Soulbound (Ghostbound) (German Edition)
… die gazzi am Bett.“
Daniel tausche einen vielsagenden Blick mit Elizabeth. Das war also der Grund, weshalb Vincenzo so sicher gewesen war, dass seine Rosa den Hinweis verstand.
Rosas Lachen erstarb, und sie sah nachdenklich auf das kleine Häufchen Diamanten vor sich. „Aber woher …“
„Oh“, sagte Daniel schnell. „Die stammen von seinem Bruder. Ich habe Vincenzo so verstanden, dass Luca vor Jahrzehnten an einem Raub beteiligt gewesen war und seinem Bruder ein paar der erbeuteten Diamanten geschenkt hat.“
Der Geist hatte Daniel wohl weitgehend verstanden, denn er seufzte erleichtert und flüsterte: „ Grazie!“
„Da die Diamanten Diebesgut sind“, fuhr Daniel fort, „wollte Vincenzo sie nicht zu Geld machen, sondern hat sie für schlechte Zeiten versteckt. Und jetzt will er, dass Sie die Diamanten nehmen und sich damit zur Ruhe setzen.“
Einen langen Moment herrschte Schweigen am Tisch. Dann stieß Rosa ein Seufzen aus, das tief aus ihrer Seele zu kommen schien, und rieb sich über das Gesicht. Lächelnd sah sie auf und sagte etwas auf Italienisch.
„Sie will sich nicht zur Ruhe setzen“, übersetzte Daniel. „Die Pension war Vincenzos und ihr Lebenswerk und sie will es so lange es geht weiterführen. Aber mit dem Geld wird sie sich Angestellte leisten können und selber nicht mehr so hart arbeiten müssen.“
„Das klingt toll“, sagte Elizabeth, und auch Vincenzo sah aus, als wäre er mächtig stolz auf seine Rosa. Elizabeth stupste Daniel an und warf einen schnellen, aber beredten Blick auf den Geist. „Vincenzo hat doch noch etwas gesagt, nicht wahr?“
Daniel sah sie nur fragend an.
„Hat er nicht gesagt, wie sehr er Rosa liebt und vermisst, und dass er von dort, wo er jetzt ist, immer über sie wachen wird?“
„Ach, ja“, bestätigte Daniel. „Klar. Das hat er gesagt.“
Tränen kullerten über Rosas lachendes Gesicht. Dann erhob sie sich und kam mit ausgebreiteten Armen um den Tisch herum. Auch Daniel stand auf und erwiderte herzlich ihre Umarmung.
„ Grazie “, flüsterte Rosa und küsste seine Wangen. „ Mille, mille grazie!“ Sie nahm auch Elizabeth in den Arm und drückte sie mit erstaunlicher Kraft an sich. „Natürlich seid ihr meine Gäste. So lange ihr wollt! Und heute Abend koche ich für euch! Ein Festessen für meine Freunde!“
Auch Vincenzo strahlte und sagte etwas zu Daniel.
„Er hat sich eben als unser privater Reiseführer durch Rom angeboten“, flüsterte Daniel. „Er will uns die schönsten Plätze und Lokale zeigen, die normalerweise von Touristen nicht gefunden werden.“
„Fabelhaft“, entgegnete Elizabeth. „Aber weißt du, was am Schönsten ist?“
Daniel schüttelte den Kopf.
„Dass wir diesen alten Sauertopf letztendlich doch noch zum Lachen gebracht haben.“
San Francisco Blues
Wie glücklich er aussah. Ganz und gar in seinem Element.
Für die restlichen Musiker hatte Elizabeth keine Augen, nur für diesen verboten gutaussehenden Kerl mit den honigblonden Haaren, der die Bass-Gitarre mit einer unvergleichlichen Lässigkeit in der Hüfte hielt und immer wieder schief lächelnd zu ihr hinunter sah.
Als sie Daniel das letzte Mal auf der Bühne gesehen hatte, war er noch ein anderer gewesen. Zumindest äußerlich. Aber schon damals war ihr aufgefallen, wir glücklich er auf der Bühne wirkte und sie hatte sich gefragt, ob Musiker nicht Daniels wahre Berufung war.
Leise seufzend nahm sie einen Schluck von ihrem Drink und stellte das Glas dann auf die klebrige, verkratzte Theke. Seit sie diese schummrige Blues Bar in Little Italy betreten hatten, dachte sie laufend an den Abend zurück, an dem sie sich kennengelernt hatten. Vor allem, nachdem Daniel mit dem Schlagzeuger ins Gespräch gekommen und von diesem eingeladen worden war, zusammen mit der Band auf der Bühne zu jammen. Seit dem konnte sie an praktisch nichts anderes mehr denken, als an diese schicksalsreiche Nacht in Soho, die ein so tragisches Ende genommen hatte. Dabei bemühte sie sich einzig die schönen Erinnerungen in ihr Bewusstsein zu lassen, doch konnte sie nicht verhindern, dass sich hin und wieder auch traumatische Bilder vom Überfall vor ihr geistiges Auge schoben.
Aber das hier war San Francisco, nicht London, und seit jener Nacht in Soho war fast ein Viertel Jahr vergangen, auch wenn sie manchmal das Gefühl hatte, als seien die letzten Monate einem Schnellzug gleich an ihr vorbeigerauscht. Erst nachdem sie vor etwas mehr als drei
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