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Späte Familie

Späte Familie

Titel: Späte Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeruya Shalev
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und Her zu einem guten Ende führen würde, dass das Leben nach der Trennung all die Mühsal rechtfertigen würde, aber vielleicht ist jetzt die Zeit gekommen, heute um acht Uhr morgens, mit dem Suchen aufzuhören, sich damit abzufinden, dass etwas fehlt, denn mit meinem Stock werde ich diesen Park durchqueren, mit meinem Stock werde ich sein Haus verlassen, und es wird noch immer keinen Beweis geben.
    Wie ich es mir in den letzten Monaten angewöhnt habe, beobachte ich die Elternpaare, die sich am Schultor von ihren Kindern verabschieden, so wie man ein Naturschauspiel beobachtet, was wissen sie, was ich nicht weiß, sind sie geduldiger als ich, können sie ihre Erwartungen besser mit der Wirklichkeit abstimmen oder haben sie einfach Glück, was für einen Morgen haben sie hinter sich, was für eineNacht, und ich denke an unsere Morgen, die Kinder öffnen müde die Augen und sehen ein zerstrittenes Zuhause, falls man das überhaupt noch ein Zuhause nennen kann. Der Zorn hat verzweifeltem Staunen Platz gemacht, wie unzulänglich er ist, wie unzulänglich ich bin, wie belastend ausgerechnet die alltäglichsten Momente, die scheinbar natürlichsten, wenn man abends im Wohnzimmer sitzt, vor dem Fernseher, und ein kleiner Junge im Pyjama auf dem Teppich mit seinen Autos spielt, mit warmem Körper und vom Baden feuchten Haaren, aber dieser Junge ist nicht meiner, seine Anwesenheit betont die Abwesenheit meines Sohnes, und auch das Wissen, dass er nicht weit entfernt von hier ist, dass ich ihn morgen oder übermorgen sehen werde, besänftigt mich nicht, und wie bedrückend es ist, in diesem Wohnzimmer mit meinem eigenen Sohn zu sitzen, der auf dem Teppich mit seinen Autos spielt, und zu wissen, dass Oded genau das Gleiche fühlt, dass er hofft, der Junge würde endlich ins Bett gehen und ihn von seiner Anwesenheit befreien, und zu meinem Erschrecken identifiziere ich mich ein paar Sekunden lang mit seinem Bedürfnis und bringe Gili schnell ins Bett, in der vergeblichen Hoffnung, dass uns dann leichter zumute ist, und wie belastend die ständige Angst vor den Streitereien zwischen den Kindern ist, wenn alle gemeinsam in der Wohnung sind, die Angst ist nicht weniger schlimm als die Streitereien selbst und als die andauernde Rivalität, der wir uns unwillkürlich immer aussetzen, und am schlimmsten ist es ausgerechnet in der Küche, die sich in ein Schlachtfeld verwandelt hat. Wie feindliche Banden bewegen wir uns dort, stehlen uns gegenseitig das Brot aus dem Mund, und wenn ich feststelle, dass wieder einmal das gesamte Essen verschwunden ist, das ich für Gili vorbereitet habe, stürze ich mich wütend auf den Kühlschrank, kurz bevor sie nach Hause kommen, und trinkeden süßen Joghurt, den Maja besonders gern mag, und den Kakao, der für Jotam bestimmt war, und stopfe den Rest Reis in mich hinein, und das Durcheinander in meinem Magen entspricht genau dem Geschmack dieser Tage in diesem Haus, ihrer Schande und ihrer Schmach.
    Wenn es nur möglich wäre, dass wir uns für einen einzigen Abend von diesem Zorn befreien, aber er begleitet uns offenbar bei allem, was wir tun, auch wenn wir in einem Restaurant sitzen, wenn wir ins Kino gehen oder Freunde besuchen, die kleinste Gebärde, das beiläufigste Wort kann ihn wecken, und sofort geht es los mit lautem Fauchen, schrecklichen Beschuldigungen, und die unbeholfenen Beschwichtigungsversuche entzünden ihn nur aufs Neue, gerade die Tage ohne Kinder sind die gefährlichsten, weil es dann keinen Grund gibt, zumindest den höflichen Schein zu wahren, dann wird die Bitterkeit offen sichtbar, bis wir schließlich aufgeben. In den Nächten, in denen seine Kinder bei ihrer Mutter sind, schläft er in der Praxis, und Gili und ich sind allein in der großen Wohnung, die nur langsam warm wird, an deren Geruch und Geräusche wir uns noch immer nicht gewöhnt haben, wie schal ist unser Sieg, sogar die Spiegel zeigen uns andere Gesichter, gezeichnet von ständiger Anspannung, ja, wieder und wieder kehrten die Bewohner zurück und erbauten ihre Siedlungen auf den Ruinen der alten, wieder und wieder stellte der Mensch die gleichen Gegenstände her, Kochtöpfe, Kerzen, Münzen, und genauso stellen wir immer wieder das gleiche Unbehagen her. Quält euch nicht zu lange, hat sie damals gesagt, und nun sind aus einer Woche viele Wochen geworden, und wir sind nicht gerettet.
    Am

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