Spanischer Wein
schönen, eleganten Frau, an die sie sich in der Tat sehr gut erinnerte.
Sie war eine entfernte Cousine von ihm, und sie waren sich damals beide auf Anhieb unsympathisch gewesen. Und daran hatte sich während ihres, Ginas, Aufenthalts bei Antonios Familie auch nichts geändert.
Carlotta hatte immer als „die langweilige englische graue Maus" von ihr gesprochen, und sie, Gina, war wahnsinnig eifersüchtig auf sie gewesen, denn Carlotta war. älter und wesentlich gewandter als sie und ganz verrückt nach Antonio gewesen.
All das lag natürlich lange zurück. Doch falls sie gehofft hatte, dass Carlotta dick und unscheinbar geworden war, wurde sie enttäuscht, denn diese sah nach wie vor atemberaubend aus.
Beim Anblick ihrer perfekten Züge, der leicht gebräunten Haut und des rabenschwarzen Haars, das in sanften Wellen Carlottas Gesicht umspielte - ganz zu schweigen von ihrer perfekten Figur, die das eng anliegende schwarze Seidenkleid vorteilhaft betonte -, stockte Gina der Atem.
„Hola", sagte Carlotta leise und musterte sie abfällig, während sie ihr gelangweilt die Hand reichte. Offenbar kam sie zu dem Ergebnis, dass Antonios Braut immer noch die graue Maus von damals war.
Gina war plötzlich sehr deprimiert und atmete daher erleichtert auf, als sie Isabella mit ihrem Mann und ihren beiden Töchtern bemerkte, die mit etwas Verspätung eingetroffen waren. Dona Ramirez hatte anscheinend auf die vier gewartet, denn kurz darauf rief sie alle zum Mittagessen auf die große Terrasse hinter dem Haus, die von Wein berankt war und auf der es daher angenehm schattig war.
„Es ist so schön, deine Familie wieder zu sehen", sagte Gina einige Stunden später zu ihrer Freundin Roxana, als sie in einem der großen Gästezimmer oben saßen und sich nach dem ausgedehnten Mittagessen frisch machten.
„Und ich freue mich darüber, dich wieder zu sehen." Roxana lachte. „Gina hat sich überhaupt nicht verändert, stimmt's?" erkundigte sie sich an Carlotta gewandt, die am Frisiertisch saß und ihr Make-up auffrischte.
„Nein, du hast Recht - das hat sie nicht", erwiderte diese geis tesabwesend, während sie ihre langen Wimpern tuschte.
Gina versuchte, nicht zu lachen, als Roxana ein Gesicht schnitt und die Augen verdrehte. Offenbar hegte ihre Schwäge rin keine freundschaftlichen Gefühle für ihre ältere Cousine. Und das war nicht verwunderlich, denn Carlotta hatte Roxana damals genauso herablassend behandelt wie sie.
„Und, Senora Ramirez, wie fühlt man sich als verheiratete alte Lady?" fragte Roxana lächelnd. „Ich hoffe, Antonio ist ein guter Ehemann."
„O ja, das ist er." Gina strahlte übers ganze Gesicht. „Alles ging natürlich sehr schnell.
Aber Antonio ist ... Er ist einfach wundervoll! Er macht mich sehr glücklich", fügte sie hinzu und errötete, als Carlotta schroff auflachte.
„Na, das hoffe ich doch", bemerkte sie spöttisch. „Schließlich bezahlt dein Großvater ihn sehr gut!"
Gina betrachtete sie stirnrunzelnd, bevor sie sich an Roxana wandte. „Wovon redet sie eigentlich?"
„Carlotta ist dumm." Roxana zuckte die Schultern. „Beachte sie einfach nicht."
„Von wegen! Wenn jemand hier dumm ist, dann deine Freundin, die englische graue Maus." Carlotta drehte sich auf dem Stuhl um und blickte Roxana mit finsterer Miene an.
„Wie kann man nur so naiv sein? Glaubt sie wirklich, Antonio hätte sie auch nur eines Blickes gewürdigt, wenn sie nicht die Erbin ihres ach so reichen Großvaters wäre?"
„Das ist doch lächerlich!" sagte Gina scharf.
„Tatsächlich?" höhnte Carlotta. „Dann frag doch Roxana -oder sonst jemanden aus der Familie -, warum Onkel Emilio allen erzählt, dass Sir Robert Brandon und er eure Ehe gestiftet haben."
„Was für ein Unsinn!" Gina lachte wütend. „Mein Großvater hatte nichts mit unserer Heirat zu tun."
„Onkel Emilio ist ein sehr kranker alter Mann", verteidigte Roxana sie. „Natürlich ist er sehr glücklich über die Eheschließung zwischen den beiden. Warum sollte er es auch nicht sein?" An Gina gewandt, fügte sie hinzu: „Beachte Carlotta gar nicht. Sie war schon immer gehässig und sehr, sehr dumm."
„Aha!" Carlotta warf den Kopf zurück und lachte schrill. „Du behauptest ständig, ich wäre dumm. Aber was ist mit deiner dummen englischen Freundin? Hat sie noch nie von einer Vernunftehe gehört?" fuhr sie scharf fort. „Weiß sie denn nicht, dass hässliche, langweilige reiche Mädchen sich einen Ehemann kaufen müssen, wenn sie
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