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Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Titel: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Gottfried Seume
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und bösartig geworden bin. Die Partien rundherum sind ohne mich bekannt genug, ich habe die meisten, allein und in Gesellschaft, in der schönsten Jahreszeit genossen. Man kann hier sein und sich wohl befinden, nur muß man die Humanität zu Hause lassen. Mit Uhden habe ich die Partien von Marino, Grottaferrata, Frascati und den Albaner See gesehen. Eines der ältesten Monumente ist am See der Felsenkanal, der das Wasser aus demselben durch den Berg in die Ebene hinabläßt, und der, wenn ich nicht irre, noch aus den Zeiten des Kamillus ist. Die Geschichte seiner Entstehung ist bekannt. Man wirkt noch heute ebenso durch den Aberglauben wie damals. Wenn der Gott von Delphi den Auspruch der Mathematiker nicht bestätigt hätte, wären die Römer schwerlich an die Arbeit gegangen. Das ganze Werk steht noch jetzt in seiner alten, herrlichen, ursprünglichen Größe da und erfüllt den Zweck. Uhden wunderte sich, daß Cluver, ein sonst so genauer und gewissenhafter Beobachter, sagt, es seien noch Spuren da, da doch der ganze Kanal noch ebenso gangbar ist wie vor zweitausend Jahren. Mir deucht, zu Cluvers Rechtfertigung kann man annehmen, daß der Eingang eben damals verschüttet war, welches sich periodenweise leicht denken läßt; und der Antiquar untersuchte nicht näher. Der Eingang ist ein sehr romantischer Platz und der Gegenstand der Zeichner; vorzüglich wirkt die alte perennierende Eiche an demselben. Das Schloß Gandolfo oben auf dem Berge ist eine der schönsten Aussichten in der ganzen schönen Gegend. Hier zeigte man mir im Promenieren einen Priester, der in einem Gefechte mit den Franzosen allein achtzehn niedergeschossen hatte. Das nenne ich einen Mann von der streitenden Kirche! Wehe der Humanität, wenn sie die triumphierende wird! Wer auf Hadrian eine Lobrede schreiben will, muß nicht hierhergehen und die Überreste seiner Villa sehen; man sieht noch ganz den Pomp eines morgenländischen Herrschers und die Furcht einer engbrüstigen, tyrannischen Seele. Auch sogar sein Grabmahl hat die päpstliche Zwittertyrannei zu ihrem Ergastel gemacht. Trajan hat Monumente besserer Bedeutung hinterlassen. Wo bei Frascati wahrscheinlich des großen Tullius Tuskulum gestanden hat, sieht man jetzt sehr analog – eine Papiermühle. Das Plätzchen ist sehr philosophisch, nur würde Thucydides hier schwerlich die tuskulanischen Quästionen oder gar
de natura deorum
geschrieben haben. Der schönste Ort von allen antiken Gebäuden, die ich noch gesehen habe, ist unstreitig die Villa des Mäzen in Tivoli. Man kann annehmen, daß der Schmeichler Horaz hier mehrere seiner liebsten Oden gedichtet habe für den gewaltigen Mann, neben und unter dem er hier hauste. Man wollte mich unten am Flusse jenseits nicht weit von den Ställen des Varus in ein Haus führen, wo noch Horazens Bad zu sehen sein soll; aber ich hatte nicht Lust, es fiel mir seine Candidia ein. Virgil war ein feinerer Mann und ein besserer Mensch. Kein Stein ist hier oben ohne Namen, und um die Kaskade und die Grotte und um die Kaskadellen. Wenn ich Dir die Kaskadellen von unserm Reinhart mitbringen könnte, das würde für Dich noch Beute aus Hesperien sein; ich bin nur Laie.
    Von den Kunstschätzen in Rom darf ich nicht anfangen. Die Franzosen haben allerdings vieles fortgeschafft, aber der Abgang wird bei dem großen Reichtume doch nicht sehr vermißt. Überdies haben sie mit wahrem Ehrgefühl kein Privateigentum angetastet. Einigen ihrer vehementesten Gegner haben sie zwar gedroht, doch ist es bei den Drohungen geblieben; und die Privatsamlungen sind bekanntlich zahlreich und sehr ansehnlich. Nur einige sind durch die Zeitumstände von ihren Besitzern zersplittert worden, vorzüglich die Sammlung des Hauses Colonna. Aus den Gärten Borghese ist kein einziges Stück entfernt. Bloß der Fechter und der Silen haben einen klassischen Wert, wie ihn mehrere der nach Paris geschafften Stücke nicht haben. Die größte Sottise, die vielleicht je die Antiquare gemacht haben, ist, daß sie diesen Silen mit dem lieblichen jungen Bacchus für einen Saturnus hielten, der eben auch diese Geburt fressen wollte. Der erste, der diese Erklärung auskramte, muß vor Hypochondrie Konvulsionen gehabt haben. Vorzüglich beschäftigte mich noch eine Knabenstatue mit der Bulle, die man für einen jungen Britanicus hält. Sei es, wer es wolle, es ist ein römischer Knabe, der sich der männlichen Toga nähert, mit einer unbeschreiblichen Zartheit und Anmut dargestellt. Ich habe

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