicht beleidigen. Du bist du, und ich bin anders. Ich muss mein eigenes Ding machen. Ich hab dich immer angehimmelt.«
    »Weiß ich doch, Zinos. Weiß ich doch. Kann man verstehen, ich bin ja auch ’n smarter Typ, ne. Aber noch ein Tip, Zini, äh, Zinos: Such dir mal einen Job, wo man sich die Muschis aussuchen kann: Schauspieler, Rockstar, Saxofonist, Modelagent, Staatsanwalt, was weiß ich! Guck mal, egal, was ich gerade mache: Ich bin von Hauptberuf Chef! Und so musst du das auch machen. Und hör bloß auf mit Mathe, werd nicht der Matheman oder so. Oder willst du studieren oder was?«
    »Ich hab nicht mal Abi gemacht.«
    »Wie das?«
    »Mir ging’s nicht so gut.«
    »Und geht es dir jetzt besser, Zinos?«
    »Geht so. Darum muss ich jetzt auch los. Ich muss mich darum kümmern, dass es mir besser geht, Illias. Und du, pass lieber auf deine Verlobte auf– die ist total fertig.«
    »Ich weiß. Ich glaub, ich mach Schluss. Die isst manchmal ’n ganzen Tag nichts. Ich kann Frauen, die nicht essen, nicht ab. Und außerdem gibt es da so ’ne andere, ’ne richtige Perle, hast du die gesehen? Die stand neben uns am Tresen. Da bin ich schon seit Wochen dran.«
    »Mach erst mal mit Kathinka Schluss, bleib sauber. Ich will los jetzt. Meine Adresse hast du ja.«
    Sie umarmten sich, klopften einander auf den Rücken. Illias gab ihm zum Abschied die Clubkarte der Disco.
    Einige Tage später fand Zinos einen Umschlag in seinem Briefkasten mit fünfhundert Mark. Ohne irgendeinen Kommentar; Illias vermied es eben, Dinge zu tun, die er nicht konnte. Zinos zahlte das Geld auf sein Konto ein. Er wollte es sparen, denn er hatte etwas entdeckt, dessen Besitz sein ganzes Leben verändern würde.
    Jeder Mann brauchte zu einem Zeitpunkt seines Lebens die richtige Lederjacke. Und dieser Zeitpunkt war nun in Zinos’ Leben gekommen. Und vor einigen Tagen sah er sie, in einem Schaufenster am Jungfernstieg: eine Lederjacke mit Fellkragen. Zinos hatte sich nie besonders viele Gedanken um seine Kleidung gemacht, aber diese Jacke erinnerte ihn an Sylvester Stallone, Al Pacino, Robert De Niro, Prince! Sie alle würden diese Jacke tragen, sie alle hatten irgendwann so eine Jacke getragen. Die Jacke kostete fast tausend Mark. Wenn er diese Jacke hätte, würde er an Paveses Pizza-Palast vorbeigehen. Jeden Tag! Und egal, wo er nach einem Job fragen würde, welches Mädchen er ansprach, diese Jacke würde alles Unheil von ihm abwenden. Es würde nichts ausmachen, in dieser Jacke zu scheitern. Auch sein Vater hatte eine ähnliche Lederjacke besessen, auf die er ein paar Jahre zu jeder Gelegenheit bestand. Als Zinos und Illias nach einer solchen Jacke bettelten, bekamen sie Kunstlederblazer von C&A, die so ähnlich rochen wie die Zutaten von Zinos’ Chemiebaukasten. Zinos wollte nur diese eine mit dem Fellkragen, der ihn sogar in der Eiswüste wärmen würde.
    Jeden Tag, wenn er sich eigentlich einen Job suchen wollte, ging er stattdessen zum Jungfernstieg und rauchte mindestens eine Zigarette vor dem Schaufenster. Er stellte sich vor, wie das schwarze Leder roch, und wie die Jacke sich anfühlte, der weiche Kragen, die Knöpfe, die Nähte, das Innenfutter, die Seide der Taschen. Die adretten Damen, die in dem Laden arbeiteten, tuschelten jedes Mal, wenn Zinos in seiner fleckigen Kapuzenjacke bibbernd vor dem Laden ausharrte. Bald hatte er kein Geld mehr für Zigaretten. Er ging trotzdem noch zum Schaufenster und blieb eine Weile mit den Händen in den Taschen seiner Jeans davor stehen.
    Zinos wurde klar, dass er niemals zu irgendeiner neuen Jacke kommen würde, wenn er sich keinen Job suchte.
    Er hätte gern wieder im Pizza-Palast gearbeitet, aber eine Abfuhr von Udo würde er – ohne die Lederjacke – nicht ertragen.
    Da der Pizza-Palast in der Nähe seiner Wohnung lag, ging

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