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Soul Kitchen

Soul Kitchen

Titel: Soul Kitchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmin Ramadan
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Geil, Mann, nicht zu glauben, einer aus Deutschland! Die wagen sich hier sonst gar nicht her! Hast du Hunger, willst du Döner-macht-schöner, Kollege?«
    »Nee, ich hatte schon Huhn! Ich brauche unbedingt Arbeit, und Denver aus dem Country Club hat mir gesagt, in Arrope gebe es gute Arbeit für einen wie mich.«
    »Das stimmt, nur hinkommen musst du.«
    »Und wie?«
    »Manche von den Rucksacktourist kaufen sich in Metido ein altes Motorrad, um nach Arrope zu fahren. Aber von denen kommt selten jemand an. Einige tauchen nach Jahren wieder auf – als Vampire oder Zombies. Die Zombies und die meisten Vampire von hier sind eigentlich ganz friedlich. Ein paar richtig schöne Frauen sind dabei, Knüller-Bitches. Die Zombietanten schlafen leider immer ein.«
    »Du verarschst mich doch!«
    »Mach ich nicht! Ich sag dir was: Es kann sein, dass du von dieser Seite der Insel auf die Fresse kriegst, das ist dann der Preis, den du fürs Paradies zahlen musst. Immerhin hast du es bis hier schon heil geschafft. Ich fahr dich nach Arrope. Hast du Geld?«
    »Nur noch siebzigtausend Perdición.«
    »Alles klar, scheiß drauf, ich muss da sowieso einmal im Monat hin, Geschäfte, dann fahr ich diesmal eben zweimal im Monat. Das Leben in Arrope ist nicht teuer, man kommt gar nicht dazu, das, was man verdient, auszugeben.«
    »Das kommt mir bekannt vor. Ich hab bis vor Kurzem auf ’nem Schiff gearbeitet. Hat nicht so ganz hingehauen, der Plan.«
    »Weil du mittendrin von Bord gegangen bist?«
    »Bingo.«
    »Warum?«
    »Ach, wegen ’ner Nutte und ’nem Chefkoch, der mich killen wollte!«
    »Hey, hey, hey!, scheinst doch ganz wacker zu sein. Kannst du heute Nacht wiederkommen. Ich mache um zehn den Laden zu, dann muss ich noch ein paar Dinge regeln, dann können wir um Mitternacht los. Bist du Grieche, Alter?«
    »Ja, was dagegen?«
    »Quatsch, auf Adios hab ich gelernt, was Rassismus ist, die hassen sich, weil einer ein bisschen heller oder dunkler ist als der andere und die einen noch ärmer als die anderen. Ich bleibe in der Stadt, wenn man die Regeln kennt, überlebt man, und das ganz gut. Schon wegen des scharfen Hühnchens geh ich hier nie weg. Wie heißt du eigentlich?«
    »Zinos. Warum lebst du nicht in Arrope?«
    »Jedes Paradies hat ein paar Palmen, die zu groß sind und zu viel Schatten werfen – und zu große Kokosnüsse. Erst denkst du, Wow, und dann stehst du im falschen Moment drunter! Du verstehst? Ich bleib lieber in der Stadt, und wenn ich Pause machen will, fahr ich in den Pinienwald, da riecht es gut, sag ich dir.«
    Özmen lachte plötzlich, als wäre alles nur ein Witz. Zinos sagte:
    »Ich steh auf Palmen, und wenn mir ne Nuss auf den Kopf fällt, ist das doch ein schöner Tod.«
    »Was auch immer, ich muss jetzt weiterarbeiten. Wir können uns ja später unterhalten. Ich fahr dich nach Arrope. Ich hab dir jetzt vielleicht zu viel erzählt, Kollege, erzähl es nicht weiter, vielleicht bin ich einfach nur ein Spinner. Ein Dönerladen in der Karibik! Ich bin total verrückt! Und reich!«
    Wieder lachte Özmen; diesmal sah Zinos seine goldenen Backenzähne.
    Zinos lief lange durch die Stadt, er fand sein Hotel erst, kurz bevor es dunkel wurde. Er hatte nicht mal ausgepackt. Da er bei Dagoberto für die Zeit seines Aufenthaltes bereits bezahlt hatte, verzichtete er darauf, sich zu verabschieden. Doch als er die Rezeption kurz vor Mittemacht passierte, blitzte es, und Dagoberto drückte Zinos das letzte Polaroid in die Hand. Zinos sah auf dem Foto müde aus, die Haut war kaum noch von der Sonne gebräunt, die Augen halb geschlossen. Er ließ das Foto fallen, als er das Hotel verlassen hatte.
    Wie vor seiner letzten Abfahrt, nachdem er das Hotel in Ambar verlassen hatte, tauchte vor ihm ein Schwarm roter Moskitos auf. Sie wichen ihm nicht aus, auch nicht, als er mit den Armen fuchtelte. Der Schwarm folgte ihm, aber diesmal wurde er nicht gestochen.
    Es war, auch wie bei seiner letzten Abfahrt, plötzlich heißer geworden. Obwohl es diesmal Nacht war, schien die Hitze noch zuzunehmen, ein seltsames Schwirren lag in der Luft. Auf der Wunde an seinem Knie klebte noch immer die Hühnersalbe, und da Zinos eine Ahnung hatte, nahm er etwas davon auf seinen Zeigefinger und hielt ihn mitten in den Mückenschwarm, der sofort auseinanderstob.
    Er näherte sich dem Stadtzentrum, und das schwirren, das er vor dem Hotel vernommen hatte, wurde erst zu einem Dröhnen, dann zu Lärm. Die Stadt war hell und voller Menschen; überall

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