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Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Titel: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Gottfried Seume
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angesehener Kaufleute hatte ihn gerettet, die seiner politischen Orthodoxie in der damaligen Zeit das beste Zeugnis gaben. Der Geistliche war ausgewandert gewesen und hatte als Arzt einige Zeit auf der Grenze gelebt, war aber mit vieler Klugheit zu rechter Zeit zurückgekommen und hatte seitdem nach dem Winde laviert. Jetzt zeigte er nun wieder mehr seinen eigentlichen Geist. Er war ein Mann von vielen Kenntnissen und vielem Scharfsinn und vieler Verbindung mit den ehemaligen Großen; also allerdings kein Plattkopf, sondern ein Spitzkopf.
    Er erzählte, als ob das so sein müßte, eine Menge heilige Schnurren seiner Jugend, die sogar in seinem eigenen Munde zwar unterhaltend, aber eben nicht salbungsreich waren. So war er bei Sens einmal als falscher Bischof gereist und hatte falsche Offizialien gehalten, und man hatte sich totgelacht, als er den Spaß entdeckte. Ein andermal hatte er einst als Chorschüler gesehen, daß ein Bauer seinem Beichtvater einen großen, schönen Karpfen brachte und ihn unterdessen in den Weihkessel setzte. Schnell stahl ihn der Hecht mit seinen Gesellen zum Frühstück und hatte seine große Freude, als der absolvierte Bauer kam und in und unter dem Weihkessel umsonst den eingesetzten Karpfen suchte, um ihn nun in die Küche des geistlichen Herrn abzuliefern. Dergleichen Schnurren hatte er zu Dutzenden und erzählte sie besser als ich. Noch eine Drolerie zeichnete sich aus, aus der alten französischen Geschichte. Es lebte unweit Sens ein Kanzler von Frankreich auf seinen Gütern und war als sehr guter Haushalter bekannt. Einst kommt ein Bauer von seinem Gute in die Beichte und beichtet, er habe dem Kanzler die Perücke gekämmt. »Nein, seid Ihr denn ein Perückenmacher?« fragte der Beichtvater. – »Nein, ich habe sie ihm nur so gekämmt.« – »Das sind Possen; die könnt ihr künftig bleiben lassen; was gehen euch des Kanzlers Perücken an?« – Dieser geht mit der Absolution fort, und ein anderer kommt und beichtet, er habe dem Kanzler die Perücke gekämmt. Die nämlich Sünde, der nämliche Verweis, die nämliche Vergebung; da kommt ein dritter mit der nämlichen Beichte. Da fällt dem geistlichen Herrn plötzlich auf, das müsse eine ganz eigene Kämmerei sein. Die Vorhergehenden hielten in der Kirche noch etwas Andacht;
ȃcoutez donc, Messieurs les perruquiers
«, ruft er ihnen zu,
»venez encore un peu ici! Il y a encore à peigner
. Was hat das für eine Bewandtnis mit der Perücke?« Nun erklärte denn das beichtende Kleeblatt, der Kanzler habe sehr schöne Heuschober draußen auf der Wiese stehen, und sie gingen zuweilen mit dem Rechen hinaus und zögen rund herum bedächtig herunter, daß es niemand merkte; das nennten sie des Kanzlers Perücke kämmen. Die neue Manier, die Perücke zu behandeln, wurde also nun scharf gerügt, untersagt und schwer verpönt. Nun fing der Herr an, im Ernst sehr fromm zu erzählen, was die heiligen Reliquien hier und da in der Nachbarschaft von Paris wieder für Wunder täten, und dem Himmel zu danken, daß man endlich wieder anfange, an die allerheiligste Religion zu denken und sie nun wieder wagen dürfe, ihr Haupt emporzuheben. Er erzählte wenigstens ein halbes Dutzend ganz nagelneue Wunder, von denen ich natürlich keines behalten habe. Er selbst hatte mit heißem, heiligen Eifer
Un abrégé precis sur la vérité de la religion chrétienne
geschrieben, so hieß, glaube ich, der Titel, und das Buch dem Kardinal Caprara zugeschickt. Nach dem Tone zu urteilen, kann ich mir die Gründe denken. Der Kardinal habe ihm, wie er sagte, ein schönes Belobungsschreiben gegeben und ihn aufgemuntert, in seinem Eifer mutig fortzufahren. Einen kompletteren Beweis für die Wahrheit in dem Buche kann man nun füglich nicht verlangen als das Urteil und den Stempel des Kardinals Caprara.
    Nun wurde von den alten Zeiten gesprochen, die Zeremonien und Feierlichkeiten des Hofs beschrieben und nicht ganz leise angedeutet, daß man die glückliche Rückkehr derselben bald hoffe. Der geistliche Herr, der den Sprecher machte und wirklich gut sprach, erhob nun vorzüglich die Mätressen der Könige von Frankreich, von der schönen Gabriele bis zur Pompadour und weiter herunter. Es wurde dabei das Ehrengesetz der Galanterie nicht vergessen:
Les rois ne font que des princes, les princes font des nobles et les nobles des roturiers
. Er behauptete aus gar nicht unscheinbaren Gründen, daß alle diese Damen sehr gutmütige Geschöpfe gewesen, und ich bin selbst der

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