Spademan: Thriller (German Edition)
Taschen des Kapuzenshirts zu Fäusten geballt. Irgendwo hat sie immer noch das Messer.
Ich bin mir nicht sicher, wie ich mich ihr vorstellen soll. Ich bin ein Freund deines Vaters scheint mir keine vielversprechende Eröffnung zu sein. Ein Freund deines Onkels ebenso wenig.
Ich bin Streetworker.
Gott, ich kann kaum glauben, was da aus meinem Mund kommt.
Du siehst aus, als könntest du eine warme Mahlzeit vertragen.
Jede Faser ihres Körpers misstraut mir. Gleichzeitig giert jede Faser ihres Körpers nach dieser Mahlzeit. Letzteres überwiegt schließlich. Sie schnappt sich einen Rucksack, der vor langer Zeit vielleicht mal rosafarben gewesen ist; darauf ein zur Hälfte abgelöster, regenbogenfarbener Mein-kleines-Pony-Aufkleber.
Sie deutet mit dem Kinn, die Hände immer noch zu Fäusten geballt.
Nach dir.
Ich verlasse den Park auf der Westseite, sie immer fünf Schritte hinter mir. Der Park ist dunkel und menschenleer, und auf den Straßen sieht es kein bisschen anders aus. Die Bürgersteige sind verlassen, dabei ist es noch nicht mal elf Uhr abends. Pförtner sitzen hinter Glasscheiben, beobachten uns im Vorbeigehen, Schrotgewehre auf dem Schoß, als wären sie Pioniere im wilden Westen. Streifenwagen rauschen mit jaulenden Sirenen vorbei, aber selbst wenn wir Leuchtkugeln abfeuern würden, würden sie ums Verrecken nicht anhalten.
Die meisten Lokale auf der Amsterdam Avenue haben in den letzten paar Jahren dichtgemacht, weil die Leute mit Kohle nicht mehr zum Essen ausgehen. Auf jeden offenen Laden kommen inzwischen zwei geschlossene; große schwarze Zahnlücken in einem vergammelten Lächeln. Immerhin gibt es hier und da noch ein Café zwischen den Army-Shops mit ihren Werbeplakaten für Gasmasken und Geigerzähler zum halben Preis, plus Gutschein für einen Gratis-Donut nebenan.
Ich kenne ein Café, das American Century, das bei Krankenschwestern recht beliebt ist.
Im Inneren herrscht angeregtes Geklapper und Geplapper. Die Dienstleister-Klasse zwischen den Schichten.
Wir setzen uns in eine Nische.
Woher kommst du?
Süden.
Wie lange bist du schon hier?
Ein paar Wochen. Ich bin hier wegen der Camps.
Wie lief’s dort für dich?
Nicht so gut.
Was hast du als Nächstes vor?
Keinen blassen Schimmer. Jedenfalls geh ich ganz sicher nicht mit dir mit.
Klar. Kommt ohnehin nicht infrage. Obwohl ich ein Zimmer habe.
Schmutzige Finger pflücken das weiche Innere aus einem Brötchen. Sie stopft das Zeug in sich hinein, als wäre es Medizin.
Sieht so aus, als könntest du zumindest eine Maniküre gebrauchen.
Leck mich. Schlaf du mal drei Wochen im Park und schau dir dann deine Nägel an.
War nur so eine Beobachtung.
Bist du außerdem auch noch Kosmetiker?
Ist so ’ne Art Hobby von mir.
Ein kurzes Lächeln. Wider Willen.
Dann nehme ich die Mani- und Pediküre, wenn du’s schon mal anbietest.
Tja, versprechen kann ich da nichts. Aber ich habe ein sauberes Bett. Ein Extrabett, meine ich.
Moment, arbeitest du denn nicht für irgendeine städtisch finanzierte Unterkunft? So eine für jugendliche Ausreißer?
Ich dachte, du hast vielleicht genug davon, in einem Schlafsaal mit einem Haufen fremder Leute zu pennen. In meiner Wohnung hab ich ein Gästezimmer. Man kann sogar die Tür abschließen.
Und wo wohnst du?
Hoboken. Ich bin ein Jersey-Boy. Wie Sinatra.
Sie ist bei ihrem zweiten Brötchen angelangt, stopft es schnell in sich hinein.
Wer ist Sinatra?
Nur zu Ihrer Information: Normalerweise läuft das bei mir nicht auf die Art. Ich spüre keine Leute auf und führe sie dann zum Dinner aus. Bei meinem Job verfolge ich eine klare Linie, sowohl was Auftraggeber als auch Klienten betrifft: Je weniger Kommunikation, desto besser.
Aber was auch immer Sie von mir halten mögen – mittlerweile vermutlich nicht mehr sehr viel –, ich schlitze ganz bestimmt keine Frau vor dem Bethesda-Brunnen oder in der Toilette eines Diners auf. Ich ziehe es vor, sie in ihren Betten schlummernd zu überraschen.
Und tut mir leid, dass ich jetzt schon wieder damit kommen muss, aber genau deswegen bin ich hier. Ruiniert die Stimmung, schon klar. Sie werden jetzt sagen: Wie kann er nur so was tun? Aber normalerweise geht mir diese Frage komplett am Arsch vorbei. Erinnern Sie sich einfach an das, was ich gesagt habe.
Ich kenne diese Leute nicht.
Ich bin einfach nur eine Kugel.
Brötchen, Suppe, Cheeseburger, Kuchen. Sie schlingt das Zeug runter, als würde sie für zwei essen.
Ich halte der Kellnerin zwei Scheine
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