Sozialdemokratische Zukunftsbilder
italienischen u. s. w. Papiere von den dortigen sozialdemokratischen Regierungen für null und nichtig erklärt worden sind.
Freilich Dank wissen diese sozialdemokratischen Regierungen uns Deutschen auch nicht, dass wir im erhabenen Bewusstsein der internationalen Bedeutung der Sozialdemokratie die Aufhebung der Zinsansprüche aus unserem Besitz an ausländischen Papieren ohne Murren hingenommen haben. In ihrem rücksichtslosen Egoismus gehen diese sozialdemokratischen Regierungen neuerdings so weit, dass sie die Artikel, welche Deutschland von ihnen bedarf und die wir früher teilweise durch die Hinübersendung unserer Zinskupons beglichen, in der Regel nur gegen bar oder Zug um Zug gegen Austausch anderer Güter an uns ablassen wollen. Die Barzahlung machte ja unserer Regierung solange keine Schmerzen, als wir noch die bei uns entbehrlich gewordenen Bestände an gemünztem und umgemünztem Gold und Silber zur Ausgleichung der Valuta hingeben konnten.
Nachdem wir aber dergestalt unser ganzes Edelmetall losgeworden sind, stoßen mir bei den sozialdemokratischen Nachbarstaaten nicht minder, wie bei den Herren Engländern und Amerikanern auch noch auf große Schwierigkeiten, um unsere Fabrikate in gewohnter Weise an dieselben abzusetzen und dafür aus jenen Länden unsern Bedarf einzutauschen an Getreide, Holz, Flachs, Hanf, Mais, Baumwolle, Wolle, Petroleum, Kaffee u. s. w. In der sozialistischen Gesellschaft ist gerade der Bedarf an solchen Artikeln nicht geringer geworden. Im Gegenteil! Die sozialdemokratischen Nachbarstaaten aber sagen, dass sie nach Einführung der sozialisierten Gesellschaft jetzt an deutschen Fabrikaten, wie Putz- und Konfektionswaren, Stickereien, Plüschen und Schals, Handschuhen, Klavieren, feinen Glaswaren und dergleichen ganz und gar keinen Bedarf mehr haben. Ihre eigene Produktion sei nach Herstellung der sozialen Gleichheit für diese Artikel jetzt mehr als ausreichend.
Die Herren Engländer und Amerikaner aber de ihrer Feindseligkeit gegen die Sozialdemokratie werden nicht müde, uns zu versichern, dass die deutschen Fabrikate, insbesondere Eisenwaren und Textilwaren, ja sogar Strumpfwaren und Spielwaren bei der jetzigen, neuen Fabrikationsweise so mangelhaft und nachlässig hergestellt werden, dass sie die früheren Preise nicht mehr anlegen und auf anderweitige Versorgung Bedacht nehmen wollen. Dabei kommt unsere Regierung bei den höheren Produktionskosten schon jetzt kaum mehr auf die Kosten. Alle Vereinbarungen inbetreff der internationalen Einführung eines Maximalarbeitstages sind gescheitert, da die sozialdemokratischen Regierungen in ihrem nationalen Egoismus vorgehen, dass in dieser Beziehung die Besonderheiten jedes Landes inbetreff des Klimas, des Volkscharakters u. s. w. maßgebend sein müssten.
Was soll unsere Regierung nun machen! Dass wir jetzt auch unsrerseits nach der Sozialisierung der Gesellschaft vom Auslande keine Seide und keinen Wein mehr brauchen, kann doch den Milliardenausfall bei unserer Ausfuhr nicht decken. Kein Wunder daher, dass der diplomatische Notenwechsel tagtäglich einen gereizteren Charakter annimmt. Schon sind im Westen und Osten Anspielungen gefallen, dass Deutschland, wenn es seine Bevölkerung nicht mehr ernähren könne, doch an die Nachbarstaaten Landstriche abtreten möge. Ja, es wird sogar die Frage erörtert, ob nicht zur Deckung der aufgelaufenen Warenschulden Deutschlands an die Nachbarstaaten es sich empfehle, solche Landstriche vorläufig in Pfandbesitz zu nehmen.
Die durch Annullierung von deutschen Wertpapieren geschädigten Ausländer versuchen sich schadlos zu halten durch Beschlagnahme auf deutsche Waren und deutsche Schiffe, wo sie irgendsolcher habhaft werden können. Die Begünstigung flüchtiger deutscher Auswanderer durch ausländische Schiffe gibt unausgesetzt zu gereizten Verhandlungen Veranlassung.
Kurzum, die Hoffnung, dass die Aufrichtung der Sozialdemokratie gleichbedeutend sei mit dem ewigen Völkerfrieden, droht in ihr Gegenteil sich zu verkehren. Der gesetzgebende Ausschuss werde deshalb — so schloss der Minister seine Darlegungen — der Notwendigkeit sich nicht verschließen können, die Kriegsflotte wieder herzustellen und zugleich eine Erhöhung des stehenden Landheeres auf eine Million Köpfe zu bewilligen.
24. Wahlbewegung
Nächsten Sonntag ist endlich Reichstagswahl. Man hat zweckmäßiger Weise einen arbeitsfreien Tag dazu gewählt. Hängt doch in der sozialisierten Gesellschaft vom Ausfall dieser
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