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Spaziergang im Regen

Spaziergang im Regen

Titel: Spaziergang im Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Barnard
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wussten, dass sie ein Teil von etwas Besonderem waren, das nicht nur Lucias beeindruckende Leistung beinhaltete – die jeden Zweifel beseitigte, warum sie dafür erkoren worden war –, sondern auch den Nervenkitzel einer neuen Komposition. Es passierte nicht oft, dass sie die Gelegenheit hatten, von einem Komponisten bei dessen Stück dirigiert zu werden, und sie genossen die Chance, von Jessa zu einer genauen Interpretation jeder Gefühlsnuance und technischen Komplexität geführt zu werden, die ihrer Vorstellungskraft entsprungen war. Eine euphorische Pauke ging sogar so weit, Jessa darum zu bitten, seine Partitur zu signieren, woraufhin sie errötete und seine Kollegen, die ihn zweifelsohne später damit aufziehen würden, erneut leicht applaudierten.
    Lisa bemerkte, dass Jessa erschöpft aussah, und schlug vor, eine Pause zu machen, ehe sie mit der Probe für Die Planeten weitermachten. Als sie das unbenannte Stück gehört hatte, wusste sie, dass es die Frau ehrte, die Jessas Herz gestohlen und dann gebrochen hatte.
    Bevor Jessa den Konzertsaal verließ, teilte sie dem Orchester mit, dass sie das Stück Spaziergang im Regen nennen würde.

Kapitel 22
    D as einzige, was Shara an diesem Morgen davon abhielt, zum Flughafen zu eilen, war die Gewissheit, dass Derek alle Hebel in Bewegung setzen würde, um auch den ersten Flieger zurück nach London zu erwischen.
    Statt dessen verbrachte sie mehrere Stunden damit, ihre Abreise zu planen und sich um eine besondere Angelegenheit zu kümmern, die sie sich überlegt hatte, bevor ihre Welt zusammengebrochen war.
    Als sie damit soweit zufrieden war, und nachdem sie per Kurier ein Päckchen erhalten hatte, rief sie Tony an und bat ihn, sie über die Grenze zu fahren, damit sie von dort über New York nach Heathrow fliegen konnte. Zum zweiten Mal in ebensovielen Tagen saß sie im Fond des Wagens in Richtung Niagara Falls. Diesmal fuhren sie an den Wasserfällen vorbei und über die Rainbow Bridge in die USA. Während sie auf die endlosen Einreiseformalitäten wartete, besorgte Tony ihr eine Tasse Kaffee. Shara dachte wieder, dass Tonys Tochter sich glücklich schätzen konnte, einen solch aufmerksamen, fürsorglichen Vater zu haben.
    Eine Stunde später, am Flughafen von Buffalo, verabschiedete sich Shara von einer weiteren Person, die ihr ans Herz gewachsen war. Zumindest musste sie diesmal nicht so tun, als ob es einfach für sie wäre.
    Tony weigerte sich, Geld von ihr anzunehmen, aber da sie damit gerechnet hatte, schob sie ihm einen Umschlag zu, »um die Spritkosten zu decken.« Er nahm ihn widerwillig entgegen, und Shara fühlte sich gleich besser.
    Sie hatte zuvor herausgefunden, dass Tonys Tochter im letzten Studienjahr an der Universität in Toronto war, und obwohl es einige Stunden gedauert hatte, hatte Shara in die Wege geleitet, die Studiengebühren der jungen Frau bis zu ihrem Abschluss zu begleichen und einen Fonds für die Kosten eines Aufbaustudiums eingerichtet, mit der Klausel, dass der Fonds in ein Stipendium für finanziell benachteiligte Studenten umgewandelt werden sollte, für den Fall, dass sie ihn selbst nicht in Anspruch nehmen würde.
    In dem Umschlag, den Shara Tony gegeben hatte, steckte ein Dokument mit den Einzelheiten, ausgestellt von der Universität, ein Brief von Shara selbst, und – als Geste, die Tony zum Lächeln bringen würde – ein paar Geldscheine für die Benzinkosten. In dem Brief hatte Shara versucht zum Ausdruck zu bringen, wieviel ihr Tonys Freundlichkeit bedeutet hatte, als sie an einem der schwierigsten Wendepunkte ihres Lebens gestanden hatte – aber sie war ziemlich sicher, dass es ihr nicht gelungen war.
    In den darauffolgenden zwei Wochen konzentrierte Shara sich auf das Studium des Drehbuchs für Maestra. Sie war noch mehr als zuvor entschlossen, mit ihrer Verkörperung nicht die Frau zu hintergehen, die ihr genug vertraut hat, um sie so vollkommen in ihr Leben zu lassen. Sie wusste, dass Jessa sich etwas aus ihr gemacht hatte, und dass sie Jessas Gefühle verraten hatte, indem sie sich erst weigerte, sie anzuerkennen, und später dann die Einsicht ignorierte, dass sie auf Gegenseitigkeit beruhten.
    In diesen zwei Wochen nach ihrer Rückkehr nach London durchlebte sie noch einmal jede Sekunde, die sie mit Jessa verbracht hatte. Letztendlich beschloss sie, dass es der Augenblick auf dem Hügel im Regen gewesen war, in dem sie sich tief und unwiderruflich in Jessa Hanson verliebt hatte.
    Herzschmerz.

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