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Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Titel: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Gottfried Seume
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Berge,
    Dem Heiligen, dem Retter in der Not,
    Wenn blutig des Bedrückers Scherge
    Mit Fesseln, Beil und Ruten droht.
    Und, was erstaunt jetzt kaum die Nachwelt glaubet,
    Dem größten Teil der Nation,
    Dem ganzen Sklavenhaufen, raubet
    Der Blutgeist selbst die Rechte der Person,
    Und setzt ihn mit dem Vieh der Erde
    Zum Spott der Macht in eine Herde.
    Der Wüstling warf dann in der Wut,
    Für ein zerbrochnes Glas, mit wahrer Römerseele
    Den Knecht in die Muränenhöhle,
    Und fütterte mit dessen Blut
    Für seine schwelgerischen Tische
    Die seltenen, weitgereis'ten Fische:
    Und für die Kleinigkeit der Sklavenstrafe ließ
    Mit Zorn der schlauste der Tyrannen,
    Den seine Welt Augustus hieß,
    Zehn Tage lang den Herrn von sich verbannen.
    Nimm die zwölf Tafeln, Freund, und lies,
    Was zum Gesetz die Blutigen ersannen,
    Was ihre Zehner kühn gewannen,
    Durch die man frech die Menschheit von sich stieß.

    Wer zählet die Proskriptionen,
    Die der Triumvir niederschrieb,
    In denen er durch Henker ohne Schonen
    Die Bande voneinander hieb,
    Die, das Palladium der Menschlichkeit zu retten,
    Uns brüderlich zusammenketten.
    Durch sie wird Latium in allen Hainen rot
    Bis in die Grotten der Najaden,
    Und mit dem Grimm des Schrecklichen beladen,
    Des Fluchs der Erde, gingen in den Tod
    An einem Tage Myriaden;
    Und gegen Sullas Henkergeist
    Ist, zu der neuen Zeiten Ehre,
    Der Aftergallier, der Blutmensch Robespierre,
    Ein Genius, der mild und menschlich heißt.

    Man würgte stolz, und hatte man
    Mit Spott und Hohn die Untat frech getan,
    So stieg man hier auf diesen Hügel
    Und heiligte den Schreckenstag,
    Der unter seiner Schande Siegel
    Nun in der Weltgeschichte lag.
    Man schickte, ohne zu erröten,
    Den Liktor mit dem Beil und ließ
    Im Kerker den Gefangnen töten,
    Der in der Schlacht als Held sich wies,
    Vor dessen Tugend man selbst in der Raubburg zagte
    Und nicht sie zu bekämpfen wagte.

    Dort gegenüber setzten sich
    Die Cäsarn auf dem Palatine,
    Wo noch die Trümmer fürchterlich
    Herübergähnt und jetzt mit Herrschermiene
    Auch aus dem Schutte der Ruine,
    Wie in der Vorwelt Eisenzeit,
    Mit Ohnmacht nur Gehorsam noch gebeut.
    Dort herrschten, hebt man kühn den Schleier,
    Im Wechsel nur Tyrann und Ungeheuer;
    Dort grub der Schmeichler freche Zunft
    Mit Schlangenwitz am Grabe der Vernunft.
    Dort starben Recht und Zucht und Ehre;
    Dort betete man einst Sejan,
    Narciß und sein Gelichter an,
    Wenn die Neronen und Tibere
    Nur scheel auf ihre Sklaven sahn –
    Sie selbst der Schändlichkeit Heloten,
    Die Qual und Tod mit einem Wink geboten!

    Dort ragt der Schandfleck hoch empor.
    Wo, wenn des Scheusals Wille heischte,
    Des Tigers Zahn ein Menschenherz zerfleischte,
    Und wo der Sklaven grelles Chor
    Dem Blutspektakel Beifall kreischte
    Und keinen Zug des Sterbenden verlor;
    Wo zu des Römerpöbels Freude
    Nur der im Sand den höchsten Ruhm erwarb
    Der mit dem Dolch im Eingeweide
    Und Grimm im Antlitz starb.

    Von außen Raub und Sklaverei von innen,
    Bei Cato, wie bei Seneca.
    Stehst Du noch jetzt entzückt vor Deinen Römern da,
    Und stellst sie auf des Ruhmes Zinnen?
    Vergleiche, was durch sie geschah,
    Von dem Sabiner bis zum Goten;
    Die Kapitolier bedrohten
    Die Menschheit mehr als Attila,
    Trotz allen preisenden Zeloten.
    Betrachtest Du die Stolzen nur mit Ruh,
    Für einen Titus schreibest Du
    Stets zehn Domitiane nieder.
    Behüte Gott nur uns und unsre Brüder
    Vor diesem blutigen Geschlecht,
    Vor Römerfreiheit und vor Römerrecht!
    Wenn Peter stirbt, erwache Zeus nicht wieder!

    In dem Palast Spada besuchte ich einige Augenblicke die Statue des Pompejus, die man bekanntlich für die nämliche ausgibt, unter welcher Cäsar erstochen wurde. Dieses kann aber vielleicht so wahrscheinlich gemacht werden, als solche Sachen es leiden. Die Statue hat sonst nichts Merkwürdiges und ist artistisch von keinem großen Wert. Unter dieser Statue sollten alle Revolutionäre mit wahren, hellen, gemäßigten Philanthropen zwölf Mitternächte Rat halten, ehe sie einen Schritt wagten. Was rein, gut oder schlecht in dem einzelnen ist, ist es nicht immer in der Gesamtheit; auf der Stufe der Bildung, auf welcher die Menschheit jetzt steht.
    Die Peterskirche gehört eigentlich der ganzen Christenheit, und die Hierarchie würde vielleicht gerne das enorme Werk vernichtet sehen, wenn sie das unselige Schisma wieder heben könnte, das über ihrem Bau in der christlichen Welt entstanden ist. Etwas mehr gesunde Moral und Mäßigung hätte

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