Spätkontrolle aufschlussreich
Unterschätzen Sie uns nicht. Wer sind Sie eigentlich und was wollen Sie? Warum spielen Sie nicht mit offenen Karten?«
Als er mir zunickte und den Taschentranslator in die Halterung zurückschob, war das Gespräch beendet. Vor uns glitt die Felswand auseinander.
Er fuhr in die erkennbar werdende Luftschleuse ein, beseitigte mit einem Kodeimpuls die zweite Strahlschutzsperre und glitt mit dem großen Wagen in die Panzerröhre hinein.
Nach dem Druckausgleich ging es tiefer in den Berg hinein. Nach dem Passieren von zwei weiteren Sicherheitssektoren öffnete sich die Strahlwand eines Antigravitationsschachts.
Wir sanken schnell nach unten. Es dauerte nur wenige Augenblicke, ein Zeichen dafür, daß dieses Außenfort nicht tief unter der Oberfläche lag.
»Pech«, sagte Hannibal. »Man könnte verzweifeln. Weißt du, welchen Eindruck ich habe? Khoul ist hundertmal mehr Mensch und hat viel mehr menschliche Empfindungen als van Keerkens mit seinen Gangstern. Diese Burschen sind schon so gut wie tot. Ich habe die Erinnerungssektoren der drei Narren genau getestet. Sie ahnen nicht eine Spur der Wahrheit. Konzentriere dich mal auf Allison. Er ist hellwach und will etwas mitteilen. Natürlich hat er die lautgesprochenen Worte mitgehört.«
Ich schritt zu Framus hinüber. Er lag auf einer anderen Sitzbank. Niemand hinderte mich daran. Keerkens beobachtete mich lediglich aus verkniffenen Augen. Er sah seine Felle hinwegschwimmen, aber er konnte nicht ergründen, warum ihn dieses Gefühl bedrückte.
Ich blickte in Allisons Augen. Sie waren weit aufgerissen und von Tränenwasser verkrustet. Ich wischte es ab und nickte ihm zu. Da wußte er, daß ich mich auf seine Hirnfrequenz geschaltet hatte. Nun brauchte er nur noch konzentriert zu denken.
In dem Augenblick gab der Altafrikaner einen Befehl. Es mußte einer sein, denn vorher hatte seine dunkle Stimme nicht so scharf und fordernd geklungen.
Ich schaute mich um. Einer von Keerkens’ Begleitern, ein knochiger Mann namens Ralph Adersty, kam auf mich zu. Er trug einen Kunststoffbeutel in der Hand.
»Hier, waschen Sie ihm die Augen aus, oder sie trocknen ein«, brummelte er unwirsch. »Nur ein verdammter Narr läßt sie bei einem Paralyseschuß offen. Da war der Kleine schlauer. Hier, nehmen Sie! Oder soll ich das auch noch machen?«
»Korporal Ralph Adersty, ehemals Euro-Monddivision, englische Brigade«, gab Hannibal informatorisch durch. »Der ist ebenso ›gefallen‹ wie Will Degland. Ein feiner Haufen ist das.«
Ich nahm den Wasserbeutel, suchte den Blick des Afrikaners und nickte ihm dankend zu. Seine Anweisung würde Allison vor einem ernsten Augenschaden bewahren.
Er lächelte schon wieder und winkte ganz kurz. Warum konnte sich dieser Mann nicht mit uns einigen? Mußte er uns unbedingt vernichten? Aber nein – das war ein völlig falscher Begriff. Das wollte er ja gar nicht. Er hatte lediglich in seiner Zeit eine Waffe zu kontrollieren, oder auch zu zünden, um den Ausgang des Krieges zu manipulieren.
War das identisch mit einer Vernichtung im Sinne des Wortes? Sicherlich nicht, denn es würde niemals eine Menschheit, wie wir sie kannten, entstehen können. Konnte man das als Völkermord ansehen?
Ich war überfordert. Das Problem drohte in die Uferlosigkeit einer menschheitsfremden Philosophie abzugleiten. Männer meiner Art konnten es nur noch mit dem Verstand der realen Jetzt-Menschheit lösen, aber das erforderte bereits einen abstrakten Denkprozeß.
Allison dachte jetzt so intensiv, daß ich seine Gedanken wie laut gesprochene Worte aufnehmen konnte.
»Sie werden über die anwesenden Personen schon mehr wissen als ich. Das ist aber nebensächlich. Die
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