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Soul Kitchen

Soul Kitchen

Titel: Soul Kitchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmin Ramadan
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geglättet. Dagoberto gab sie ihm nicht zurück, er ließ sie hinter Zinos verschwinden und zog dann ein paar Geldscheine aus seinem T-Shirt-Kragen, dass es kitzelte.
    »Do you pay now or later?«
    Zinos suchte sein Portemonnaie, sein Geld war weg, es befand sich in der Hand von Dagoberto. Auch sein Ausweis war nicht mehr da; Dagoberto wedelte damit herum und lachte schallend. Er entschuldigte sich höflich bei Zinos und bestand darauf, ihm seine Sachen nach oben zu tragen. Auf dem Weg über die lange Wendeltreppe sagte Dagoberto, dass man hier frühstücken könnte, aber nur an den Glückstagen. Nachdem er das gesagt hatte, drehte er sich um und lächelte so falsch, dass Zinos sich nicht traute, nach den genauen Glückstagen zu fragen.
    Das Hotel war auch innen satt verziert, das Treppengeländer golden, Engelsfiguren standen herum, aber es war wohl seit einer Weile nicht renoviert worden. Überall, wo Farbe abblätterte oder die mit Ranken gemusterten Tapeten eingerissen waren, standen Pflanzen in gold lackierten Blumenkübeln davor.
    In Zinos’ Zimmer waren die schweren Gardinen zugezogen und die Nachttischlampe brannte. Er legte sich auf das Bett, die Bettwäsche roch nach Raumspray Grüner Apfel, er löschte das Licht und schlief ein.
    Ein Meer von Kakerlaken trieb in seinem Traum wie auf dem Meer dahin, sie machten einen fiependen Lärm, der in tosendes Gesumm überging, es knackte und zischte, sie zerbrachen, und es schlüpften Tausende leuchtend blauer Schmetterlinge, die in den Himmel flatterten und das Meer schwarz zurückließen. In dieses Meer tauchte Zinos ein, so tief er konnte; er sah eine Schildkröte, sie war weit weg, schwamm an die Oberfläche. Zinos konnte sich nicht mehr bewegen, er würde ertrinken – und wachte auf. Es war hell, die Gardinen offen, ein blauer Käfer flüchtete unters Bett. Zinos schaute nach, er war nirgends zu entdecken, nur ein paar Löcher im Fußboden.
    Zinos wusste nicht, wie spät es war, er fand sein Handy, es funktionierte wieder. Es war früher Nachmittag. Er versuchte Illias anzurufen, aber es tönte schon vorzeitig ein Besetztzeichen. Als er an der Rezeption seinen Schlüssel abgeben wollte, stand niemand dahinter. Er ging hinaus und wieder hinein, sodass der Gong ertönte. Eine bildschöne Frau in einem engen grauen Kostüm tauchte auf. Über ihrem Busen prangte ein zu großes Namensschild in Gold, das aussah wie ein Türschild: GLADYS stand darauf. Ihre Lippen waren violett und herzförmig. Sie nahm seinen Schlüssel entgegen, Zinos sah einen Ehering, sie machte ein Polaroid von ihm. Zinos fragte:
    »Is there an Internet Café in town?«
    »Si, in the Country Club!« , hauchte Gladys und machte einen Schmollmund.
    »Country Club? Where is it?«
    Sie erklärte ihm den Weg, dabei öffnete sie die oberen Knöpfe ihrer Bluse, bis man den ebenfalls violetten BH sah. Zinos merkte, wie hungrig er war; bei jedem Knopf, den sie öffnete, wuchs sein Hunger. Er fragte, ob es Frühstück gebe, sie verneinte lachend und sagte, dass man im Country Club günstig essen könne.
    Kaum war er ein paar Schritte gegangen, fiel er in ein riesiges Loch mitten auf dem Bürgersteig, die Hose war aufgerissen und ein Knie blutete stark.
    Ein alter Mann mit Dreadlocks eilte auf ihn zu, er trug ein Kreuz aus Plexiglas um den Hals. Er half Zinos wieder auf. Zinos sah, dass er goldene Flip-Flops mit Strasssteinchen trug; die gleichen hatte seine Mutter, das einzig Extravagante, das er je an seiner Mutter gesehen hatte. Der Mann mit den Flip-Flops seiner Mutter nahm ihn mit in eine Hütte am Straßenrand, die ganz von Blumen umwachsen war. Er stellte sich als Dionisio vor, reichte Zinos eine alt aussehende Flasche Rum und wies ihn an, daraus zu trinken. Als Zinos trank, drückte Dionisio ein nasses Tuch auf die Wunde. Zinos brüllte wegen des Brennens, da schmierte Dionisio eine braune Paste drauf. Der Schmerz wurde für einen Moment größer, veränderte sich zu einem Ziehen, es folgte unerträglicher Juckreiz, doch noch bevor Zinos sich kratzen konnte, spürte er nichts mehr, und es ging ihm gut. Das Zeug auf seinem Knie roch merkwürdig nach Huhn. Zinos leckte daran, und ja, es schmeckte auch nach Huhn.
    Der Country Club war eine Westernbar mit Schwingtüren, einer Einrichtung wie aus einem Filmfundus. Der Barmann trug einen Cowboyhut. Es gab Hamburger und Pfannkuchen mit süßen und salzigen Soßen, auch gebratene grüne Bananen in Scheiben, dazu kleine Fische. Zinos bestellte Huhn und

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