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Soul Kitchen

Soul Kitchen

Titel: Soul Kitchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmin Ramadan
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verunsichert.
    »Bist du vor mir weggelaufen?«
    Sie nickte.
    »Aber wieso?«
    »Ich erkläre es dir, können wir in Ruhe reden, wo es keiner mitbekommt, vielleicht ist es besser, wir treffen uns in Metido. Man sollte uns nicht zusammen sehen.«
    Daisy kaute an den Fingernägeln, rauchte wie eine Besessene, und ständig betupfte sie ihr verschwitztes rotes Gesicht mit Erfrischungstüchern. Die kleinen Aluhüllen, aus denen sie die Tücher ebenso hektisch riss wie ihre Zigaretten aus der Schachtel, waren jedes Mal um ihren Barhocker im Sand verteilt, wenn sie wieder ging.
    »Wer soll uns denn nicht sehen?«
    »Das ist jetzt egal! Kannst du am Montag um fünfzehn Uhr im Casino von Metido sein? Wir treffen uns an den Slotmachines; tu einfach so als würdest du spielen, der als zweites kommt, setzt sich dazu, dann erkläre ich dir alles. Es ist sehr, sehr wichtig. Ich muss jetzt weg.«
    Daisy wäre jetzt kalkweiß geworden, hätte sie nicht einen so hohen Blutdruck.
    »Okay, ich komme nach Metido, ich habe keine Ahnung, was du von mir willst, aber du bist mir sympathisch.«
    »Ey!, das ist nicht so ein Mann-Frau-Ding, keine Anmache.«
    »Natürlich nicht. Wir treffen uns an der Slotmachine. Aber wo ist das Casino?«
    »Im vierzehnten Kreis, es ist das größte, weißeste Haus von Metido, der einzige Ort mit einer funktionierenden Klimaanlage und einem Notstromaggregat, nicht mal das Krankenhaus hat eines.«
    Goliath stand in einem neongrünen Netzhemd und einer langen Unterhose in der Küche und sang laut The Israelites mit; er hörte den ganzen Tag Desmond Dekker.
    »Hey!, Goliath, ich muss am Montag nach Metido.«
    »Ist meine Problem nicht, du musst machen Plan mit Grietche .
    »Das hab ich schon mit ihr geklärt, aber ich weiß nicht, wie ich nach Metido kommen soll, das ist mein Problem.«
    »Warum musst du hin da unbedingt am Montag?«
    »Das kann ich dir nicht erklären.«
    »Frag Ozman.«
    »Aber wie erreiche ich Özmen?«
    »Schwarze Mann hat Telefon, Turkenmann hat Telefon. Schwarze Mann hat Telefonnummer von Turkenmann.«
    Özmen holte Zinos am Montag frühmorgens ab, sie fuhren zügig durch bis Metido. Özmen hatte eine unerträglich beschissene Laune, er murmelte die ganze Zeit etwas auf Türkisch oder sprach kein Wort. In Metido hielt er Zinos die Hand zum Einschlagen hin und sagte:
    »Tut mir leid, Alter, ich bin nicht so gut drauf, hast du ja vielleicht gemerkt.«
    »Hab ich, willst du drüber reden? Ich hab noch ein paar Stunden Zeit vor meiner Verabredung.«
    »Nee, reden will ich nicht, aber wenn du so viel Zeit hast, kannst du mir helfen, mein Fladenbrot zu fönen. Es gab einen Wasserrohrbruch, mein Lager ist geflutet, alles, was nicht nass ist, ist feucht, ich hab’s in Kartons gelagert.«
    »Deswegen bist du so scheiße drauf!«
    »Ja, sicher, das ist mein Brot für die nächsten drei Tage, glaubst du, ich bin Bäcker, oder was – ich bin Aufbäcker!«
    Zinos fönte mit einem kokelig riechenden, krank surrenden Riesenfön Fladenbrote bis kurz vor drei. Fast eine halbe Stunde zu spät stand er vor dem Casino. Ein Herr am Eingang fragte ihn, ob er Geld habe. Zinos hatte genug dabei, um eingelassen zu werden. Aber vorher zwang der Herr ihn, ein pinkfarbenes Jacket mit Schulterpolstern überzuziehen, das ihm viel zu eng war. Daisy warf ihm aus den Augenwinkeln einen verärgerten Blick zu. Sie saß an einem der vielen Automaten, trug ein schwarzes Kleid; beinahe wirkte sie elegant, aber ihr Haar war unordentlich geflochten, und die abgekauten Nägel waren nicht mal lackiert. Ihre Pumps lagen auf dem dunkelblauen Veloursteppich neben ihren nackten Füßen. Zinos setzte sich an den Einarmigen Banditen neben Daisy. Sie waren die einzigen Gäste.
    »Meinst du nicht, es fällt auf, das wir zusammen hier sind?«, fragte Zinos ihr zugewandt.
    »Guck auf deinen Automaten!«, zischte sie und warf nach.
    »Hast du schon was gewonnen?«
    »Ich spiele nicht, ich arbeite«, sagte Daisy.
    »Du wirkst gestresst. Alles okay?«
    Zinos legte ihr die Hand auf die Schulter.
    »Lass das, mir geht’s großartig!«, fuhr sie ihn an.
    »Warum darf niemand wissen, dass wir miteinander reden?«
    »Es geht um zu viel.«
    »Ich verstehe nichts, nichts!«
    »Ich bin Journalistin, ich mache den Job, weil ich immer neugierig war, vielleicht, weil ich meine Mutter nie verstanden habe. Wie auch immer, ich arbeite schon lange an einem Buch über die internationalen Pharmakonzerne und deren menschenverachtende Machenschaften in

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