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Soul Kitchen

Soul Kitchen

Titel: Soul Kitchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmin Ramadan
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bekam ein ganzes gegrilltes Huhn. Er verzehrte es mit den Fingern, es schmeckte scharf, süß, sauer und stark nach Knoblauch. Dazu gab es geröstete Zwiebeln. Zu trinken gab es nur Rum und Bier. Als Zinos ein großes Bier bestellte, brachte man ihm einen Plastikeimer mit Strohhalm. Der Eimer war zur Hälfte mit Eiswürfeln gefüllt, das Bier schmeckte deutsch. Nach seinem Mahl erkundigte er sich nach dem Internet. Der Barmann, der tatsächlich ein Amerikaner war und Denver hieß, führte ihn in ein enges, schäbiges Büro, das gleichzeitig ein Schrank zu sein schien. Überall hingen Klamotten, man musste sich wie durch einen Urwald einen Weg bahnen. Denver bot ihm an, welche von den Klamotten zu kaufen; er sagte, es sei sein Geschäft und hielt Zinos einen karierten Anzug unter die Nase, der nach Mortenkugeln roch. Zinos sagte, er brauche keinen Anzug.
    Denver stellte den Computerkasten an, es surrte und schepperte, auf dem Bildschirm erschienen Buchstaben und Zahlen. Denver musste wieder in den Laden, er wies Zinos an, sich vor das Gerät zu setzen und zu warten, bis die Internetverbindung stünde. Zinos setzte sich, der Computer surrte nun leiser, doch dann gab es ein lautes Geräusch, es hörte sich an wie ein Röcheln, ein Husten. Dann fiel der Strom aus. Zinos ging in den Laden. Denver sagte, es könne noch Stunden dauern, berechnete Zinos aber trotzdem Huhn und Büroarbeit. Zinos hatte kaum noch Geld. Er fragte Denver nach einem guten Job, der lachte und sagte, in Metido gebe es keine Arbeit für frische Ausländer, aber es gebe einen Ort an der Küste, Arrope. Der liege etwa hundert Kilometer von Metido entfernt, da freue man sich über Deutsch Sprechende, die arbeiten wollten, wenn er dazu noch Englisch und Griechisch könne, bekäme er sofort was. Und sogar, wenn man stumm sei, könne man in Arrope den ganzen Tag Fische entschuppen und ausnehmen, das würde auch nicht schlecht bezahlt, die Touristen seien verrückt nach Fisch. Es wären immer Touristen dort, viele wollten gar nicht mehr weg. In Arrope gebe es kein Gebäude, das mehr als zwei Stockwerke habe, und weil man für zwei Stockwerke eine teure Sondergenehmigung bräuchte, gebe es fast nur Hütten und Bungalows. Am Strand reihe sich eine Bar an die andere, Touristen, viele Surfer, aber auch Aussteiger, noch aus den Achtzigern, tummelten sich dort, und Alleinreisende jeden Alters von überall her. Man könne tauchen lernen, mit den Fischern rausfahren, eben alles, was Menschen aus der Stadt für das Paradies hielten.
    In Arrope gebe es einen langen Strand, aber auch viele kleine Buchten. Zinos wolle vielleicht lieber in Metido bleiben? Denver klopfte sich auf die Schenkel vor Lachen. Zinos fragte Denver, warum er nicht in Arrope lebe, wenn es das Paradies sei. Denver machte ein ernstes Gesicht und sagte, er ertrüge keine Amerikaner, und von denen traue sich keiner nach Metido, nur ab und zu ein paar junge Leute, die sich Reporter nennen würden. Sie kämen mit Kameras und wollten nur wissen, wo die armen Leute seien, die sich Lehmhütten bauten, und die Zombies und Voodoopriester. Oder sie suchten nach dicken schwarzen Frauen oder dünnen alten Männern, denen ein paar Zähne fehlten, oder nach denen mit Gold im Mund, die Zigarre rauchten oder kifften, Rum schlürften und gute Laune hätten, während sie am Straßenrand dahinsiechten und sich zum Mittag ihren einzigen Fisch grillten, den sie mit den Reportern teilten. Sie suchten nach Balztänzen der schönen Schwarzen und Mulatten, nach dem innovativen Drogenrausch, bei dem der Mensch wieder zum Tier werden würde. Besessen seien die von der guten Laune, dem einfachen Essen, den Abgründen, dem Dreck, den Krankheiten, dabei gebe es das in Amerika doch alles auch.
    Denver sagte, Zinos müsse den Türken Özmen aus Deutschland finden, der fahre ab und zu nach Arrope und mache Geschäfte. Wo er ihn finde?, fragte Zinos. Denver sagte, im Kebabladen, in der Karibik liebe man weißes Brot mit Fleisch, und die Variationen von Özmen habe es hier vorher nicht gegeben. Özmen würde bald der reichste Mann von Metido sein. Denver ritzte ihm den Weg mit einem Steakmesser in eine Tischplatte.
    Zinos betrat das Casa Kebab , er war etwas aus der Puste, aber von dem köstlichen Geruch bekam er sofort gute Laune, der Laden erinnerte ihn an zu Hause. Zinos stellte sich in die Schlange. Als er dran war, sagte er:
    »Hi!, Özmen, ich bin Zinos, kannst du mir sagen, wie ich nach Arrope komme?«
    »Ey!, Digger, Digger!

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