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Souvenirs

Souvenirs

Titel: Souvenirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Foenkinos
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ein Gast die Treppe herunter. Er sah ganz zerknittert aus, so, als habe er in seinem Koffer geschlafen.
    «Hätten Sie vielleicht etwas Mineralwasser? Die zwei Flaschen, die in der Minibar standen, hab ich schon runtergekippt.»
    «Mineralwasser? Ach … Mist … ich werde Ihnen welches holen … ich bringe es Ihnen gleich auf Ihr Zimmer rauf», sagte Gérard reichlich verlegen.
    Nachdem der Gast wieder nach oben gegangen war, flüsterte Gérard: «Zum Glück hab ich noch einen Sechserpack im Kofferraum. Wir sind gerettet.» Und damit rauschte er davon wie ein Superheld, der sich anschickte, die Welt vom Durst zu erlösen. Als ich allein war, trat ich an den Ventilator heran und lächelte in den Wind.

12
Erinnerungen von Francis Scott Fitzgerald
    Der amerikanische Schriftsteller könnte sich in so wunderschöne Erinnerungen versenken. Bruchstücke von Abendgesellschaften, Parfums von Frauen, Champagner, die große Zeit der French Riviera, doch das ist alles … Vergangenheit. Heute interessiert sich niemand mehr für ihn. Fitzgerald lebt verarmt in Hollywood. Von allen vergessen, dümpelt er vor sich hin. Sein Leben glich dem einer Rakete, die sich am Ende als Blindgänger herausstellte. Er ist krank und verzweifelt, als er rein zufällig davon hört, dass eine Theatergruppe aus Los Angeles ein auf einer seiner Erzählungen aus
Ein Diamant, so groß wie das Ritz
basierendes Stück einstudiert. Er beschließt hinzufahren. Er schmeißt sich in Schale, nimmt die Gelegenheit zum Anlass, sich ein schickes Auto zu mieten. Doch als er den Probenraum betritt, ist er erst einmal enttäuscht. Es ist nur eine Gruppe von Laien. Er sieht sich die jungen Leute an und ist schließlich gerührt, denn die Jugend istein verlorenes Paradies für ihn. Er geht langsam auf die Bühne zu, und die jungen Leute werden allmählich auf ihn aufmerksam. Sie halten inne und schauen ihn an. Bestimmt werden sie ihn erkennen, das Erscheinen des Autors des Stücks, das sie proben, wird sie tief bewegen. Doch nein, nichts dergleichen. Ein junger Mann, anscheinend der Regisseur, kann dieser Unterbrechung rein gar nichts abgewinnen und ist sichtlich verärgert. Er fragt Fitzgerald, was er hier zu suchen hat, erklärt ihm, dass man im Theater nicht so einfach hereinplatzen kann. Der Schriftsteller ist überrascht, doch im Grunde genommen ist er ja daran gewöhnt, nicht mehr erkannt zu werden. Er stellt sich vor, und da tritt eine junge Frau, eine sehr schöne junge Frau, mit langem glatten Haar im Übrigen, auf ihn zu. Alles Erstaunen dieser Welt ist in ihrem Gesicht zu lesen, als sie sagt: «Wir dachten, Sie sind tot.
»
Und es ist genau dieser Satz, an den sich der Autor von
Der große Gatsby für
den Rest seines Lebens erinnern wird.

13
    Der Sommer ging vorüber, die Temperaturen sanken und wir richteten uns in einer neuen Art von Routine ein: abwechselnd meine Großmutter besuchen. Mein Vater und ich waren die Fleißigsten. Ich saß auf der Bettkante und schlug vor, im Park spazieren zu gehen oder zum Eisessen in die Stadt zu fahren. Sie antwortete, das sei alles nett von mir,aber sie habe keine Lust. Wenn ich wieder abfuhr, fühlte ich mich jedes Mal ganz schlecht. Ich dachte: «Wie kann ich diese Frau, die mich so geliebt hat, die mich so oft getröstet hat, die für mich Suppe und Moussaka gekocht hat, wie kann ich sie hier allein lassen?» Zu allem Überfluss gab sie sich auch noch Mühe, mir meine Besuche nicht allzu beschwerlich zu gestalten. Sie versuchte zu demonstrieren, dass es ihr recht gut ging, es war zwar nicht einfach, aber sie gab sich überzeugt davon, dass sie sich an die neue Situation gewöhnen würde. Auf eine gewisse Art wurde das beklemmende Gefühl, das ich hatte, durch ihre Rücksichtnahme noch verstärkt. Fast wäre es mir lieber gewesen, wenn sie gehässig gewesen wäre; das hätte es erträglich gemacht, sie da zurückzulassen.
     
    Gemeinsam gingen wir die Gänge des Altenheims auf und ab. Mein Blick blieb immer an den armseligen Bildern hängen, die die Wände zierten. Das Leben der Altenheimbewohner war an sich schon hart genug, ich fragte mich, warum man ihnen eine doppelte Strafe auferlegte, indem man ihren Augen dieses Leid antat. Die meisten Bilder stellten deprimierende Landschaften dar, wie dafür gemalt, eine Selbstmordwelle auszulösen. Eines der Gemälde zeigte eine Kuh. Der Maler wohnte wohl hier im Haus, und um ihm eine Freude zu machen, stellte man sein Bild aus. Meine Nachfrage ergab jedoch: Nein, weder

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