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Soulbound (Ghostbound) (German Edition)

Soulbound (Ghostbound) (German Edition)

Titel: Soulbound (Ghostbound) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.M. Singer
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auf sich spürte, schoss ihr prompt verlegene Hitze ins Gesicht.
    Doch wie immer konnte sie sich darauf verlassen, dass Daniel für sie in die Bresche sprang, ehe sie sich vollends lächerlich machte. „Liz ist Journalistin und beschäftigt sich beruflich mit Geschichten wie dieser. Sie hat reichlich Erfahrung auf dem Gebiet. Denkst du, wir dürften deine Tante mal besuchen? Wir würden ziemlich schnell rausfinden, wie viel an der Geistergeschichte und dem Medium dran ist.“
    Elizabeth warf Daniel einen flehenden Blick zu, in den sie die Worte: „Bitte, nicht schon wieder!“ legte. Aber es war zu spät. Chris war schon ganz Feuer und Flamme. „Aber klar!“, rief er erregt. „Wie wäre es gleich morgen Abend? So gegen sechs? Wir besuchen sie zusammen. Sie lebt in einem viktorianischen Haus in Pacific Heights.“
    Na immerhin, dachte Elizabeth mit einem innerlichen Seufzen. Dann bot sich ihnen auf diese Weise wenigstens Gelegenheit, eines der berühmten viktorianischen Anwesen von innen zu bewundern.

    Als sie etwa eine Stunde später vor die Tür traten, regnete es leicht und kalter Wind trieb Nebelschwaden von der Bucht hinauf in die Stadt.
    „Ist ja fast wie daheim“, murrte Daniel, griff nach Elizabeths Hand und eilte mit ihr zum nächsten Taxistand.
    „Wir sollten uns mal ernsthaft über deine Auffassung von Urlaub unterhalten, Danny“, brummte Elizabeth, sobald sie auf dem Rücksitz des Taxis saßen.
    Schmunzelnd legte Daniel einen Arm um sie, zog sie heran, bis ihr Kopf an seiner Schulter ruhte und gab ihr dann einen dicken Schmatzer auf die Stirn. „Bist du denn gar nicht neugierig, was da vor sich geht? Du hast selbst gesagt, wie merkwürdig es ist, dass dieses Medium Anlagetipps gibt. Was, wenn Chris´ Tante in ihrer Trauer das Geld aus der Tasche gezogen wird?“
    „Ich weiß, ich weiß.“ Elizabeth unterdrückte ein Gähnen. „Trotzdem geht mir dein Helferkomplex zuweilen mächtig auf die Nerven.“ Sie hatte da so eine Ahnung, was der eigentliche Grund für die ganze Aktion war. Daniel hatte es zwar nie laut ausgesprochen, aber Elizabeth war sich sicher, dass er es als seine Aufgabe, nein, als seine Bestimmung ansah, sein neues Talent in den Dienst der Hilfsbedürftigen zu stellen – egal ob lebend oder tot. Er hatte von Gott, dem Schicksal oder wem auch immer ein unglaubliches Geschenk erhalten: Ein zweites Leben, die Fähigkeit, mit Geistern zu kommunizieren und darüber hinaus noch eine Menge Geld. Und für Daniel stand fest, dass er all das sinnvoll einsetzen musste.
    Das Gray´s Hotel lag zentral, ganz in der Nähe des Union Square, auf dem bereits ein riesiger Weihnachtsbaum stand, obwohl selbst bis zu Thanksgiving noch über eine Woche Zeit war und bis Weihnachten noch mehr als einen Monat. Die Fahrt dauerte nicht mal zehn Minuten, trotzdem war Elizabeth schon fast eingeschlafen, als das Taxi vor dem kleinen, aber schicken Hotel hielt. Die Kombination aus Jetlag, stundenlangem Spazieren durch geradezu grotesk hügelige Straßen und, nicht zu vergessen, zwei Lemon Drops, hatte Elizabeth praktisch ausgeknockt. Deshalb fiel sie auch sofort in einen komaähnlichen Schlaf, sobald sie sich in ihrem Bett unter der flauschigen Decke zusammengerollt hatte. Sie bekam weder mit, wie Daniel aus dem Bad und ins Bett kam, noch ob er in dieser Nacht unter den grauenvollen Alpträumen litt, die ihn seit Rom wieder regelmäßig heimsuchten.
    Dafür erwachte sie bereits um halb sechs, war putzmunter und hatte keine Chance, wieder einzuschlafen. Eine Weile lauschte sie Daniels gleichmäßigen Atemzügen und genoss bewusst seine Wärme und die Schwere seines Arms auf ihrer Taille. Doch dann schlüpfte sie vorsichtig aus der Umarmung, stieg aus dem Bett und tappte so leise wie möglich zu der kleinen Sitzecke am Fenster. Bevor sie sich mit ihrem Notizbuch im bequemen Polstersessel niederließ, holte sie noch ihre lange graue Strickjacke und wickelte sich darin ein wie in eine Decke.
    Bei gedämpftem Licht und mit unter den Körper gezogenen Beinen schrieb sie in ihr Reisetagebuch, das sie seit Neapel führte. Gelegentlich wunderte sie sich noch immer darüber, dass sie damit erst mehr als zwei Wochen nach Antritt ihrer Reise begonnenen hatte. Immerhin war Schreiben nicht nur ihre Profession sondern auch ihre Leidenschaft. Und dennoch war ihr die Idee erst gekommen, nachdem die tausend neuen Eindrücke gedroht hatten, in ihrer Erinnerung zu verschwimmen.
    Nach etwa eine Stunde rührte sich Daniel im Bett.

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