Soul Screamers 1 - Mit ganzer Seele
hässlichen.
Hatte er mich deshalb nicht geküsst? War ich für ihn nur die Übergangslösung, bis er eine neue Freundin fand? Oder lebte er mit mir nur seine soziale Ader aus?
Nein! Selbst wenn er nichts Ernstes von mir wollte: Warum sollte er so viel Zeit mit jemandem verbringen, an dem er nicht interessiert war? Bei anderen Mädchen hätte er es viel leichter gehabt.
Eine zweite Meinung musste her, und zwar von jemandem, der sich auskannte. Ich schnappte mir das Handy, ließ mich aufs Bett fallen und schickte Emma eine SMS. Gespannt hielt ich den Atem an. Hoffentlich hatte ihre Mutter ihr das Handy inzwischen zurückgegeben.
Doch ich hatte Pech. Zwei endlos lange Minuten, nachdem ich die Nachricht abgeschickt hatte – Kannst du reden? –, kam die Antwort.
Sie hat immer noch Hausarrest. Du kannst bei der Arbeit mit ihr sprechen.
Emma hätte ihrer Mutter nie zeigen dürfen, wie man SMS verschickt. Ich hatte ihr gleich gesagt, dass dabei nichts Gutes herauskommen konnte.
Em und ich arbeiteten beide in derselben Schicht. Während wir am Nachmittag Eintrittskarten für den neuesten computeranimierten Streifen und die unvermeidliche romantische Komödie verkauften, erwähnte ich mein Date mit Nash. In der Pause verkrochen wir uns in die hinterste Ecke der Snackbar, wo uns niemand belauschen konnte. Während wir uns eine Portion Pommes mit Schmelzkäse und eine Brezel teilten, erzählte ich Emma auch alles über Heidi Anderson – jedenfalls das, was sie noch nicht von ihrer Schwester erfahren hatte.
Die Tatsache, dass ich mit meiner Voraussage richtig gelegen hatte, faszinierte Emma. Und sie war genau wie Nash der Meinung, dass meine Tante und mein Onkel es erfahren sollten. Ihre Beweggründe waren allerdings anders gelagert. Dass den beiden ihre Fehler unter die Nase gerieben wurden, fand sie wichtiger, als dass mir dabei geholfen wurde, mit meinem zweifelhaften Talent klarzukommen.
Doch ich nahm den Rat auch diesmal nicht an. Ich hatte keine Lust auf weitere Treffen mit Dr. Nelson – dem Herrscher über Zwangsriemen und Zombie-Pillen. Um ehrlich zu sein, klammerte ich mich an die Hoffnung, dass die nächste Ahnung einige Monate, wenn nicht sogar Jahre auf sich warten ließ. Zwischen den letzten beiden Vorfällen waren schließlich fast neun Monate vergangen.
Die letzten Stunden meiner Schicht zogen sich hin wie Kaugummi. Der Manager hatte Emma in die Snack-Bar abkommandiert und mir einen schrecklich langweiligen Informatikstudenten zugeteilt.
Nach Ende der Schicht stempelte ich aus und wartete im Aufenthaltsraum auf Emma. Ich wollte mir gerade die Jacke anziehen, als sie die Tür aufstieß und mitten auf der Schwelle stehenblieb. Ihr Gesichtsausdruck ließ nichts Gutes erahnen.
„Was ist los?“, fragte ich und hielt mitten in der Bewegung inne.
„Komm mit, das musst du dir anhören.“ Sie trat einen Schritt zur Seite und hielt mir die Tür auf, doch ich zögerte. Allem Anschein nach handelte es sich nicht gerade um eine gute Neuigkeit, und ich hatte wirklich mehr als genug von all den unheimlichen und deprimierenden Entwicklungen. „Jetzt komm schon! Das Ganze ist wirklich eigenartig.“
Resigniert schob ich die Hände in den Hosentaschen und folgte ihr durch die Lobby zur Snack-Bar, wo Jimmy Barnes arbeitete.
Jimmy bediente gerade einen Kunden. Als er merkte, dass Emma mit ihm reden wollte, verschüttete er beinah das Popcorn.Er war ein bisschen in Emma verknallt. Wobei er nicht der Einzige war.
„Schon wieder da?“ Jimmy nickte mir kurz zu und stützte die fülligen Arme auf die Glastheke. Er starrte Emma so durchdringend an, als könnte er in ihren Augen den Sinn des Lebens finden. Seine Finger glänzten fettig, und er roch nach Popcorn und dem Softdrink, den er sich über die schwarze Schürze gekleckert hatte.
„Kannst du Kaylee noch mal sagen, was Mike erzählt hat?“ Das albern verliebte Lächeln auf Jimmys Gesicht verblasste.
Er richtete sich auf und positionierte sich so, dass er uns beide anschauen konnte. „Das ist echt das Unheimlichste, was ich je gehört habe.“ Er griff unter die Theke, holte eine Packung Pappbecher hervor und füllte den Getränkespender auf.
„Ihr kennt doch Mike Powell, oder?“, fragte er.
„Ja.“ Ich warf Emma einen fragenden Blick zu, doch sie deutete nur schweigend auf Jimmy.
Jimmy türmte die Becher aufeinander. „Mike arbeitet an der Snack-Bar im Kino in Arlington. Heute hat er die Schicht von so einem Typen übernommen, der einem Gast in
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