Soulbound (Ghostbound) (German Edition)
Informationen waren genau das gewesen, was sie gebraucht hatten, um die Bühne für die Demaskierung des selbsternannten Mediums zu bereiten. Besonders Susans Nachricht hatte Daniel in helle Aufregung versetzt.
„Wo bleibt er nur.“ Zum zigsten Mal sah Daniel auf seine Armbanduhr.
„Etwas mehr Geduld, Detective“, entgegnete Elizabeth ironisch lächelnd.
„Wenn er nicht bald kommt, verpassen wir den Sonnenuntergang.“ Und nach einer kurzen Pause. „Ja, aber das möchte ich nicht riskieren.“ Eine weitere Pause, dann massierte sich Daniel mit Daumen und Zeigefinger die Nasenwurzel. „Halte dich einfach an den Plan, ok Justin?“
Elizabeth seufzte ergeben und streckte eine Hand nach Daniel aus. Noch nervtötender als der tote Junge, war es, nur die Hälfte einer Unterhaltung mitzubekommen. Sobald ihre Finger Daniels Arm berührten sah sie Justin in gelangweilter Pose auf der Motorhaube eines geparkten Cadillac sitzen. „Wenn du möchtest, kannst du ja schon mal rein gehen und dich etwas umsehen“, schlug sie vor.
„Gute Idee“, stimmte Daniel ihr sofort zu. „Aber reiß dich zusammen, hörst du?“
Justin verdrehte die Augen. „Meine Güte, mach dir nicht ins Hemd.“ Und damit war er verschwunden.
Fünf Minuten später sahen sie endlich Chris blauen Wagen die Straße heraufkommen. Er parkte auf der gegenüberliegenden Straßenseite und eilte dann zu ihnen herüber. „Wisst ihr eigentlich, wie schwer es ist, so ein Ding zu bekommen?“, rief er und schwenkte dabei die gelbe Jutetasche, deren Henkel er um sein rechtes Handgelenk gewickelt hatte. „Ich dachte, das bekommt man im Spielwarengeschäft, aber die haben mich in so einen obskuren Hexenladen geschickt.“
Daniel begrüßte ihn mit einem Klaps auf die Schulter. „Hast du darauf geachtet, dass das Schiffchen Rollen hat?“
„Ja, hat es.“ Chris sah zweifelnd zwischen Daniel und Elizabeth hin und her. „Glaubt ihr echt, damit können wir Kontakt herstellen?“
„Ich habe so ein Gefühl, dass die Geister uns heute gewogen sind“, erwiderte Elizabeth. „Hast du deiner Tante unseren Besuch angekündigt?“
Chris nickte. „Und wie ihr vermutet habt, sagte sie sofort, dass sie Cynthia dabei haben will.“
„Na schön“, sagte Daniel. „Dann wollen wir mal.“
Abby Belfords Begrüßung fiel an diesem Abend deutlich reservierter aus als üblich und das Lächeln in ihrem Gesicht wirkte aufgesetzt. „Ich verstehe wirklich nicht, was das bringen soll, Christopher“, sagte sie zu ihrem Neffen, als sie ihre Besucher durch das Haus in den Wintergarten mit seiner tropischen Pflanzenpracht und den kolonialen Rattanmöbeln führte. Diesmal bot sie ihnen nichts an. Nicht einmal ein Glas Wasser.
„Sieh es als eine Rückversicherung an, Tante Abby“, versuchte der blonde Junge zu beschwichtigen. „Immerhin geht es um dein geliebtes Haus. Ich bin mir sicher, Tante Beatrice und Cynthia verstehen das.“
„Aber natürlich verstehe ich das“, meldete sich das selbsternannte Medium. Sie hatte mit überschlagenen Beinen in einem der champagnerfarbenen Sessel gesessen und erhob sich nun. Mit einem breiten aber nicht weniger falschen Lächeln als Abbys schüttelte sie allen die Hand. „Immerhin habt ihr im Grunde nichts weiter als mein Wort. Allerdings fürchte ich, dass es damit nicht funktionieren wird.“ Sie deutete mit einen Nicken auf den Karton, den Chris aus der Jutetasche holte.
„Ein Versuch kann sicherlich nicht schaden, nicht wahr?“, sagte Elizabeth. Verstohlen sah sie sich nach Justin um. Sie entdeckte den Geist in der linken Ecke des Wintergartens, halb versteckt zwischen üppigem Grün.
„Ich hab´s gefunden!“, verkündete er auf den Boden zeigend und trat dann mitten durch die sich keinen Millimeter bewegenden Zweige, Blätter und Blüten hindurch an den runden Tisch.
Daniel, der eine Hand auf Elizabeths Rücken hatte, nickte dem Jungen kaum wahrnehmbar zu und warf dann einen schnellen Blick auf seine Armbanduhr. „Noch zehn Minuten bis Sonnenuntergang“, flüsterte er Elizabeths ins Ohr.
Sie musste schmunzeln. Es war fast wie früher, als sie beide jedem Sonnenauf- und –untergang voller Ungeduld entgegengefiebert hatten, weil Daniel dann für die wenigen Minuten, während die Sonne den Horizont berührte, einen beinahe soliden Körper gehabt hatte.
Skeptisch beobachtete Abby, wie Chris ein Brett mit Buchstaben und Zahlen sowie ein vage herzförmiges Holzschiffchen aus dem Karton holte und auf dem Tisch
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