Späte Familie
Vater tut, ich bin an Gegenseitigkeit interessiert, wenn du dich für mich interessierst, interessiere ich mich auch für dich, jahrelang habe ich mich angestrengt, ohne dass etwas dabei herausgekommen ist, und als er sich neben mir auszog, betrachtete ich ihn verwundert, wie ist das passiert, dass sein Körper die starke Anziehungskraft verloren hat, die er einmal für mich ausübte, wie hat er sichin einen Haufen Klagen und Forderungen verwandelt, und ich zog mir die Decke bis zum Hals, damit es ihm ja nicht einfiel, mich zu berühren, und neben mir lag auch die Frage, die wuchs und wuchs wie ein gut genährtes Tier, ob mein Leben wirklich so aussehen sollte, ob ich das wirklich gewollt hatte, eine Liebesgeschichte mit einem kleinen Jungen, neben einem verbitterten, selbstsüchtigen Mann, ob ich jeden Tag zusehen wollte, wie er unsere Freude zerstörte, mit einem nachlässigen Tritt machte er sie zunichte, fast ohne es zu merken.
Am Morgen war er mürrisch, seine Augen sahen mit Hass auf den neuen Tag, er machte das Radio an und hörte bei voller Lautstärke Nachrichten, schlimme Nachrichten, erschreckende Nachrichten, obwohl ich ihn immer wieder bat, er möge es Gili ersparen, das ist nichts für Kinder, und dann wunderst du dich, dass er nachts Albträume hat. Manchmal drängte er ihn grob, los, wie lange dauert es noch, bis du dich angezogen hast, ich gehe gleich ohne dich, und manchmal lieà er sich von irgendeinem Telefongespräch so lange aufhalten, dass Gili schon an der Tür stand und wartete, mit vor Nervosität zitternden Lippen, weil es immer später wurde. Und so, indem ich einen ganzen Tag unseres früheren Lebens betrachte, versuche ich, mich zu bestärken, der Entscheidung, die schon nicht mehr zu ändern ist, neuen Nachdruck zu verleihen, lass dir Zeit, sage ich mir, zweifle nicht so schnell, es ist dein gutes Recht, mehr zu erhoffen, es ist dein Recht, dein Leben zu ändern, das Tor ist offen, das Hindernis ist entfernt, warum gehst du nicht hindurch?
Lass dir Zeit, murmle ich laut vor dem Computer, der im Schlafzimmer blinkt, lese wieder den Bericht von einer Ausgrabung, an der ich nicht teilgenommen habe, den letzten Bericht eines griechischen Archäologen, bevor er in einemder Zimmer, die er freilegte, den Tod fand, dort in Thera, der zerbrochenen Insel, er verbindet, ohne es zu wissen, seine Katastrophe mit der Katastrophe der minoischen Kultur, ein leises, aber tödliches Echo des Erdbebens, das die alte Welt veränderte.
Lass dir Zeit, sage ich mir auf dem Weg zur Schule, auÃer Atem komme ich mit leichter Verspätung an, zu meiner Freude ist das Tor offen und der Wachmann anscheinend schon gegangen, ein paar Kinder gackern noch im Hof herum wie verlassene Küken, aber Gili ist nicht unter ihnen, und ich frage die Lehrerin, wo ist mein Sohn, und sie erklärt mit fester Stimme, er ist drauÃen, oder? Sie schneidet mit einem dünnen Messer saure grüne Ãpfel in Stücke, ich nehme mir einen Schnitz und gehe wieder hinaus in den Hof, von weitem sehe ich ihn auf einem Steinhaufen am Rand des Hofs sitzen, er hat einen langen Stock in der Hand und kratzt etwas in die trockene Erde zu seinen FüÃen, ich renne zu ihm, he, mein Schatz, endlich habe ich dich gefunden, komm, gehen wir nach Hause, aber als er den Kopf hebt, sehe ich, dass es ein anderer Junge ist, mit einem hageren, erwachsenen Gesicht, leicht aufgeplatzten Lippen und schmalen Schultern. Jotam, frage ich, wo ist Gili, und er antwortet grollend, ich weià es nicht, ich bin nicht mehr sein Freund. Ich meine auf seiner Stirn noch die Abdrücke der dunklen Küsse vom Schabbatmorgen zu sehen, die Sternenküsse seines Vaters, und ich stehe da, im Hof, und fange an zu rufen, Gili, wo bist du, aber er antwortet nicht, und wieder senkt sich die Finsternis über mich, Gili, wo bist du, vielleicht ist er hinausgegangen, um auf der StraÃe auf mich zu warten, und jemand hat ihn entführt, vielleicht hat er sich verirrt, vielleicht ist er in der Masse der Kinder verschwunden.
Die Blicke besorgter Mütter folgen mir, sie versuchen, mir Ratschläge zu geben, ich entdecke Michal unter ihnen,aber ich bleibe nicht bei ihr stehen, mit klopfendem Herzen kehre ich zur Lehrerin zurück, wo ist mein Sohn, und sie lässt endlich die Ãpfel liegen, geht, das Messer noch in der Hand, in den Hof, Gilâad, ruft sie und fuchtelt mit dem Messer durch die
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