Spanischer Wein
fallen, in den Genuss der Kochkünste jeder attraktiven Frau zu kommen, wenn er nur wollte.
Sie brauchte nur daran zu denken, was für eine verheerende Wirkung er auf sie ausübte!
Allein der Anblick seines kräftigen Halses und seiner muskulösen Arme, deren tiefe Bräune durch das kurzärmelige weiße Hemd noch betont wurde, hatte ihr Herz schneller schlagen lassen. Und der Anblick seiner perfekt geschnittenen Hose, die seine schmale Taille und Hüften perfekt zur Geltung brachte, ließ ihren Blutdruck noch mehr ansteigen.
Dieser Mann war ein echtes Gesundheitsrisiko für die weibliche Bevölkerung. Wie sollte sie auch nur ein halbwegs anständiges Menü zu Stande bringen, wenn sie so nervös war?
Antonio betrachtete Gina, während sie geschickt in der Küche hantierte, und war sich nicht sicher, ob er sich darüber freuen oder ärgern sollte, dass sie nun eine dicke weiße Schürze trug. Er hatte ihren Anblick in dem verführerischen Kleid richtig genossen.
Er wollte sie jedoch unbedingt besser kennen lernen - und mit vierunddreißig war er sehr erfahren, was Frauen betraf. Also war es vielleicht besser, wenn er das Knistern zwischen ihnen ignorierte.
Ihre spöttische Reaktion auf sein Kompliment war ihm nicht entgangen.
Schade, dass er am Montag wieder nach Spanien zurückflie gen musste! Das junge Mädchen, das er vor acht Jahren kennen gelernt hatte, war nun eine bezaubernde, eigenwillige und außerordentlich begehrenswerte Frau.
„Und, was gibt es heute zu essen?" fragte er.
„Viel Zeit hatte ich ja nicht. Deswegen musste ich leider improvisieren", erwiderte Gina und zuckte die Schultern. „Ich dachte, wir fangen mit gefüllten Tomaten an. Und da der Grims-by Flyer gestern hier war ..."
„Der was?" Verwirrt runzelte er die Stirn.
„Das ist ein Händler, der in dieser Gegend East Anglias frischen Fisch an der Haustür verkauft", erklärte sie. „Deswegen gibt es als Hauptgericht frischen Kabeljau in Petersiliensauce. Das klingt vielleicht ein bisschen langweilig, aber frischer Kabeljau ist sehr lecker. Und als Nachtisch ... Was hältst du von Stachelbeerkompott?"
Antonio zuckte die Schultern. „Ich weiß nicht. Ich glaube, ich habe noch nie in meinem Leben eine Stachelbeere gegessen", fügte er skeptisch hinzu.
„Was?" Überrascht blickte sie ihn an. Dann nahm sie eine weiße Plastikschüssel aus dem Schrank.
„Stachelbeerkompott schmeckt himmlisch. Du magst es bestimmt." Sie reichte ihm die Schüssel und erklärte ihm, wo die Stachelbeerbüsche im Küchengarten standen.
Es amüsierte und überraschte Gina gleichermaßen, dass Antonio, den sie immer für einen typischen spanischen Macho ge halten hatte, sich von einer Frau herumkommandieren ließ. Doch zu ihrer Verblüffung war er brav in den Garten gegangen, um Stachelbeeren zu pflücken.
So konnte sie in Ruhe mit ihren Vorbereitungen fortfahren.
„Das war köstlich", lobte Antonio eine ganze Weile später und legte seinen Löffel weg, um ihr von dem Dessertwein nachzu-schenken. „Und ich muss zugeben, dass Stachelbeerkompott mit Schlagsahne von nun an zu meinen Lieblingsdesserts gehört."
„Freut mich, dass es dir geschmeckt hat", erwiderte Gina leise. Dann lehnte sie sich auf ihrem Stuhl zurück und blickte ihn über den Tisch hinweg an.
Es war ein herrlicher Sommerabend. Sie saßen bei geöffneten Terrassentüren im Esszimmer. Die dünnen Gardinen blähten sich in der sanften Brise, und die Kerzen auf dem Tisch schufen eine intime Atmosphäre.
Erstaunt stellte Gina fest, wie sehr sie den Abend genossen hatte. Zum zweiten Mal innerhalb vierundzwanzig Stunden war ihr bewusst geworden, dass Antonio ein Gast war, von dem die meisten Gastgeberinnen nur träumen konnten: charmant, aufmerksam und höchst unterhaltsam.
Er hatte sich nicht nur anerkennend über das Essen geäußert, sondern sie mit amüsanten Geschichten und Anekdoten vor allem aus seiner Zeit in Madrid unterhalten.
Und im Gegensatz zum Vorabend war sie alles andere als nervös gewesen, was unter anderem daran lag, dass sie sich in ihrer gewohnten Umgebung viel wohler fühlte. Interessiert hatte sie sich weiter nach seiner Familie erkundigt und erfahren, dass Isabella, seine andere Schwester, die sich damals gerade mit einem ziemlich langweiligen Mann verlobt hatte, inzwischen stolze Mutter dreier Mädchen war.
„Einen Sohn haben die beiden noch nicht", hatte Antonio gesagt und unmerklich die Schultern gezuckt, bevor er hinzuge fügt hatte, dass seine Schwester
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