Späte Familie

könnte manchmalheimlich hingehen, mit dieser oder jener Ausrede, und ich schaue ihn flehend an, aber er schüttelt energisch den Kopf, auf gar keinen Fall, Ella, ich will jetzt vorwärts gehen, nicht rückwärts, das war die Wohnung unserer Familie, ich werde dort keine neue Familie gründen, alles, was ich will, ist, sie loszuwerden, und ich schlucke schweigend meine Enttäuschung hinunter, ich höre die Stimme Gabis, der jetzt an der Reihe ist, sich an mich zu wenden, und denke, wie ähnlich sie sich doch sind. Ella, ich verstehe, dass du ein neues Leben anfängst, sagt er, wozu brauchst du da diesen Klotz am Bein, gemeinsamer Besitz ist immer die Ursache von Streitigkeiten, vielleicht willst du in einem halben Jahr verkaufen, und dann stimmt Amnon nicht zu, wozu wollt ihr die gegenseitige Abhängigkeit aufrechterhalten? Am liebsten möchte ich das Gespräch beenden, ich kann es ihnen ja doch nicht verständlich machen, außerdem ist mir klar, dass sie auch gar nicht hören wollen, wie beängstigend und erschütternd dieser Verzicht auf achtzig Quadratmeter zuzüglich Balkon ist, es scheint, dass ausgerechnet dieser Verzicht unsere Trennung endgültig machen würde, danach wäre unsere Familie ein Teil der sich immer weiter entfernenden Vergangenheit, eine abgeschlossene Geschichte, unumkehrbar, tot, für immer gestorben.
    Gabi versucht, mich zu ködern, wenn du diesen Vertrag unterschrieben hast, kannst du die Sache mit der Scheidung vorantreiben, sagt er, wenn du mit einem anderen Mann zusammenlebst, muss dir daran doch gelegen sein, aber auch dieser Köder kommt mir jetzt bedeutungslos vor, ich klammere mich nur an unsere Wohnung, diese einfache und bequeme Wohnung, in die wir den zwei Tage alten Gili gebracht haben, mit nackten Beinen, die Wohnung, die zu einem Innenhof hinausgeht, mit Granatapfelbäumen, deren Blätter nun gerade sprießen, schon bald werden sie violetteBlüten haben, wie volle Weinpokale, die den Hof mit rötlichem Licht erfüllen, wenn ich ihm nur seine Hälfte abkaufen und die Wohnung für mich behalten könnte, aber sie lassen nicht von mir ab, immer wieder beweisen sie mir, dass dies in jeder Hinsicht die richtige Entscheidung ist, moralisch und taktisch gesehen, eine Entscheidung, die uns allen finanzielle Sicherheit und emotionale Stärke ermöglicht, Glück und Reichtum im Zuge unserer Scheidung, und ich betrachte die hellen Straßen, den trockenen Morgenhimmel, nur an den Straßenrändern funkeln Pfützen, eine Erinnerung an den gestrigen Regen, der zwei Kinder durchnässt hat. Nicht weit von hier sitzt Oded Schefer in seiner Praxis mit den violetten Chiffonvorhängen und spricht mit weicher Stimme mit seinen Patienten, vielleicht werde auch ich zu ihm gehen, vielleicht werde ich ihn um Rat fragen, lasst mir ein paar Tage, um darüber nachzudenken, bitte ich, ich kann mich im Moment noch nicht entscheiden.
    Wir haben keine paar Tage, sagt Amnon, sie fahren morgen, nicht alles kann sich nach deinem inneren Rhythmus richten, und Gabi fügt sofort hinzu, deine Weigerung würde dich einen hohen Preis kosten, das solltest du bedenken, aber Amnon bringt ihn mit einer Entschiedenheit zum Schweigen, die mir ans Herz greift, hör zu, ich habe in den letzten Monaten versucht, auch Rücksicht auf dich zu nehmen, ich habe es dir nicht schwer gemacht und mich nicht an dir gerächt, obwohl du mir diese Trennung aufgezwungen hast, jetzt ist es an dir, auf mich Rücksicht zu nehmen, für mich ist dieser Verkauf wichtig, und er schweigt und hält mir den Stift hin, du brauchst nur zu unterschreiben, alles Übrige erledige ich, sein Gesicht strahlt in diesem weichen Licht, ein einfaches Gesicht, frei von Schuld und Sünde, er ist rein, das ist überhaupt nicht derselbe Mann, der damals in dem Quadrat der Ausgrabungsstätte umherlief, ihm ist ein Unfallpassiert, dessen Folgen er nicht beherrschen konnte, und er bezahlte den Preis, er ist, wie er ist, vielleicht hat er sogar zu mir gepasst, aber es hat ihm nichts genützt, ihm nicht und mir nicht, und vielleicht hat er nicht zu mir gepasst, aber auch das ist egal, denn eine starke Erschütterung hat ihn von mir fortgerissen, und ich nehme ihm den silbernen Kugelschreiber, den ich ihm zum letzten Geburtstag geschenkt habe, aus der Hand und fülle, wie vom Teufel besessen, die Lücken aus, auf die er mit dem Finger deutet, Ella Miller,