Soul Screamers 1 - Mit ganzer Seele
verkniff er sich mühsam ein Lächeln. „Leg los …“
Ich atmete tief durch und hielt die Luft dann einen Augenblick lang an. Womit sollte ich bloß anfangen? Am besten einfach irgendwo. Meine guten Absichten würden mir sicher auch bei den weniger selbstlosen Teilen der Geschichte einen gewissen Bonus einbringen. „Meredith Cole ist nicht die erste gewesen.“
„Sie war nicht deine erste Todesahnung?“ Onkel Brendonwirkte nicht sonderlich überrascht, schließlich konnte er die früheren Vorfälle auch kaum vergessen haben. Besonders nicht meinen Ausflug in die Psychiatrie.
„Das auch, aber ich meinte eigentlich, dass sie nicht das erste Mädchen gewesen ist, das diese Woche gestorben ist. Es gab eine weitere Tote am Samstagabend und eine gestern Nachmittag. Alle drei sind auf dieselbe Weise umgekommen.“
„Und du hast alle drei Todesfälle angekündigt?“, fragte Onkel Brendon sichtlich überrascht. Er hatte die Augenbrauen tief nach unten gezogen und die Stirn gerunzelt.
„Nein. Das zweite Mädchen habe ich gar nicht gesehen.“ Ich hielt den Blick gesenkt und versuchte mit zitternden Fingern, den Knoten im Kabel meiner Kopfhörer zu lösen. „Aber ich habe das Mädchen gesehen, das am Samstag gestorben ist, und ich wusste, was passieren würde. Genau wie bei Meredith heute Nachmittag.“ Das hatte ihm Tante Val sicher schon erzählt.
„Moment mal, Samstagabend?“ Ich hörte den Stuhl knarzen, und als ich aufschaute, hatte sich mein Onkel vorgebeugt und musterte mich argwöhnisch. „Ich dachte, du bist zu Hause gewesen.“
Ich antwortete mit einem Schulterzucken. „Ich dachte, ich wäre ein Mensch.“
Brendon nickte ergeben. Eins zu null für mich! Tante Val hatte mich also nicht verpetzt. Das war zwar obercool von ihr, aber ich fragte mich trotzdem, warum sie es für sich behalten hatte. War der „Kaffee“ etwa daran schuld, dass sie meinen Fehltritt vergessen hatte?
„Also, wo ist das erste Mädchen gestorben?“, fragte Onkel Brendon und lehnte sich wieder zurück. „Wo bist du gewesen?“
Das Kabel-Wirrwarr erforderte auf einmal meine ganze Aufmerksamkeit. „Im Taboo , einem Club im West End. Aber …“
Onkel Brendons Gesichtsausdruck verfinsterte sich. Obwohl ich seine Augen unter den drohend gesenkten Brauen kaum sah, bildete ich mir ein, etwas Grünes wirbeln zu sehen. Ich könnte schwören, dass das noch nie passiert war! Das wäre mir sicheraufgefallen. „Wie bist du überhaupt da reingekommen?“, fragte er streng. „Hast du etwa einen gefälschten Ausweis?“
Ich verdrehte die Augen. „Nein, ich habe mich durch die Hintertür reingeschlichen.“ Das war zumindest die halbe Wahrheit. „Aber darum geht es hier nicht“, sagte ich schnell und hoffte inständig, dass er sich vom nächsten Teil meiner Geschichte ablenken ließ. „Eines der Mädchen im Club ist irgendwie … dunkler gewesen als alle anderen. Als wäre da ein Schatten um sie herum, den niemand sehen konnte. Ich wusste, dass sie sterben würde, und diese Panik – oder Todesahnung, oder was immer es auch ist – überrollte mich, fast so wie damals. Es war schrecklich! Ich hatte ja keine Ahnung, dass sie tatsächlich sterben würde, bis ich es am nächsten Tag in den Nachrichten gesehen habe.“ Apropos … „Sind die anderen eigentlich auch tot? Die ich letztes Jahr gesehen habe?“ Ich hörte auf, an dem Kabel zu zupfen, und sah meinen Onkel flehend an. Ich musste die Wahrheit erfahren!
Es schien ihn traurig zu machen, es auszusprechen, doch er zögerte keine Sekunde. „Ja.“
„Woher weißt du das?“
Sein Lächeln wirkte verbittert. „Weil ihr Frauen euch nie täuscht!“
Na spitze. Todbringend und präzise. Jede Jahrmarktswahrsagerin hätte an mir ihre helle Freude gehabt.
„Wie auch immer. Nachdem ich die Nachrichten gesehen habe, bin ich fast ausgeflippt. Als es dann am Nachmittag wieder passiert ist, wurde es mir langsam zu unheimlich.“
„Aber den Tod des zweiten Mädchens hast du nicht vorhergesagt, oder?“
Ich schüttelte den Kopf und legte die hoffnungslos verknoteten Kopfhörer beiseite. „Ein Arbeitskollege hat mir davon erzählt, aber ich habe im Internet recherchiert. Das Mädchen in Arlington ist auf die gleiche Art gestorben wie das Mädchen im Taboo . Und wie Meredith. Alle drei sind einfach tot umgefallen, ohne Vorwarnung! Kommt dir das nicht auch komisch vor?“
„Doch“, antwortete mein Onkel wie aus der Pistole geschossen. „Aber es kann immer noch ein Zufall
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